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Sanktionsmöglichkeiten

Sanktionsmöglichkeiten gegen Plagiatoren

Stellt ein Unternehmen fest, dass Fälschungen seiner Produkte im Umlauf sind, sollten sofort rechtliche Schritte unternommen werden.


1. Was können Unternehmer tun?

Erkennt ein Unternehmen, dass eigene Schutzrechte verletzt worden sind, ist es ratsam, den Kontakt zu Ermittlern, Anwälten und Behörden des Landes aus dem die Fälschungen kommen, zu suchen. Vorher sollte Folgendes vorbereitet werden:

  • Nachforschungen: Wer vertreibt die Plagiate in den Herkunftsländern bzw. welche Stationen passiert die Ware auf dem Lieferweg?
  • Beweise sammeln: Fälschung, Verpackungen, Informationsmaterial
  • Zusammenstellung aller Dokumente, die die Sicherung der Schutzrechte belegen.
  • Anwälte und Dedekteien zur Unterstützung heranziehen

Dieses Vorgehen wird im Couterfeiting Guide des europäischen Dachverbands der Investitionsgüterindustrie, Orgalime, empfohlen.

a. Verletzung gewerblicher Schutzrechte
Wurden gewerbliche Schutzrechte angemeldet, bestehen folgende rechtliche Ansprüche gegen Produkt- bzw. Markenfälscher:

  • zivilrechtliche Sanktionen: Unterlassungsansprüche, Schadensersatzansprüche
  • strafrechtliche Sanktionen: Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren
  • Vernichtungsansprüche
  • Auskunftsansprüche (über Herkunft und Vertriebsweg)

Höhe und Art der Strafe hängen von dem jeweiligen Schutzrecht (Geschmacksmuster, Urheberrecht, Patent, Gebrauchsmuster, Topographie, Marke) ab, das verletzt wurde.

b. Verletzung des Wettbewerbsrechtes
Vor Gericht können Strafen mit der Verletzung des Wettbewerbsrechts (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)) begründet werden. Je nachdem, welche Straftat vorliegt, gibt es folgende Möglichkeiten:

  • Beseitigung der Piraterieware und im Wiederholungsfalle die Unterlassungsklage
  • Zahlung von Schadensersatz
  • Gewinnabschöpfung: Der Gewinn, der mit den gefälschten Produkten erzielt wurde, muss an den Bundeshaushalt abgeführt werden.

2. Grenzbeschlagnahme – Das Instrument des Zolls

a. Allgemeines
Die amtlich korrekte Bezeichnung für das gemeinschaftliche Verfahren ist "Aussetzung der Überlassung von Waren" bzw. auf nationaler Ebene "die nationale Beschlagnahme". Aufgrund der Bekanntheit des Begriffes "Grenzbeschlagnahme", wird dieser aber weiterhin im allgemeinen Sprachgebrauch verwendet.

Um das Grenzbeschlagnahmeverfahren in Anspruch nehmen zu können, muss ein Unternehmen bereits die Registrierung der Schutzrechte vorgenommen haben. Ist dies der Fall, bietet die Grenzbeschlagnahme ein wirksames Mittel im Kampf gegen Produktpiraterie.


b. Was bedeutet Grenzbeschlagnahme?
Die Grenzbeschlagnahme kann beim Zoll beantragt werden, wenn ein Schutzrechtsinhaber den begründeten Verdacht hat, dass Waren im- oder exportiert werden bzw. wurden, die eines oder mehrere seiner Schutzrechte verletzen:

  • Markenrecht
  • Urheberrecht
  • Geschmacksmusterrecht
  • Patentrecht
  • ergänzende Schutzzertifikate
  • Sortenschutzrecht
  • Ursprungsbezeichnung und geografische Angaben

Dabei kontrollieren die Zollmitarbeiter nicht nur an den Grenzen, sondern auch im Inland: in Binnenzollämtern, an Freihäfen und mit mobilen Kontrollgruppen. Kern und Ziel der europäischen Grenzbeschlagnahme ist es, durch Kontrollen zu verhindern, dass gefälschte Waren die Grenzen der Europäischen Union passieren können (Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr).



Im Rahmen des nationalen Beschlagnahmeverfahrens ist es möglich, dass der Zoll verdächtige Ware zurückhält, die aus Nachbarländern nach Deutschland eingeführt wird.


Der Zoll hat dabei lediglich eine Anhaltefunktion. Die Mitarbeiter entscheiden nicht selbst, ob es sich um Originale oder Fälschungen handelt. Diese Aufgabe kommt dem Originalhersteller zu.


