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Merkblatt

Effektives Forderungsmanagement für Unternehmen

Außenstände sind bares Geld, belasten damit die Liquidität des Unternehmens und führen gegebenenfalls zum totalen Forderungsverlust. Das Überschreiten von Zahlungsfristen wird häufig als Kavaliersdelikt angesehen. Doch Forderungsausfälle sind vermeidbar. Bestimmte Maßnahmen können bereits vor Vertragsschluss ergriffen werden und bereits zu diesem Zeitpunkt das Risiko von Forderungsausfällen minimieren.

Sicher kosten diese Maßnahmen auch Zeit, insbesondere wenn eine schriftliche Vereinbarung getroffen werden soll. Ziel eines effektiven Forderungsmanagements muss es daher sein, das Risiko von Forderungs- und damit Liquiditätsausfällen zu minimieren, denn

  • mangelnde eigene Liquidität führt zu eigenen Schulden und eventuellen Folgekosten.
  • Außenstände kosten Geld und führen unter Umständen zu Zinsverlusten.
  • Verjährung führt zu totalem Forderungsverlust und ein Insolvenzverfahren des Schuldners höchstwahrscheinlich auch.

I. Vorbeugung - Vertragsgestaltung - Forderungssicherung

1. Informationen über den Vertragspartner

Informationen über den Vertragspartner sollten bereits bei Geschäftsanbahnung eingeholt werde, denn zu diesem Zeitpunkt sind potentielle Schuldner noch auskunftsfreudig. Warum sollten Sie insbesondere
bei eigener Vorleistungspflicht nicht vor Leistungserbringung oder Vertragsschluss sich über die Zahlungsmoral des potentiellen Kunden informieren? Überprüfen Sie daher möglichst folgende Punkte:

  • Erfassen Sie möglichst viele Kundendaten.
  • Spätestens bei Vertragsschluss sollte eine vollständige Bezeichnung des Vertragspartners vorliegen
  • Weitere Informationsquellen:
    Handelsregister
    Gewerberegister
    Einwohnermeldeamt
    Auskunfteien
    Gerichtliches Schuldnerverzeichnis
    Briefkopf vom Schuldner (Kontonummer)
    Aus Gesprächen mit Schuldner selbst (mögliche Kunden)
    Internet
    Handels-/Handwerkskammer

2. Fälligkeitsvereinbarungen

Bereits im Rahmen der Vertragsgestaltung oder -optimierung sollten Sie Fälligkeitszeitpunkte vereinbaren wie z.B. 14 Tage nach Rechnungsdatum oder am 10. des Folgemonats. In diesen Fällen ist die Leistungszeit nach dem Kalender bestimmt, so dass Verzug auch ohne eine Mahnung eintritt. Nicht ausreichend für eine Entbehrlichkeit ist die Angabe eines Zahlungsziels in der Rechnung. Darüber hinaus kann der Vertragspartner sich bereits bei Vertragsunterschrift auf die Fälligkeit einstellen.

3. Zahlungsbedingungen

Insbesondere die Zahlungsbedingungen spielen im Rahmen des Forderungsmanagements eine wichtige Rolle, denn dadurch wird die Abwicklung des Zahlungsverkehrs bereits im Zeitpunkt der Vertragsgestaltung festgelegt. Hier entstehen gegebenenfalls Interessenkonflikte, denn der zur Zahlung verpflichtete Vertragspartner will zur Liquiditätsschonung möglichst spät zahlen, die andere Partei dagegen möchte das Geld aus dem gleichen Grund früh erhalten. Hier sollten insbesondere die im Rahmen der Informationsbeschaffung gewonnenen Erkenntnisse genutzt werden. Je nach Bonität des Vertragspartners können alternativ zur Zahlung bei Rechnungsstellung oder bei Lieferung folgende Zahlungsbedingungen vereinbart werden:

  • Lastschrift/Bankeinzug
  • Vorkasse
  • Vorschuss oder Abschlagszahlungen
  • Skonto als Zahlungsanreiz
  • Zahlung per Nachnahme

4. Forderungssicherung in der Vertragsgestaltung

Insbesondere bei Geschäften größeren Umfangs kann eine gestörte Vertragsabwicklung zu einer wirtschaftlich existenziellen Bedrohung werden, denn häufig dient allein ein einziges Geschäft der Deckung der Betriebskosten für mehrere Monate. Hier stellt sich die Frage, wie die Zahlung des vereinbarten Entgelts vertraglich abgesichert werden kann.

