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Online-Bewertungen und –Erfahrungsberichte

Online-Bewertungen sind kostenlose Unternehmensberatung

Online-Bewertungen, Reviews und Erfahrungsgerichte sind ein wertvoller Lerngewinn: eine Gelegenheit, Schwachstellen aufzudecken, Fehler abzustellen, Verbesserungsprozesse einzuleiten, Innovationen anzustoßen, einen zaudernden Kunden zurückzuholen, negative Mundpropaganda zu vermeiden, Kundenverlusten vorzubeugen und seinen guten Ruf zu retten.

Quelle: Fotolia. com © Julien Eichinger

Denn was einen Kunden ärgert, das stört womöglich andere auch. Negativkommentare kommen ja keineswegs nur von Querulanten. Konstruktive Kritiker haben ein echtes Interesse daran, dass das Unternehmen erklärt, wie es zu einer unguten Situation kommen konnte und was unternommen wird, um dies in Zukunft zu vermeiden.

Fünffach von Online-Bewertungen profitieren

Profis betrachten kritische Hinweise im Web als Chance, sich zu verbessern. Die Besten sehen sie als kostenlose Echtzeit-Unternehmensberatung. Nur für schlechte Anbieter sind sie ein Ärgernis. Wer dabei den Kopf in den Sand steckt, sieht den Feind nicht einmal kommen.

Wer hingegen gezielt um Online-Bewertungen bittet, profitiert auf fünffache Weise:

  • Das Wohlwollen der Kunden steigt, denn Menschen werden gerne nach ihrer Meinung gefragt. Hierdurch entsteht auch Verbundenheit.
  • Man erhält Meinungen unmittelbar. So lassen sich Mängel schnell aufdecken – und dann schnell abstellen. Kritiker können so zum Retter werden.
  • Der Umsatz steigt. Produkte, zu denen es gute Bewertungen gibt, werden bis zu 50 Prozent mehr gekauft. Produkte ohne Bewertungen werden gar nicht gekauft.
  • Kunden werden zu Testern und entwickeln dabei oft kostenlose neue gute Ideen. Kluge Firmen machen sich dies schon lange zunutze.
  • Und schließlich: Das im Netz geäußerte Lob kann als O-Ton in Ihrer Werbung und auf Ihrer Webseite eingesetzt werden. Der Kunde wird Advokat und Kaufauslöser.

Wie man auf Web-Kommentare gut reagiert

Beginnt ein virtuelles Gespräch über Sie, heißt es agieren: den Ball aufnehmen, antworten, fragen, um Ratschläge bitten, Wissen teilen statt horten, bereichern – und danken. Bei Gesprächen im wahren Leben tun Sie das alles ja auch. Sie wollen ein charmanter, eloquenter, wertvoller, gern gesehener Gesprächspartner sein.

Das alles kommt auch im interaktiven Web sehr gut an. Bedanken Sie sich bei denen, die Sie loben. Und überraschen Sie die Kunden dabei. So verschickt Tripadvisor hin und wieder Mails an fleißige Hotel- und Restaurantbewerter, worauf steht: „Raten Sie mal, wie viele Leute Ihren Beitrag gelesen haben?“

Ein Link führt zur Antwort und zu weiteren Details. Zur Ermunterung heißt es schließlich: „Nur noch drei Bewertungen fehlen Dir für den Senior Contributor Badge.“ Ja, für Ruhm und Ehre im Web tun manche sehr viel.

Soll man gute Bewertungen belohnen?

Eine Frage wird mir immer wieder gestellt: Sollen gute Bewertungen im Nachhinein belohnt werden? Schließlich hat der Verfasser wertvolle Zeit investiert – und positive Texte helfen beim Abverkauf. Außerdem verbessern sie die Google-Platzierung.

Es gibt für und wider zum Thema - und unterschiedliche Konzepte. Amazon hat für Top-Rezensenten ein Ranking und eine Hall of Fame geschaffen. Andere verleihen Karma-Punkte. Wieder andere lassen Bewerter an Verlosungen teilnehmen, vergeben Einkaufsgutscheine oder prämieren die besten Bewertungen.

Was auch immer Sie tun, übertreiben Sie nicht! Und versprechen Sie keine Belohnung im Vorfeld. Sonst werden Bewertungen, um etwaige Gewinnchancen zu erhöhen, im Eifer zu „schön“ und verlieren damit ihre Glaubwürdigkeit.

Und wenn ein Web-Kommentar negativ ist?

Reagieren Sie zügig. Melden Sie sich bei denen, die Beschwerden hatten – und schaffen Sie deren Ärger schnellstmöglich aus der Welt! Gehen Sie dabei so individuell wie möglich vor. Textbausteine und 08/15-Antworten werden sofort als solche enttarnt.