Die meisten Grenzbeschlagnahmeverfahren in Deutschland werden auf Grundlage von EU-Recht durchgeführt. Im Jahr 2004 gab es nach Angaben des Markenverbandes europaweit 22.311 Zollverfahren, wobei über 100 Mio. Artikel beschlagnahmt wurden. Davon verletzen 74 Prozent Markenrechte und 21 Prozent Urheberrechte, Patente und andere Schutzrechte.


In folgenden Fällen kann die Beschlagnahme auf nationaler Ebene stattfinden:

  • Schutzrechtsverletzungen durch Parallelimporte
  • bei Warenverkehr innerhalb der europäischen Gemeinschaft
  • bei Verletzung nicht registrierter Markenrechte und Gebrauchsmuster- und Halbleiterschutzrechte.

Im Jahr 2004 gab es in Deutschland 6.819 Beschlagnahmeverfahren, bei denen insgesamt über 15 Mio. Artikel beschlagnahmt wurden. Davon verletzten 95 Prozent der Produkte Markenrechte und 5 Prozent andere Schutzrechte.


c. Das Verfahren nach EU-Recht
Das gemeinschaftliche Verfahren ist kostenlos. Der Antrag ist ein Jahr gültig, kann aber verlängert werden.

Es gibt zwei Möglichkeiten, den Antrag auf Tätigwerden des Zolls zu stellen. Erstens können von Produkt- und Markenpiraterie betroffene Unternehmen bei begründetem Verdacht, dass Fälschungen die EU-Grenzen passieren, die Grenzbeschlagnahme schriftlich bei der Zentralstelle Gewerblichen Rechtsschutzes beantragen.

Der zweite Weg: Stoßen Zollmitarbeiter auf potentielle Fälschungen, wird der Schutzrechtsinhaber kontaktiert. Daraufhin hat er drei Tage Zeit, den Antrag auf Tätigwerden des Zolls nachträglich zu stellen.

Für den Fall, dass seine Vermutung falsch ist, muss der Schutzrechtsinhaber eine Haftungserklärung unterschreiben. Dem zu unrecht  Beschuldigten müssen dann die entstandenen Kosten erstattet werden (Schadensersatz). Außerdem sind in dem Fall dem Zoll die Kosten für das Festhalten der Ware zu erstatten.

Nachdem der Antrag gestellt wurde, kann der Zoll im Rahmen der Abfertigungskontrolle prüfen, ob durch die Waren angemeldete Schutzrechte verletzt werden. Erwecken bestimmte Produkte den Verdacht gefälscht zu sein, werden diese zurückgehalten.

Bisher konnte die beschlagnahmte Ware nur vernichtet werden, wenn die Verletzung des Rechts gerichtlich festgestellt wurde. Die neue Grenzbeschlagnahmeverordnung sieht ein vereinfachtes Verfahren vor, wonach die Vernichtung auch dann möglich ist, wenn der Verfügungsberechtigte nicht innerhalb einer bestimmten Frist widerspricht. Sein Schweigen gilt dann als Zustimmung. Diese Regelung, die in Deutschland früher schon einmal gegolten hat, ist in den Mitgliedstaaten jetzt aber nur anwendbar, wenn das jeweilige innerstaatliche Recht dies ausdrücklich so bestimmt. Das am 11. April 2008 verabschiedete Gesetz sieht dies vor.

d. Die nationale Beschlagnahme
Die nationale Grenzbeschlagnahme unterscheidet sich von der europäischen in folgenden Punkten:

1. Bei Parallelimporten und innergemeinschaftlichem Handel mit Fälschungen hilft nur die nationale Beschlagnahme. Das gemeinschaftliche Verfahren kann hier nicht tätig werden.

2. Es muss keine Haftungserklärung abgegeben werden. Stattdessen dient als Sicherheit eine Bankgarantie.

3. Die Schutzrechtsverletzung muss deutlich erkennbar sein.

4. Ohne vorherigen Antrag wird der Zoll nicht tätig. Es gibt keine Möglichkeit, diesen nachträglich zu stellen.

5. Der Antrag auf Tätigwerden ist zwei Jahre lang gültig.

e. Tipps für die Zusammenarbeit mit dem Zoll
Es ist ratsam, dass Unternehmen, die einen Grenzbeschlagnahmeantrag stellen, den Zoll bei den Kontrollen unterstützen. Dies ist möglich, indem Positivlisten – mit Merkmalen der Originalware - und Negativlisten – mit Merkmalen der Fälschungen - beim Zoll vorgelegt werden.

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