Tipp
Es empfiehlt sich eine Sicherungsbestellung bereits im Vertrag zu vereinbaren, denn regelmäßig werden sich bei später drohendem Forderungsausfall die Schuldner nicht mehr auf eine Sicherungsabrede einlassen. Zudem besteht bei nachträglicher Sicherungsvereinbarung die Gefahr der Anfechtbarkeit durch einen Insolvenzverwalter des Schuldners. Aber auch nach Vertragsschluss ist eine Sicherung möglich und insbesondere zahlungswillige Kunden bzw. Vertragspartner werden sich darauf einlassen.

a. Eigentumsvorbehalt
Durch einen Eigentumsvorbehalt im Kaufvertrag behalten Sie sich bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung das Eigentum vor. Der Erwerber ist jedoch berechtigt, die Sache in Besitz zu nehmen und zu benutzen.

Erst mit der vollständigen Kaufpreiszahlung geht das Eigentum vollständig und automatisch auf den Erwerber über. Entscheidend ist, dass z.B. im Falle einer Insolvenz des Vertragspartners der Insolvenzverwalter die Kaufsache wieder herausgeben (sog. aussondern) oder den Kaufvertrag erfüllen muss.

Ein Eigentumsvorbehalt macht dann Sinn, wenn der Kaufpreis nicht im Voraus und auch nicht bei Übergabe der Kaufsache geleistet werden soll. Insbesondere bei Teilzahlungs- bzw. Ratenzahlungsvereinbarungen wird der Eigentumsvorbehalt üblicherweise vereinbart.

b. Forderungsabtretung
Häufig werden Sie bei Außenständen auf das Argument Ihres Schuldners für die Nichtzahlung treffen, dass er selbst Außenständen habe. Sie können sich sowohl bereits im Rahmen der Vertragsgestaltung als auch im Nachhinein durch eine Forderungsabtretung solche Forderung als Sicherung abtreten lassen.

Selbst Gehaltsansprüche des Schuldners können unter bestimmten Voraussetzungen Gegenstand eines Abtretungsvertrages sein. Unter Umständen bietet es sich sogar an, dass auch künftige Forderungen, d.h. solche, die noch nicht entstanden aber schon bestimmbar sind, bereits im Voraus vertraglich abgetreten werden.

Sie sollten allerdings immer prüfen, ob

  • das abgetretene Recht bzw. der Anspruch des Schuldners überhaupt existiert.
  • es dem Schuldner zusteht.
  • es nicht bereits anderweitig abgetreten oder in sonstiger Weise vorbelastet ist.

c. Sicherungsübereignung
Stellen Sie fest, dass Ihre Forderungen möglicherweise gefährdet, d.h. nicht realisiert werden können, kann es ratsam sein, sich Gegenstände, die im Eigentum des Schuldners stehen übereignen zu lassen.

Es ist sogar möglich, dass Ihr Schuldner die Sache weiter in Besitz hat und damit z.B. weiter arbeiten kann. Es genügt, wenn Sie vereinbaren, dass Sie z.B. bis zur Erfüllung der Zahlung Eigentümer der Sache sind. Auch hier wird empfohlen, eine solche Sicherungsübereignung schriftlich zu vereinbaren.

d. Bürgschaften
Ein weiteres Mittel stellt die sog. Bürgschaft dar. In diesem Fall dienen nicht bestimmte Gegenstände oder andere Forderungen als Sicherungsmittel sondern andere Personen werden als Bürgen zum alternativen Schuldner. Zahlt der Hauptschuldner nicht, können Sie Ihr Geld vom Bürgen fordern.

