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Die betriebliche Altersvorsorge (bAV)
Die betriebliche Altersvorsorge (bAV) ist mit ihrer über 150 Jahre alten Tradition neben der gesetzlichen Rentenversicherung und der privaten Vorsorge ein wichtiger Bestandteil der gesamten sozialen Sicherung der Arbeitnehmer und seiner Familie in Deutschland. Sie wird auch als die "zweite Säule" im deutschen Alterssicherungssystem der Rentenvorsorge bezeichnet.
Ob sie auch für Führungskräfte in Frage kommt, hängt zunächst von ihrem Status ab – der Unterschied liegt maßgeblich darin ob sie Arbeitgeber oder Arbeitnehmer sind. Denn Arbeitnehmern steht die Möglichkeit der bAV offen, seit 2002 gibt es sogar einen Rechtsanspruch auf eine solche. Der Arbeitgeber ist dann verpflichtet seinen Angestellten eine Versicherung anzubieten. Er muss sich jedoch nicht an der Einzahlung von Beiträgen beteiligen.
Darüber hinaus versteht man unter betrieblicher Altersversorgung aber auch die Versorgung der Gesellschafter-Geschäftsführer eines Unternehmens, kurz GGF genannt. Sie haben im Rahmen der bAV sehr flexible und individuelle Gestaltungsmöglichkeiten für ihr Auskommen im Alter.
Arbeitgeber und die betriebliche Altersvorsorge
Arbeitgeber, die sich an der Altersvorsorge ihrer Mitarbeiter beteiligen, können die Kosten als Betriebsausgaben geltend machen.Grundlage der bAV ist § 1 des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG) von 1974. Seit der Rentenreform aus dem Jahr 2001 wird die betriebliche Altersvorsorge staatlich gefördert.
Vorteile der bAV für Arbeitgeber
Unternehmer, Selbstständige oder Inhaber können keine bAV für sich nutzen, sollten das Thema dennoch nicht vernachlässigen – denn sollte man Arbeitgeber sein oder werden wollen, kann das Thema eine große Bedeutung erlangen.
- Steuerersparnis - die Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung sind als Betriebsausgaben abzugsfähig
- Möglichkeit zur Lohnnebenkostensenkung - Sozialversicherungsbeiträge können gespart werden
- geringer Verwaltungsaufwand - der Versorgungsträger beziehungsweise die Versicherung entlastet maximal bei der Durchführung der bAV
- Risikoentlastung - das Versorgungsrisiko liegt beim Versicherungsunternehmen
- Erreichen einer langfristigen Mitarbeiterbindung und so Vermeidung hoher Fluktuationskosten
- Erhöhung der Mitarbeitermotivation
- Verbesserung der Identifikation mit dem Unternehmen
- Sozial- und Mitarbeiterverantwortung
Neben verschiedenen steuerlichen (z.B. Lohnnebenkosten und Absetzbarkeit von Beiträgen) und bilanziellen Vorteilen (versteuerte Gewinnsumme des Unternehmens sinkt durch Rückstellungen für die Vorsorge) ist die bAV wichtig für die Bindung und Motivation der Angestellten. Denn verschiedene gesetzliche Bestimmungen und erhebliche Unterschiede im Durchführungsweg – also in der Anlageform der eingezahlten Beiträge – ermöglichen dem Arbeitgeber seine Angestellten längerfristig an sich zu binden: z.B. können die gezahlten Beiträge in das Unternehmen zurückfließen, sollte ein Angestellter innerhalb der ersten fünf Jahre seiner Arbeitszeit kündigen. Daneben ist es möglich, die Beiträge zu staffeln.
Durchführungswege der bAV
Der Durchführungsweg sollte dabei nach den Ansprüchen der Angestellten gewählt werden, Der Arbeitgeber ist dazu berechtigt die Wahl nach seinem Belieben zu treffen.
Für leitende Angestellte, die ein hohes Einkommen erhalten, eignen sich die Unterstützungskasse (U-Kasse) oder die Pensionszusage (Direktzusage) besonders gut. Beide ermöglichen die steuerfreie Einzahlung hoher Summen. Im Gegensatz zur gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) gibt es keine Beitragsbemessungsgrenze. Diese liegt in der GRV bei 5.600 Euro/Monat (Stand: 2012) und bedeutet, dass alles was darüber hinaus verdient wird, in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht berücksichtigt wird. Damit steigt die Differenz zwischen Nettogehalt und zu erwartender gesetzlicher Rente.
Durch die bAV kann dieses Problem jedoch behoben werden. Die U-Kasse ist eine rechtlich eigenständige Einheit, in welcher der Arbeitgeber Mitglied wird. Er zahlt die Beiträge für seine Angestellten ein und ist demnach auch seinen Angestellten gegenüber rechtlich verpflichtet. Da U-Kassen keiner staatlichen Aufsicht unterliegen ist es wichtig eine rückgedeckte Unterstützungskasse zu wählen. Sollte die Insolvenz des Arbeitgebers eintreten, übernimmt in diesem Fall der Pensions-Sicherungs-Verein die Zahlungen. Jedoch verlangen U-Kassen gleichbleibende oder steigende, regelmäßige Beiträge.
