Wollten Sie schon immer Unternehmer werden oder sind Sie erst durch den Businessplan-Wettbewerb dazu gekommen?
Dr. Torsten Neuefeind: Ohne den Wettbewerb wäre ich zum damaligen Zeitpunkt sicher kein Unternehmer geworden, sondern hätte mich auf meine Promotion konzentriert. Doch dann hat die Wettbewerbsjury bereits das erste Exposé der Geschäftsidee so positiv beurteilt, dass sich daraus eine regelrechte Eigendynamik entwickelt hat. Allerdings hatte ich mir ein Zeitlimit dafür gesetzt, bis wann der Businessplan und die Kapitalsuche abgeschlossen sein sollten. Hätte das nicht geklappt, wäre ein Anlauf später erfolgt oder ich wäre in die Industrie gegangen.
War es 1998 leichter als heute, einen Kapitalgeber für ein Start-up zu finden?
Neuefeind: Die Auswahl an Investoren war damals deutlich größer als sie meiner Ansicht nach heute ist. Deshalb war es kein Problem, genügend Interessenten zu finden, die bereit waren, auch viel Geld in eine Unternehmensgründung zu investieren. Die besondere Herausforderung war jedoch, jenen Kapitalgeber zu finden, der am besten zu meinen Geschäftszielen und mir passt. Denn es geht ja nicht nur um Geld. Wenn die menschliche und unternehmerische Konstellation nicht stimmt, führt auch eine hohe Beteiligungssumme nicht zum Erfolg.
Henry Ford sagte: Dem Geld darf man nicht nachlaufen, man muss ihm entgegenkommen. War diese Erkenntnis auch für Sie ein Leitmotiv bei der Kapitalsuche?
Neuefeind: Dass man dem Geld entgegenkommen muss, sehe ich genauso. Nur sollte man sich als Unternehmer nicht verbiegen, um Kapital zu bekommen. Deshalb ist es wichtig, sich zunächst bewusst zu machen, was man unternehmerisch für realisierbar hält und was einem persönlich wichtig ist. Meine Überzeugung ist, dass man dem Geld sowohl des Investors als auch des Kunden nur dann erfolgreich entgegenkommen kann, wenn man authentisch ist. Am Ende allerdings ist der Markt entscheidend.
Warum haben Sie sich für die BayBG als Investor entschieden?
Bereits beim ersten Gespräch habe ich gemerkt, dass mein Geschäftsmodell nicht nur inhaltlich verstanden wurde, sondern dass auch meine Geschäftsziele geteilt wurden. Es ging nicht in erster Linie um eine schnelle und möglichst hohe Rendite für die BayBG oder gar einen kurzfristigen Exit, sondern um den nachhaltigen und stabilen Aufbau von Proteros . Das hat mir sowohl menschlich als auch unternehmerisch ein gutes Gefühl gegeben, den richtigen Kapitalpartner gefunden zu haben. Und obwohl mein damaliger Kontaktpartner inzwischen im Ruhestand ist, hat sich die gute Zusammenarbeit mit der BayBG kontinuierlich weiterentwickelt. Diese Kontinuität ist ein weiterer Grund dafür, warum ich davon überzeugt bin, dass ich den richtigen Beteiligungspartner gewählt habe.
Gibt es außer dem Kapital einen Mehrwert, den die BayBG einbringt und der für Sie hilfreich ist?
Neuefeind: Den wichtigsten Mehrwert habe ich schon genannt: Wir haben das gemeinsame Ziel, aus Proteros langfristig ein erfolgreiches Unternehmen zu machen und ein überdurchschnittliches und profitables Wachstum zu realisieren. Daraus ist eine Partnerschaft entstanden, die nicht nur eine Investor-Unternehmer-Beziehung ist, sondern vielmehr eine unternehmerische Allianz. Was mir in den vergangenen Jahren auch sehr geholfen hat, waren die unternehmerischen Anregungen, die ich von der BayBG bekommen habe. Und was für mich ebenso wichtig ist: Die BayBG hält sich aus dem operativen Geschäft heraus. Das ist ein Vertrauensbeweis, den ich sehr schätze.
Was überzeugt die Kunden Ihrer Meinung nach an Proteros?
Neuefeind: Wir halten, was wir versprechen und legen großen Wert auf Qualität und Leistungsstärke. Eigentlich sind dies unternehmerische Selbstverständlichkeiten, doch offenbar unterscheiden wir uns dadurch von Mitbewerbern. Auf diese Weise konnten wir zu unseren Kunden ein stabiles Vertrauensverhältnis aufbauen, was gerade bei den Forschungskooperationen, aus denen unser Geschäft besteht, eine große Rolle spielt. Auch beim Einstieg in den amerikanischen Markt waren Zuverlässigkeit und Leistungsstärke entscheidende Türöffner, die sich herumgesprochen hatten.