Beachten Sie, dass ein solcher Bürgschaftsvertrag mit dem Bürgen immer schriftlich geschlossen werden muss. Also nie per Fax, Email oder gar mündlich Vereinbaren Sie eine sog. selbstschuldnerische Bürgschaft, denn dann können Sie sofort gegen den Bürgen vorgehen, ohne zuerst den Hauptschuldner verklagen zu müssen.

e. Weitere Sicherungsmittel

  • Grundschuld, Hypothek
  • Verpfändung

II. Mahnwesen – Forderungsdurchsetzung

1. Außergerichtliche Forderungsbeitreibung

Trotz aller vorbereitend getroffenen Maßnahmen und gesicherten Vertragsgestaltungen bedarf es ständig einer Überwachung des Zahlungsverhaltens der Vertragspartner. Organisieren Sie den Zahlungsverkehr, insbesondere das Mahnwesen! Wann ein Schuldner zu zahlen hat, bestimmt sich nach der Fälligkeit der Forderung. Sofern nichts anderes vereinbart ist, gilt im Zweifel die sofortige Fälligkeit.

Allerdings wird in der Praxis regelmäßig ein Zahlungsziel in der Rechnung angegeben, um dem Vertragspartner ein wenig Zeit zur Abwicklung seines eigenen Zahlungsverkehrs zu ermöglichen. Seien Sie nicht zu großzügig mit den Zahlungszielen, um die eigene Liquidität nicht zu gefährden.

a. Mahnung
Nicht selten wird es vorkommen, dass Sie dennoch den Kunden mahnen müssen. Eine Mahnung ist letztlich nichts anderes als die ernsthafte Aufforderung die Zahlung zu bewirken. Nicht notwendig aber häufig zweckmäßig ist das Setzen einer Zahlungsfrist. Genauso wenig erforderlich ist das Androhen bestimmter Folgen bei Fristablauf. Aus Gründen des Nachweises sollte eine Mahnung immer schriftlich erfolgen.

Tipp
In der Praxis ist häufig zu beobachten, dass mehrfache Mahnungen versendet werden, die durchnummeriert sind und die letzte Mahnung auch als solche bezeichnet wird. Vermeiden Sie dieses Verfahren, denn dieses veranlasst den Schuldner mit der Leistung erst recht bis zur letzten Mahnung zu warten.

In der Praxis hat sich teilweise folgendes Schema zum Mahnwesen etabliert:

Erste Mahnung: "Zahlungserinnerung"
Formulieren Sie höflich aber bestimmt. Weisen Sie unter Bezugnahme auf Rechnungsnummer und -datum darauf hin, dass Sie einen Zahlungseingang nicht verzeichnen konnten. Legen Sie eine Rechnungskopie bei.

Zweite Mahnung: Deutlich
Sofern nach circa 10 - 14 Tagen trotz der höflichen Zahlungserinnerung keine Zahlung erfolgt, werden Sie ein wenig deutlicher. Kündigen Sie an, dass Sie bei weiterer Zahlungsverweigerung und Ablauf einer weiteren Frist, Verzugszinsen und Mahnkosten berechnen werden.

Gegebenfalls dritte Mahnung: Androhung weiterer Schritte
Bei guten Kunden und auch nur dann, wenn mit einer Zahlung zu rechnen ist, bietet sich eine dritte Mahnung an. In dieser sollten Sie eventuell die Einschaltung eines Rechtsanwalts oder auch gleich die Einleitung des gerichtlichen Verfahrens androhen. Dem Schuldner muss deutlich werden, dass Sie ihm die anfallenden Kosten in Rechnung stellen werden.

b. Verzug
Die Folge einer Mahnung ist der Verzug. Tritt sodann der Verzug ein, gewährt das Gesetz einen Anspruch auf Verzugszinsen und Schadenersatz. Voraussetzung des Verzugs ist die Mahnung, doch in folgenden Fällen tritt dieser auch ohne Mahnung ein:

  • Bei Entgeltforderungen 30 Tage nach Rechnungszugang . Allerdings muss gegenüber Verbrauchern ein diesbezüglicher Hinweis auf der Rechnung enthalten ist. 
  • Die Leistungszeit ist nach Kalender bestimmt. Haben Sie bereits vertraglich vereinbart, dass eine Forderung an einem kalendermäßig bestimmbaren Zeitpunkt fällig wird (s.o. unter Fälligkeitsvereinbarung), so tritt Verzug bereits dann ein, wenn eine Zahlung nicht erfolgt.
  • Erfüllungsverweigerung. Wenn Ihr Vertragspartner ernsthaft und ausdrücklich jegliche Zahlung verweigert, kommt er ebenfalls automatisch in Verzug.

