Wertermittlung bei Schenkung einer Immobilie - Möglichkeiten und Alternativen
Immer mehr Immobilieneigentümer entscheiden sich dafür, ihr Objekt bereits zu Lebzeiten an den bzw. die potentiellen Erben zu verschenken, da sich hierdurch die Steuerlast für den Beschenkten u. U. deutlich mindern lässt. Nichtsdestotrotz muss der neue Eigentümer Steuern für die Schenkung zahlen, wenn der Wert des Objekts den entsprechenden Freibetrag überschreitet.
In diesem Fall berechnet das Finanzamt die Höhe der Steuern anhand eines Standardverfahrens auf Basis des Verkehrswerts der Immobilien. Diesbezüglich ist unbedingt darauf zu achten, dass sich keine Überbewertung der Immobilie ergibt, da diese eine höhere Steuerlast nach sich ziehen würde.
Um eine solche Überbewertung zu vermeiden, sollten Sie über das nötige Grundwissen bzgl. der verschiedenen Verfahren zur Bewertung einer Immobilie verfügen – auch wenn Sie in Betracht ziehen, ein Sachverständigengutachten anfertigen zu lassen, um dieses anschließend dem Finanzamt vorzulegen. Nachfolgend alle wichtigen Informationen zur korrekten Wertermittlung einer Immobilie bei Schenkung.
Welcher Wert muss ermittelt werden?
Gutachterlich ermittelt werden muss bei Immobilien im Rahmen einer Schenkung grundsätzlich der Verkehrswert, auch Marktwert genannt – und zwar zum Zeitpunkt der Einbringung (s. u.). Im englischsprachigen Bereich hat sich hierfür auch die Bezeichnung „Fair Market Value (FMV)“, also „fairer Marktwert“ etabliert.
Es handelt sich dabei um den Preis, für den die Immobilie auf dem freien Markt verkauft würde. Es ist der Preis, auf den sich ein handlungsbereiter Käufer und ein handlungsbereiter Verkäufer einigen würden, wobei keiner der beiden zwingend handeln muss und beide über eine angemessene Kenntnis der relevanten Fakten verfügen. Wird beispielsweise die Nutzung des geschenkten Objekts eingeschränkt, so muss der FMV diese Einschränkung widerspiegeln. Bei der Bewertung von Immobilien sind also alle Faktoren, die den Wert zum Zeitpunkt der Einbringung beeinflussen, zu berücksichtigen. In der Regel ist der Zeitpunkt der Einbringung dabei das Datum, an dem die Übertragung des Eigentums stattfindet.
Bestimmung des Marktwerts
Die Ermittlung des Wertes von geschenkten Immobilien wäre eine einfache Angelegenheit, wenn man sich nur auf feste Formeln, Regeln oder Methoden verlassen könnte. In der Regel ist es aber nicht so einfach. Die Anwendung solcher Formeln usw. führt nur selten zu einer akzeptablen Bestimmung des Marktwertes. Es gibt keine Formel, die bei der Ermittlung des Wertes für alle Immobilien gleichermaßen gilt. Das soll nicht heißen, dass eine Bewertung nicht möglich ist, bevor Sie ein Haus überschreiben, es müssen jedoch alle Fakten und Umstände berücksichtigt werden, die mit der betreffenden Immobilie zusammenhängen - zum Beispiel:
Bedingungen des Kaufs oder Verkaufs
Diese müssen bei der Bestimmung des Marktwertes berücksichtigt werden, wenn sie den Preis beeinflusst haben. Dazu gehören etwa alle Beschränkungen, Abmachungen oder Vereinbarungen, die die Nutzung oder Verfügung über die Immobilie einschränken.
Rate der Wertsteigerung oder -minderung
Sofern Sie nicht nachweisen können, dass ungewöhnliche Umstände vorlagen, wird davon ausgegangen, dass die Wertsteigerung oder -minderung des geschenkten Eigentums in einem angemessenen Verhältnis zu den Kosten stand. Bei zeitlichen Anpassungen kann ein Gutachter veröffentlichte Preisindizes über allgemeine Preistrends, Baukosten, Rohstoffkosten etc. berücksichtigen.