Leitet sich aus dieser Haltung auch Ihre Unternehmenskultur ab?
Neuefeind: Ja, unsere Unternehmenskultur ist eine Teamkultur, die sich Schritt für Schritt entwickelt hat. Es hat lange gedauert, bis wir die passende Kernmannschaft aufgebaut haben, die nicht nur qualifiziert ist, sondern sich auch mit dem Unternehmen und seinen Zielen identifiziert. Jeder Mitarbeiter weiß im Wesentlichen, wo Proteros steht und wo wir hin wollen. Das zeigt sich auch daran, dass jedem der Erfolg beim Kunden wichtig ist und jeder Mitarbeiter bereit ist, sich dafür die Beine auszureißen. Um diese Kundenorientierung zu unterstützen - erzielen kann man sie alleine dadurch allerdings nicht -, haben wir unter anderem ein sehr transparentes Vergütungssystem mit einer nachvollziehbaren Erfolgsbeteiligung eingeführt. Und damit sowohl wir als auch neue Mitarbeiter prüfen können, ob wir zusammenpassen, schließen wir zunächst nur Zweijahresverträge ab. Dadurch haben wir inzwischen ein großartiges Team, das unsere Unternehmenskultur lebt und maßgeblich zum Erfolg beiträgt.
Gab es auch unternehmerische Rückschläge, und wenn ja, wie sind Sie damit umgegangen?
Neuefeind: Ungefähr drei Jahre nach der Gründung gab es einen herben Einschnitt, als unser Hauptkunde, mit dem wir zuletzt sehr erfolgreich ein riesiges Projekt bewältigt hatten, kurzfristig abgesprungen ist. Die Gründe hatten mit uns nichts zu tun, sondern lagen in einem Merger, doch der Geschäftsverlust war enorm. Daraus habe ich gelernt, auch bei Sonnenschein nach Gewitterwolken Ausschau zu halten. In dieser Krisensituation hat sich die gute Zusammenarbeit mit der BayBG ebenfalls bewährt. Wir haben offen darüber gesprochen und gemeinsam unser Geschäftsmodell so überarbeitet, dass wir zwei Jahre später von der neuen Ausrichtung enorm profitieren konnten.
Würden Sie unternehmerisch heute etwas anders machen als bei der Gründung von Proteros?
Neuefeind: Im Wesentlichen nicht, lediglich bei zwei Dingen würde ich etwas anders vorgehen. Zum einen würde ich frühzeitiger ein professionelles Controlling einrichten. Dieser Aspekt wird von vielen Jungunternehmern vernachlässigt, ist jedoch ganz entscheidend, nicht nur um einen Überblick über die Finanzen zu haben. Zum anderen würde ich meine eigene Investitionsbereitschaft intensiver hinterfragen. Welche Investments sind strategisch notwendig und sinnvoll? Da war ich anfangs sicher recht konservativ und übervorsichtig.
Was zeichnet Ihrer Meinung nach einen guten Unternehmer aus?
Neuefeind: Jemand, der das Unternehmen auf seine Kompetenzen fokussiert, nah am Markt und Kunden ist und vor allem alles Notwendige für die Umsetzung unternimmt. Der nicht in erster Linie an seinen eigenen Vorteil oder seine Vita denkt, sondern an den Erfolg des Unternehmens. Und dem es gelingt, dies über einen langen Zeitraum hinweg durchzuhalten.
Was war Ihr größter unternehmerischer Erfolg und welches nächste Ziel streben Sie an?
Neuefeind: Die größten Erfolge waren, ganz zu Beginn, erstmal zu sehen, dass für das bis dahin neue Leistungsangebot der Firma Proteros überhaupt ein Markt vorhanden ist und dieser sich weiterentwickelt. Später dann, vor zwei Jahren, dass es uns gelungen ist, in den USA und in Japan Fuß zu fassen. Zu sehen, dass man in diesen großen und schwierigen Märkten punkten kann, war phantastisch. Damit stehen wir international auf Augenhöhe unter den Top Zwei der führenden Anbieter. Jetzt kommt es darauf an, die nächsten Wachstumsschritte zu definieren und auch gut umzusetzen. Dabei wird es darum gehen, unsere Produktpalette zu erweitern und neue Märkte zu erschließen.
Wir danken Ihnen für dieses Gespräch.
Das Interview führte Monika Thiel am 26. Juni 2008 für die Gesprächsreihe "Entrepreneure im Dialog" des Münchener Business Plan Wettbewerbs und Monika Thiel , PR-Consulting.