Die Folgen des Verzugs sind

  • Anspruch auf Verzugszinsen. Gegenüber Verbrauchern betragen diese fünf Prozent p.a. über dem jeweils gültigen Basiszinssatz ( www.basiszinssatz.de ); ohne Verbraucherbeteiligung sogar acht Prozent.
  • Anspruch auf Verzugsschaden. Dieser umfasst neben Mahnkosten (Telefon, Papier und Portokosten) auch die Kosten eines Rechtsanwaltes und anderer Kosten der Rechtsverfolgung.

Entscheidend ist aber, dass diese erst nach Verzugseintritt entstanden sind.

2. Gerichtliche Forderungsbeitreibung

Wenn sämtliche außergerichtliche Maßnahmen keinen Erfolg bringen, so bleibt nur noch die Möglichkeit den gerichtlichen Weg zu beschreiten. Ziel dieses Weges ist es letztlich Rechtsicherheit zu erlangen aber insbesondere auch einen sog. Vollstreckungstitel, als Voraussetzung rechtskräftig festgestellte Forderungen auch durchsetzen zu können.

Hierfür gibt es die Möglichkeit eines Klageverfahrens, welches abhängig vom Streitwert beim Amts- oder Landgericht geführt werden muss. Dieses bietet sich an, wenn der Schuldner bereits vorab erkennen lässt, dass er sich gegen die Forderung zur "Wehr" setzen will, z.B. in dem er diese bestreitet. Zuständig ist bis zu einem Gegenstandswert von 5.000 Euro das Amtsgericht. Ab 5.000 Euro muss die Klage beim Landsgericht eingereicht werden. Beachten Sie, dass beim Landgericht eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt erfolgen muss.

Häufig einfacher, schneller, kostengünstiger und bei unbestrittenen Forderungen zu empfehlen, ist das gerichtliche Mahnverfahren. Einfacher deswegen, da das Gericht nicht prüft, ob die Forderung auch tatsächlich besteht, sondern nur, ob beim Antrag die Formalitäten eingehalten wurden.

Darüber hinaus kann dieser Antrag über ein im Schreibwarenladen erhältliches Formular oder in manchen Bundesländern sogar ohne Formular online über das Internet ausgedruckt werden. Das Mahngericht erlässt sodann den Mahnbescheid, gegen den allerdings innerhalb von zwei Wochen Widerspruch eingelegt werden kann. Erfolgt seitens des Schuldners kein Widerspruch, so ergeht ein Vollstreckungsbescheid.

Hiergegen kann der Schuldner wider innerhalb von zwei Wochen Einspruch einlegen und damit eine mündliche Verhandlung erzwingen. Daher sollte man sich gut überlegen, ob man das Mahnverfahren zur Forderungseintreibung wählt, denn im Falle eines Widerspruchs des Schuldners würde letztlich der eigentliche Zeit- und Kostenvorteil entfallen.

III. Typische Anzeichen für bevorstehende Zahlungsunfähigkeit

Spätestens bei der Mahnung, am besten aber bereits vor Vertragsschluss (s.o.) sollte man möglichst viele Informationen über den Schuldner sammeln und prüfen, ob eventuell eine Insolvenz bzw. Zahlungsunfähigkeit bevorsteht.

Typische Anzeichen dafür sind:

  • Wechsel des Geschäftsführers
  • Wechsel der Bankverbindung
  • Statt üblicher Sofortzahlung nunmehr Ausnutzen langer Zahlungsziele
  • "taktische" Mängelrügen
  • Entlassungen im Schuldnerbetrieb
  • Verlegung des Geschäftssitzes
  • Insbesondere bekannt werdende Pfändungen

Einzelnes Auftreten der Merkmale grundsätzlich harmlos aber je mehr Anzeichen, desto größer die Gefahr!

Wichtig: Rasches Handeln ist erforderlich!

Autor: Per-Hendrik Ipland

Per-Hendrik Ipland ist Rechtsanwalt und Mitgründer der Kanzlei Beindorff & Ipland Rechtsanwälte. Die Anwälte der Kanzlei beraten und vertreten insbesondere Existenzgründer in den Bereichen Arbeitsrecht, Gesellschaftsrecht, Internet-/ IT-Recht und Vertragsrecht. Gleichzeitig ist Rechtsanwalt Ipland als Dozent für das Gründercenter des Bildungswerks der Niedersächsischen Wirtschaft für die Bereiche Arbeits- und Vertragsrecht tätig.
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