Widerruf des Franchise-Vertrages
Ein befristetes Widerrufsrecht des Franchise-Nehmers kann sich aufgrund von Verbraucherschutzbestimmungen (§§ 505, 507, 355 BGB) ergeben.
Auch wenn der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 24.02.2005 (BGH, NJW 2005, S. 1273, 1274) den existenzgründenden Franchise-Nehmer beim Abschluss des Franchise-Vertrages nicht als Verbraucher, sondern als Unternehmer (§ 14 BGB) eingeordnet hat, kann einem Franchise-Nehmer nach Abschluss des Franchise-Vertrages ein Widerrufsrecht zustehen, soweit dieser eine Bezugsverpflichtung des Franchise-Nehmers, also die vertragliche Pflicht, bestimmte Waren oder Dienstleistungen beim Franchise-Nehmer oder einem von ihm benannten Dritten zu beziehen, vorsieht (§ 505 Abs. 1 Nr. 3 BGB).
Der Widerruf umfasst zunächst nur die Bezugsverpflichtung, wirkt sich aber über § 139 BGB auf den gesamten Franchise-Vertrag aus und führt zu dessen Rückabwicklung.
Vorrausetzung für ein Widerrufsrecht ist jedoch, dass es sich bei dem Franchise-Nehmer um einen Existenzgründer im Sinne des § 507 BGB handelt. § 507 BGB bestimmt, dass ein Widerrufsrecht auch natürlichen Personen zu gewähren ist, die sich ein Darlehen, einen Zahlungsaufschub oder eine sonstige Finanzierungshilfe für die Aufnahme ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit gewähren lassen oder zu diesem Zweck einen Ratenlieferungsvertrag schließen, es sei denn, der Nettodarlehensbetrag oder Barzahlungspreis übersteigt 50.000 Euro. Bei Ratenlieferungsbeträgen ist hier der Gesamtbetrag aller künftigen Teilzahlungen maßgebend.
Die Anwendung dieser auf Darlehen- und Ratenlieferungsverträge klassisch zugeschnittenen Vorschrift auf Franchise-Verträge ist bis zum heutigen Zeitpunkt nicht hinreichend geklärt. Eine höchstrichterliche Entscheidung ist nicht bekannt.
Problematisch ist, dass beim Franchising regelmäßig eine sog. "offene Bezugsverpflichtung" vorliegt und zum Zeitpunkt des Abschlusses des Franchise-Vertrages der Umfang der künftigen Gesamtverpflichtung des Franchise-Nehmers gerade noch nicht feststeht.
Nach einer Auffassung findet § 507 BGB auf Franchise-Nehmer keine Anwendung, so dass ihnen grundsätzlich uneingeschränkt ein Widerrufsrecht eingeräumt werden muss. Hält man dagegen § 507 BGB für anwendbar, soll nach anderer Ansicht zur Ermittlung der Gesamtbelastung des Franchise-Nehmers eine Verpflichtungsprognose zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bis zur frühestmöglichen, ordentlichen Beendigung des Vertrages maßgeblich sein und über das Bestehen eines Widerrufsrechtes entscheiden.
In der Praxis wird offensichtlich ganz allgemein davon ausgegangen, dass dem Franchise-Nehmer ein gesetzliches Widerrufsrecht gemäß §§ 355, 505 BGB zusteht, da nach unseren Erfahrungen regelmäßig in Franchise-Verträgen Widerrufsbelehrungen zu finden sind.
Im Übrigen soll nach einer Entscheidung des Landgerichts Zwickau (Urteil vom 25.02.2000, Az.: 2 O 11/ 98) ein Widerrufsrecht des Franchise-Nehmers jedenfalls dann bestehen, wenn der Franchise-Nehmer freiwillig eine Widerrufsbelehrung in den Franchise-Vertrag aufgenommen hat.
Bei Vorliegen einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung hat der Franchise-Nehmer nach Abschluss des Franchise-Vertrages ein 14-tägiges Widerrufsrecht. Ist der Franchise-Nehmer über das Widerrufsrecht nicht ordnungsgemäß belehrt worden, erlischt dieses jedoch nach § 355 Abs. 3 S. 3 BGB nicht. Ein Muster für eine ordnungsgemäße Belehrung ist vom Gesetzgeber in § 14 Abs. 1 BGB-Informationspflichten-Verordnung (BGB-InfoV), Anlage 2 vorgegeben worden. Wird dieses vom Franchise-Geber verwandt, ist nach herrschender Ansicht in der Literatur von einer ordnungsgemäßen Belehrung auszugehen.
Ein Muster für eine Belehrung ist vom Verordnungsgeber in der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-Informationspflichten-Verordnung (BGB-InfoV) vorgegeben worden. Wurde dieses vom Franchise-Geber verwandt, ist bislang in der Literatur von einer ordnungsgemäßen Belehrung ausgegangen worden.
Zu beachten ist jedoch, dass bereits die Literatur kritisiert hatte, dass der Verordnungsgeber sich nicht an die Vorgaben des Gesetzgebers im § 355 BGB gehalten habe, da das Muster der Widerrufsbelehrung unklar ist und zu Unrecht den Beginn der Widerrufsfrist mit Erhalt der Widerrufsbelehrung als zu laufen ansieht.
In einer spektakulären Entscheidung hat dies nunmehr das Landgericht Halle (BB 2006, S. 1817 / Aktenzeichen: - 1 S 28/05) zum Anlass genommen, das Muster der Widerrufsbelehrung der BGB-Informationspflichten-Verordnung für nichtig zu erklären. Die Verwender dieser Belehrung könnten sich auch nicht darauf berufen, dass für diese Widerrufsbelehrung die Vermutung der Ordnungsmäßigkeit streite. Aus diesem Grunde seien Verbraucher bei Erhalt einer Widerrufsbelehrung nach diesem Muster nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden.
Ob diese Entscheidung auch vom Bundesgerichtshof geteilt wird, bleibt abzuwarten. Da nach unseren Erfahrungen in der Praxis durchweg alle Franchise-Geber das Muster der Widerrufsbelehrung der BGB-Informationspflichten-Verordnung nutzen, bestehen gegenwärtig jedoch Anknüpfungspunkte für Franchise-Nehmer, sich auch noch nachträglich von ihrem Franchise-Vertrag lösen zu können, da bei einer nicht ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung grundsätzlich das Widerrufsrecht nicht erlischt (§ 355 Abs. 3 Satz 3 BGB).