Werden oft Boni oder Sonderleistungen gezahlt, bietet sich die Pensionszusage an. Diese ermöglicht eine erhebliche Flexibilität in der Einzahlung dadurch, dass der Unternehmer selber der Versicherungsträger ist. Er bildet Betriebsintern Rückstellungen mit den eingezahlten Beiträgen, die später für die Auszahlung der Rente zur Verfügung stehen sollen. Auch hier besteht das Risiko der Insolvenz des Unternehmens. Durch eine Rückdeckungsversicherung kann der Unternehmer das Risiko jedoch auslagern und die Auszahlung sicherstellen.
1. Direktversicherung
Bei der Direktversicherung handelt es sich um eine besondere Art der Lebensversicherung. Der Arbeitgeber schließt sie zugunsten seines Mitarbeiters ab. Bezugsberechtigt für die Leistungen sind der Arbeitnehmer beziehungsweise seine Hinterbliebenen. Die Leistungen erhält der Arbeitnehmer direkt vom Versicherer.
Der Beitrag kann vom Arbeitgeber getragen oder vom Arbeitnehmer im Rahmen der Entgeltumwandlung finanziert werden. Auch eine Teilung zwischen Chef und Mitarbeiter ist möglich.
2. Pensionszusage
Bei der Pensionszusage - auch Direktzusage genannt - verpflichtet sich der Arbeitgeber selbst, die vereinbarten Leistungen zu gewähren. Er ist damit Träger der Versorgung und sollte zur Finanzierung der Betriebsrente Rückstellungen bilden. Die Leistungen erhält der Arbeitnehmer direkt vom Arbeitgeber.
3. Pensionskasse
Die Pensionskasse ähnelt einer Lebensversicherung und wird von einem oder mehreren Unternehmen getragen. Der Arbeitgeber schließt zugunsten des Arbeitnehmers einen Versorgungsvertrag ab.
Der Beitrag kann vom Arbeitgeber getragen oder vom Arbeitnehmer im Rahmen der Entgeltumwandlung finanziert werden. Auch eine Teilung zwischen Chef und Mitarbeiter ist möglich.
4. Unterstützungskasse
Eine Unterstützungskasse ist eine rechtlich selbstständige Einrichtung, die betriebliche Altersvorsorge für einen oder mehrere Arbeitgeber durchführt. Der Arbeitgeber wird Mitglied in dieser Unterstützungskasse und zahlt Beiträge für seine Mitarbeiter ein.
Der Rechtsanspruch der Beschäftigten besteht nicht gegenüber der Unterstützungskasse, sondern direkt gegenüber ihrem Arbeitgeber.
5. Pensionsfonds
Seit 2002 können Arbeitgeber auch den Durchführungsweg über einen Pensionsfonds wählen. Dieser kann in Form einer Aktiengesellschaft oder eines Pensionsfondsvereins auf Gegenseitigkeit betrieben werden.
Beim Pensionsfonds handelt es sich um einen externen, rechtlich selbstständigen Versorgungsträger, der den Arbeitnehmern Leistungen der betrieblichen Altersversorgung gewährt und hierauf einen Rechtsanspruch einräumt.
Immer mehr in den Blickpunkt gerät beim Pensionsfonds die Möglichkeit, Pensionsverpflichtungen auf einen Pensionsfonds auszulagern. Durch die erhöhte Eigenkapitalquote verbessern sich die Möglichkeiten bei Kreditaufnahmen, die Bilanz wird verkürzt und auch die Unternehmensnachfolge kann frei von Pensionsverpflichtungen gestaltet werden.
Fazit: Jeder dieser Durchführungswege hat seine besonderen Vorteile für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Welcher Durchführungsweg den einzelnen Anforderungen gerecht wird, hängt von den betrieblichen Gegebenheiten ab und muss individuell geklärt werden. Hierzu sollte auf jeden Fall ein Experte zu Rate gezogen werden.
Grundsätzlich kann eine betriebliche Altersversorgung folgendermaßen finanziert werden:
- Finanzierung durch den Arbeitgeber, zum Beispiel als besondere Sozialleistung
- Finanzierung durch den Arbeitnehmer (Entgeltumwandlung)
- Mischform der Finanzierung, zum Beispiel dadurch, dass der Arbeitgeber jeden umgewandelten Euro des Arbeitnehmers mit einem bestimmten Zuschuss unterstützt
Entgeltumwandlung und Direktversicherung
Der Arbeitnehmer kann durch die sogenannte Entgeltumwandlung seine Betriebsrente erhöhen. Er führt, unabhängig vom Arbeitgeberbeitrag, einen Teil seines Bruttolohns in die bAV ab. Bis zu einer bestimmten Grenze bleibt dieser Betrag frei von Steuer- und Sozialabgaben.