Und egal, wie schmählich die Kritik auch klingt: Bleiben Sie ruhig und sachlich, polemisieren Sie nicht. Außerdem gilt: nichts vernebeln, nichts vertuschen, die Wahrheit zählt! Und am besten kein Anwalt.

Am besten folgen Sie den Regeln einer professionellen Reklamationsbearbeitung. Die wichtigsten Stichworte dazu: Kritik ernst nehmen, danken, Verständnis zeigen, sich entschuldigen, Vorfall analysieren, umfassend informieren, ehrlich sein, höflich bleiben, wohlwollend und effizient reagieren, entgegenkommend sein, nach Abschluss des Vorfalls nachfassen, Lehren daraus ziehen und aus Fehlern lernen.

Soll man auf jeden Kommentar reagieren?

Nein, natürlich nicht. Manchmal ist es sinnvoller, die Sache einfach auf sich beruhen zu lassen. Vor allem chronische Störenfriede, man nennt sie auch Trolle, ignorieren Sie besser. Die Regel lautet: Don’t feed the troll. Mit etwas Glück springen wackere Fans für Sie in die Bresche und vertreiben die bösen Geister.

Müssen Sie negative Online-Äußerungen überhaupt tolerieren? Aber hallo! Im Web herrscht Meinungsfreiheit. Stellungnahmen, die eine persönliche Ansicht widerspiegeln und Schmähkritik, die sich auf Produkteigenschaften oder eine erbrachte Dienstleistung bezieht, sind grundsätzlich zulässig, selbst wenn dies anonym erfolgt.

Anders verhält es sich bei unwahren Tatsachenbehauptungen und der Diffamierung einer konkreten Person. Hier besteht ein Anspruch auf Unterlassung und damit auf Löschung des Beitrags. Gegen grobe Verleumdungen können Sie außerdem juristisch vorgehen, denn sie sind ein Strafrechtsbestand, hier haftet der Täter direkt.

Und was ist mit gefälschten Online-Bewertungen?

Experten zufolge sind, je nach Branche, 20 bis 30 Prozent aller Bewertungen und Erfahrungsberichte gefälscht. So ergeben sich für die Portalbetreiber jede Menge Hausaufgaben, um die Glaubwürdigkeit der Aussagen Dritter zu erhalten und rechtschaffene Menschen vor Betrügern zu schützen.

Gute Ansätze dazu gibt es zum Beispiel beim B2B-Portal Benchpark - und unter anderem auch beim Verbraucherportal Yelp. Via Algorithmen entlarvte gefälschte oder bezahlte Bewertungen werden dort abgestraft und per „Consumer Alert“ öffentlich gemacht.

In jedem Fall kann ich nur raten: Stellen Sie keine selbstverfassten Lobeshymnen über Ihre Angebote ein. Und kaufen Sie keine Kundenstimmen. Irgendwann fliegen solche miesen kleinen Schummelmethoden doch meistens auf - und der getürkte Traum wird zum Alptraum. Denn irgendeiner schaut immer durchs Schlüsselloch, und was er dort sieht, erzählt er der ganzen Welt.

Online-Betrug kommt meistens ans Tageslicht

In einem dieser Fälle äußerten sich erfundene User in Foren und Blogs positiv zum Thema Bahn, schrieben Leserbriefe und stellten Videos auf YouTube ein. Zunächst schien die Imagekampagne zu funktionieren. Doch dann wurde aufgedeckt, dass die Stellungnahmen von der Deutschen Bahn bezahlt worden waren – mit insgesamt 1,3 Millionen Euro. Dieser PR-Gau brachte dem Unternehmen sogar eine öffentliche Rüge des Deutschen Rates für Public Relations ein.

Ein anderer Fall beschäftigte die Medien kürzlich. Dabei ging es um vermeintlich echte Jubelmeldungen im Web, die aber in Wirklichkeit von „PR-Söldnern“ erfunden und zum Zweck der Irreführung potenzieller Kunden eingestellt worden waren.

Bezahlte Mitarbeiter einer Agentur hatten unter falschem Namen und mit verschleierten Identitäten Tausende Kommentare und Beiträge in Foren, auf Meinungsportalen und Nachrichten-Websites hinterlassen, um unter anderem Autos von Opel, Präparate von Bayer, Kameras von Sigma und Reiseangebote der TUI mit Lob zu überschütten. Mir ist schleierhaft, wieso derart große Marken noch immer nicht zu kapieren scheinen, wie das Web heutzutage funktioniert.

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