Das Ludwigsburger Startup myCleaner will Privatpersonen, Carsharing-Anbietern und Fuhrparkbetreibern den Besuch an der Waschanlage ersparen. Es bezeichnet sein Verfahren als deutlich umweltschonender.
Die Deutschen lieben ihr Automobil
Zumindest diejenigen, die sich vom Trend zum Car- und Ridesharing fernhalten. Wer einmal viel Geld in einen Wagen investiert hat, der möchte auch, dass er schön anzusehen ist. myCleaner nennt sich ein Startup aus Ludwigsburg bei Stuttgart, das sich als mobile und umweltverträgliche Alternative zu herkömmlichen Waschanlagen etablieren möchte . Die Schwaben richten sich sowohl an Privatkunden, die sich den Weg zur Waschstraße ersparen möchten, als auch an gewerbliche Firmen im Fuhrpark-, Mietwagen- und Carsharing-Segment.
Anfahrt ist im Preis inbegriffen
Private Autobesitzer, welche die aktuell in München, Stuttgart, Karlsruhe, Heidelberg, Mannheim, Marburg und Hannover angebotenen Dienste von myCleaner in Anspruch nehmen wollen, buchen auf der Website des Unternehmens einen "Cleaner" und erhalten eine verbindliche Terminzusage. Die Ludwigsburger schicken zum vereinbarten Zeitpunkt eine Reinigungskraft zum gewünschten Ort, die das Fahrzeug je nach Bestellung innen und/oder außen reinigt. Bezahlt wird bar oder mit Kreditkarte nach der Reinigung oder per Lastschrift. Die Kosten, die jeweils Mehrwertsteuer und Anfahrtkosten beinhalten, variieren je nach gewünschtem Reinigungs- und Fahrzeugtyp. Die günstigste Option erhalten Kleinwagenbesitzer für eine Grundreinigung außen (19,99 Euro) .
Umweltschonende Eigenentwicklung
Die myCleaner-Gründer Slawa Kister, Abdula Hamed, Mohamed Hamed und Natalia Kister haben nicht nur einfach eine Website zur Vermittlung von On-Demand-Reinungskräften geschaffen, sondern laut eigenen Angaben ein spezielles Reinigungsmittel entwickelt, das eine sogenannte "Trockenreinigung" erlaubt. Details über die drei verwendeten Cleaner-Produkte, die auch separat für den Eigeneinsatz erworben werden können, finden sich auf dieser Seite und sollen an dieser Stelle nicht weiter beleuchtet werden. Das Startup verspricht, dass Autos beim Einsatz seiner biologisch abbaubaren Reinungsmittel deutlich länger sauber bleiben, zudem werden im Vergleich zur Waschanlagen große Mengen an Wasser eingespart. Bis zu 600 Liter seien es pro Autoreinigung. Die neusten, wassersparenden Anlagen verbrauchen durch die Wiederaufbereitung zwar mitunter nur noch 15 Liter Frischwasser, aber auch das liege noch deutlich über den von myCleaner genutzten Ressourcen, erklärt Mitgründer Slawa Kister. "Wir benötigen maximal 0,25 Liter unseres biologisch abbaubaren und wasserbasierten Produktes für eine Limousine oder SUV sowie drei bis vier Mikrofasertücher, die wir ohne Bedenken in einer Waschmaschine waschen können", so Kister. Zudem entfalle der Energiebedarf einer Waschanlage.
Die Nachhaltigkeitsbilanz des jungen Unternehmens büßt ein paar Punkte ein, da Waschkräfte mit ihren eigenen Fahrzeugen zu den Standorten der Kunden fahren und damit CO2-Emissionen verursachen. Andererseits ist nicht garantiert, dass Kunden ihre Fahrt zur Waschanlage mit anderen Erledigungen oder dem Tanken verbunden hätten, insofern könnten im Endeffekt auch hier die positiven Faktoren überwiegen. Der eigentliche Reinigungsvorgang dauert rund 15 bis 20 Minuten und damit nur unwesentlich länger als eine Reinigung in der Waschstraße - sofern dort keine Wartezeit anfällt. Besonders beliebt bei Kunden ist nach Aussage von Slawa Kister die Innenreinigung. Die sei bei vielen Waschanlagen gar nicht zu bekommen - erst recht nicht am aktuellen Standort des Fahrzeugs.
Scout24-Gruppe ist mit im Boot
Finanziert und unterstützt wird myCleaner vom neuen You-Is-Now-Inkubator der Scout24-Portale. Dieser verspricht Startups eine Finanzierung von bis zu 500.0000 Euro, sowie "Expertise, Reichweite und Unterstützung insbesondere bei der schnellen Vermarktung und Skalierung ihrer Produkte". Synergieeffekte zwischen dem Scout24-Angebot AutoScout24, "Deutschlands größtem Autoportal", und myCleaner, liegen auf der Hand.
Ganz ausdrücklich sieht myCleaner seine Zielgruppe auch im gewerblichen Bereich. Laut Firmenangaben zählen renommierte Autohäuser und das Volkswagen-Carsharing-Projekt Quicar zu den Kunden. Um rund 200 Fahrzeuge kümmern sich die Ludwigsburger und übernehmen dabei nicht nur die Reinigung, sondern auch Kleinstreparaturen, Fahrzeugtransfers und Betankungen. Die myCleaner-Mitarbeiter reinigen zudem stationsbasierte Carsharing-Autos in Hannover, Kassel, Marburg, Gießen, im Rhein-Neckar-Gebiet und in Karlsruhe - jeweils direkt an den Stationen. Dadurch ließen sich die "Offline"-Zeiten deutlich verkürzen und die Benzinkosten sowie Unfallgefahr verringern, erklärt Slawa Kister.
Für Privatpersonen, die ihre eigenen Fahrzeuge über Peer-to-Peer-Carsharing-Plattformen wie tamyca oder Autonetzer vermieten, dürfte der Einsatz von myCleaner für die Reinigung nur nach erfolgten Langzeitmieten ökonomisch sinnvoll sein.
US-Startup Cherry scheiterte mit ähnlicher Idee
Das Konzept von myCleaner macht nicht zuletzt aufgrund der Argumente in Bezug auf Umweltschutz sowie in Anbetracht des stetig wachsenden Carsharing-Marktes einen zukunftsträchtigen Eindruck. Das Scheitern eines US-Startups mit ähnlicher Idee, Cherry , wird den myCleaner-Machern sicher nicht entgangen sein. Anders als bei den Ludwigsburger stand bei Cherry der On-Demand-Gedanke im Vordergrund, was verschiedene produktbezogene Schwierigkeiten mit sich brachte. myCleaner bleiben diese erspart. Die Vorab-Buchung per Website - myCleaner bietet bisher nicht einmal mobile Aps - mag etwas antiquiert wirken. Sie erlaubt dem Startup aber eine besser Ressourcenplanung und erleichtert das Anbieten von lukrativen B2B-Dienstleistungen. Auch mit Blick auf die bereits akquierierten Gewerbekunden und die hierzulande hohen Stellenwert sauberer Autos brauchen sich die vier myCleaner-Gründer Cherrys Misserfolg daher nicht sonderlich zu Herzen nehmen. /mw