Die Entgeltumwandlung ist zwar nicht an einen Durchführungsweg gebunden, üblich ist dafür jedoch die Direktversicherung, welche eine besondere Form der Lebensversicherung darstellt, die der Arbeitgeber für seine Angestellten abschließt. Diese Versicherung wird bei einem Arbeitsplatzwechsel dem nächsten Arbeitgeber übertragen und kann je nach Vereinbarung zusätzliche Versicherungen, wie z.B. Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenrente, beinhalten. Die Direktversicherung kann auch neben anderen Durchführungswegen abgeschlossen werden.
bAV für Geschäftsführende Gesellschafter
Eine Sonderstellung in der Versicherung durch die bAV nehmen in gewisser Weise Geschäftsführende Gesellschafter ein. Denn sie sind als Anteilseigner und als Angestellter mit Arbeitsvertrag Arbeitgeber und -nehmer zugleich. Da der Gesellschafter nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert ist, ist die zusätzliche bAV besonders wichtig. Zudem wird er als Geschäftsführer steuerlich Angestellten gleichgestellt und kann damit die steuerlichen Vorteile der bAV für sich nutzen.
Vorteile einer bAV für den Arbeitnehmer
- Sicherheit im Insolvenzfall des Arbeitgebers durch den Pensions-Sicherungs-Fonds
- Sicherheit bei Arbeitslosigkeit (grundsätzlich keine Anrechnung auf ALG II und Hartz IV)
- Hohe Rentabilität durch Steuer- und Sozialversicherungsersparnisse und Sonderkonditionen
- Entlastung und weiteres Standbein für den Eintritt ins Rentenalter Altersvorsorge
- Hohe Flexibilität
- Absicherung der Familie
- Anspruch auf Entgeltumwandlung zur Sicherung der Altervorsorge
- Bei Ausscheiden aus dem Betrieb kann der Vertrag mitgenommen werden
Sicherheit
Versorgungsanwartschaften und fällige Versorgungsleistungen aus einer betrieblichen Altersversorgung unterliegen einer gesetzlichen Insolvenzsicherungspflicht. Arbeitnehmer und Rentner werden bei Insolvenz des Unternehmens gegenüber anderen Gläubigern privilegiert und dadurch vor einem insolvenzbedingten Verlust ihrer Versorgungsleistungen geschützt.
Der Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) sichert die betriebliche Altersversorgung in Form von Pensionszusagen, Unterstützungskassen und Pensionsfonds sowie in bestimmten Fällen der Direktversicherung.
Zudem werden grundsätzlich für den Bezug von ALG II und Hartz IV keine Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgungsleistungen bei der Prüfung auf Bedürftigkeit herangezogen.
Ausnahmeregelung:
Pensionszusagen an beherrschende GGFs sind in der Regel nicht durch den PSV abgesichert. In der Praxis wird daher in diesen Fällen oft die Verpfändung der Rückdeckungsversicherung als Ersatz eingesetzt. Zwar kann der Insolvenzverwalter den Rückkauf der verpfändeten Rückdeckungsversicherung erwirken, er ist aber verpflichtet, den Ertrag daraus zur Sicherstellung der Versorgungsansprüche zu hinterlegen. Der Sicherungszweck der Verpfändung ist damit erreicht.
Mitarbeiterbindung
Durch eine arbeitgeberfinanzierte Versorgung erhöht der Arbeitgeber die Zufriedenheit seiner Mitarbeiter. Dadurch wird sowohl oft ihre Produktivität gesteigert und auch der Wunsch im Unternehmen zu bleiben. Schließlich kümmert sich der Unternehmer auch um seine persönliche Zukunft, was die meisten Arbeitnehmer sehr wohl zu schätzen wissen.
Auch kann ein Arbeitgeber statt einer Gehaltserhöhung dem Mitarbeiter beispielsweise eine arbeitgeberfinanzierte Direktversicherung anbieten (so ein Modell wird oft Gehalt auf Probe genannt). Der Beitrag des Arbeitgebers wird nicht durch zusätzliche Lohnkosten belastet, der Mitarbeiter bekommt eine betriebliche Altersversorgung statt einem vergleichsweise niedrigen Zuwachs im Nettoeinkommen und gleichzeitig hat der Mitarbeiter erst nach fünf Jahren auch Anspruch auf diese Versorgung. Wenn er vorher ausscheidet, verbleibt der Rückkaufswert beim Arbeitgeber.
Geringer Verwaltungsaufwand
Die betriebliche Altersversorgung ist wegen der einfachen Handhabung sehr beliebt. Die Verwaltung beim Arbeitgeber ist sehr einfach. Und der Mitarbeiter bekommt eine Versorgung, die seinem Rechtsanspruch entspricht, für ihn einfach zu verstehen ist und die er auch bei einem Arbeitgeberwechsel problemlos fortführen kann.
Zudem bietet der Versorgungsträger beziehungsweise der Versicherer dem Arbeitgeber eine maximale Entlastung bei der Durchführung der bAV.
Dank des Übertragungsabkommens aus dem Jahr 2006 sind jetzt nicht nur die Übertragungen innerhalb eines Durchführungswegs geklärt sondern erstmals auch die durchführungswegsübergreifende Übertragung bei Pensionskassen und Direktversicherungen.
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