Zurück zur "real economy"
"Real economy" ist ein wichtiges Stichwort. Auf exorbitante Gewinnversprechen durch Finanztitel, die sie selbst nicht wirklich verstehen und somit beurteilen können, werden in Zukunft sicher weniger Kapitalgeber eingehen. Hier sehen eine ganze Reihe professioneller Investoren, mit denen ich in der letzten Zeit gesprochen habe, eine echte Chance für Gründer und Unternehmer.
Ein Wachstumsunternehmen bietet eine Kapitalanlage, bei der gut verständlich gemacht werden kann, wie Gewinn erzielt wird, bei der die Risiken abgewogen werden können und bei der die Entwicklung durch Geschäftsberichte und Bilanzen transparent ist. Außerdem lassen sich zwar auch unternehmerische Erfolge in der Regel nicht anfassen, aber Verkaufszahlen und Überschüsse empfinden vielleicht gerade private Investoren als etwas Greifbares, zumindest im Vergleich zu vielen Finanzmarktkapriolen.
Gefährliche Ängste
Allerdings kann der psychologische Faktor auch ein Hemmschuh sein. Einige Business Angels, so mussten in den letzten Monaten Gründer vereinzelt erfahren, sahen die Erfolgschancen für Neugründungen in den rezessionsgefährdeten nationalen und internationalen Märkten als so unsicher an, dass sie vor neuen Investments zurückschreckten. Ähnlich wie bei den verweigerten Krediten der Banken untereinander kann dieses Verhalten womöglich einen negativen Domino-Effekt haben: Einzelne Kapitalgeber wären ja bereit zu investieren, sind aber skeptisch, ob sie einen Side-Investor finden und ob die irgendwann anstehende Wachstumsfinanzierung zu realisieren ist. Außerdem fürchten sie, dass ihnen der Exit aus Mangel an Anteils-Käufern verwehrt bleibt.
Chancen wahrnehmen, Risiken entkräften
Kapital suchende Gründer sollten ihre oben genannten Vorteile jetzt unbedingt ausspielen und soweit wie möglich versuchen, die Ängste von interessierten aber zögerlichen Kapitalgebern zu entkräften. Noch mehr Mühe als sonst sollten die Gründer darauf verwenden, ihr Geschäftsmodell zu erklären und die Gewinnerwartungen zu begründen. Bei letzterem macht eine eher konservative Schätzungsweise in der aktuellen Gesamtstimmung sicher einen guten Eindruck.
Außerdem sollten Gründer in der Geschäftsstrategie die negativen Marktprognosen unbedingt ernst nehmen und erklären, was sie zum Beispiel der erwarteten Zurückhaltung von Endkonsumenten, die ja auch das B2B beeinflusst, entgegensetzen. Eventuell muss also der ein oder andere Businessplan gerade neu geschrieben werden. In der Schublade verschwinden sollte aber – nur aufgrund der aktuellen Finanzkrise – kein gutes Geschäftskonzept!
Weitere Ausgaben der Kolumne
Teil IX - Wie Sie eine Wettbewerbs-Teilnahme richtig nutzen
Teil VIII - "Family, Fools and Friends"-Finanzierung
Teil VI - Wie bescheiden müssen Gründer sein?
Teil V - Läuft alles nach Business-Plan?
Teil IV - Gründertrends 2008
Teil III - Wer nicht gewinnt, hat trotzdem Grund zu feiern
Teil II - " DryRun" beim MBPW: Generalprobe für die Kapitalsuche
Teil I - Vom Wettbewerb in den Markt