Reales Kaufangebot für die Immobilie
Ein Kaufangebot für die Immobilie kurz vor dem Bewertungsstichtag kann helfen, den Wert der Immobilie zu belegen, wenn die Person, die das Angebot gemacht hat, bereit und in der Lage war, die Transaktion abzuschließen. Um sich auf ein Angebot berufen zu können, sollten Sie einen Nachweis über das Angebot und den zu zahlenden Betrag vorlegen können.
Verkäufe von vergleichbaren Immobilien
Die Verkaufspreise von Immobilien, die mit der geschenkten Immobilie vergleichbar sind, sind oft wichtig für die Bestimmung des Marktwertes. Welches Gewicht den einzelnen Verkäufen beizumessen ist, hängt von Folgendem ab:
- Der Grad der Ähnlichkeit zwischen der verkauften Immobilie und der geschenkten Immobilie.
- Der Zeitpunkt des Verkaufs - ob er kurz vor dem Bewertungsstichtag stattfand.
- Die Umstände des Verkaufs, d. h. ob es sich um einen Verkauf mit einem sachkundigen Käufer und Verkäufer handelte, bei dem keiner der beiden handeln musste.
- Die Bedingungen auf dem Markt, auf dem der Verkauf stattfand - ob er ungewöhnlich inflationär oder deflationär war.
Sachwert / Wiederbeschaffungskosten
Die Kosten für den Kauf, den Bau bzw. die Herstellung eines der geschenkten Immobilie ähnlichen Objekts sollten bei der Bestimmung des Marktwertes berücksichtigt werden. Es muss jedoch ein angemessenes Verhältnis zwischen den Wiederbeschaffungskosten und dem Marktwert bestehen.
Probleme bei der Ermittlung des Marktwertes
Es gibt in der Praxis immer wieder eine Reihe von Problemen bei der Ermittlung des Marktwerts von geschenktem Eigentum:
Ungewöhnliche Marktbedingungen
Der Verkaufspreis der Immobilie selbst, der in einer Transaktion zu marktüblichen Bedingungen auf einem offenen Markt erzielt wurde, ist oft der beste Beweis für ihren Wert. Wenn Sie sich auf Verkäufe vergleichbarer Immobilien stützen, müssen diese Verkäufe auf einem freien Markt getätigt worden sein. Wenn diese Verkäufe auf einem Markt getätigt wurden, der künstlich gestützt oder stimuliert wurde, so dass er nicht wirklich repräsentativ ist, geben die Preise, zu denen die Verkäufe getätigt wurden, nicht den realen Marktwert an.
Auswahl der vergleichbaren Verkäufe
Verkäufe vergleichbarer Immobilien sind ein wichtiger Faktor zur Ermittlung des Marktwertes von geschenkten Immobilien. Das Gewicht, das einem Verkauf beigemessen wird, hängt jedoch vom Grad der Ähnlichkeit zwischen den vergleichbaren und der geschenkten Immobilie ab.
Zukünftige Ereignisse
Unvorhergesehene Ereignisse, die nach der Schenkung des Eigentums eintreten, dürfen bei der Bewertung nicht berücksichtigt werden. Sie dürfen nur die Fakten berücksichtigen, die zum Zeitpunkt der Schenkung bekannt waren und mit denen zum Zeitpunkt der Schenkung gerechnet werden konnte.
Verwendung vergangener Ereignisse zur Vorhersage der Zukunft
Ein häufiger Fehler besteht darin, sich zu sehr auf vergangene Ereignisse zu verlassen, die die wahrscheinlichen zukünftigen Erträge und den Marktwert nicht angemessen widerspiegeln.
Muss das Finanzamt das Wertgutachten eines Sachverständigen anerkennen?
Fall Sie die Ermittlung des Marktwertes Ihrer Immobilie einem Sachverständigen überlassen haben, stellt sich die Frage, ob das Finanzamt das daraus resultierende Gutachten anerkennen muss. Fakt ist: Es muss nicht anerkannt werden. So hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg unter dem Aktenzeichen 3 K 3178/17 entschieden, dass die verbindliche Marktwertbestimmung nur durch ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen möglich ist. Allerdings erkennen in der Praxis viele Finanzämter auch Gutachten von nicht vereidigten Sachverständigen an. Im Zweifel sollten Sie zuvor mit Ihrem Finanzamt sprechen und dort Auskünfte zum Umgang mit solchen Gutachten einholen.