förderland: Guten Tag Frau Barrera, Gründerinnen-Consult Hannover hat ein Angebot entwickelt, bei der Gründerinnen sich selbst und ihre Geschäftsidee auf Tauglichkeit für das Unternehmertum testen können.
Erzählen Sie uns doch bitte, worum es sich dabei handelt!
Daniela Spott de Barrera: Unser Projekt heißt "Unternehmerinnen auf Probe" und unser Motto lautet "Raus aus der Wohnzimmer-Werkstatt – rein ins Geschäftsleben". Das heißt, wir wollen möglichst vielen Frauen, die qualitativ gute Produkte herstellen oder auch Dienstleistungen anbieten, zur Gründungsklärung und zum Einstieg in den Markt verhelfen. Sie bekommen bei uns die Chance, ihr Angebot in einem Ladengeschäft mit echten Kunden zu testen. Und das geschieht, bevor sie selbst gründen.
Die Frauen erfahren praktisch, was es tatsächlich bedeutet, ein Geschäft zu betreiben. Sie können erleben, wie es ist, Verkaufsgespräche zu führen. Sie lernen von unserer Verkaufstrainerin, wie man mit den Kunden umgeht und was alles rund um den Betrieb zu tun und zu bedenken ist. Außerdem bekommen sie direkte Kundenreaktionen auf ihre Produkte, erfahren also ganz unmittelbar, ob ihr Angebot gut ankommt oder nicht und wer ihre potentielle Zielgruppe ist. All das ist wichtig für den späteren Erfolg einer Gründung, wie auch die begleitende Gründungsberatung durch uns und unsere KooperationspartnerInnen. Die gründungsinteressierten Frauen werden an die Themen Teamgründung und Verkaufsgemeinschaften herangeführt.
Männer müssen draußen bleiben - warum?
Barrera: Es gibt viele kreative Frauen, doch die Gründungstatistik spricht eine andere Sprache. Immer noch ist der Anteil der Frauengründungen im Kreativbereich zu gering im Vergleich zu männlichen Gründungen. Dass die Kreativ- und Kulturbranche ein Wachstumsmarkt ist, bestätigt die Bundesregierung mit ihrem Konzept der Kompetenzzentren. Gründerinnen-Consult Hannover, ein Geschäftsbereich der Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft hannoverimpuls GmbH hat den Auftrag vom Land Niedersachsen mit Unterstützung der EU, den geringen Frauenanteil an Gründungen zu steigern und Gründerinnen gleichen Zugang zu dem Wachstumsmarkt Kreativbranche zu erschließen.
Wer kann sich für das Projekt bewerben und bis wann?
Barrera: Wir freuen uns über alle Bewerbungen von Frauen, die noch nicht gegründet haben, die sich z.B. als Wiedereinsteigerinnen nach einer Familienpause selbstständig machen wollen oder von Arbeitslosigkeit bedroht sind und in der Gründung eine Perspektive sehen. Auch Fach- oder Hochschulabsolventinnen können als "Unternehmerinnen auf Probe" ihren Einstieg ins Berufsleben finden. Bewerben können sie sich jederzeit, je früher desto besser.
Gibt es irgendwelche Voraussetzungen, die die Bewerberinnen erfüllen müssen?
Barrera: Sie müssen die oben genannten Kriterien erfüllen und ihre Produkte oder Dienstleistung in einer schriftlichen Bewerbung unserer Jury vorlegen. Unsere Juroren von der Handwerkskammer Hannover, von GEDOK e.V. und der Fachhochschule Hannover wählen gemeinsam mit uns die Teilnehmerinnen aus. Wir achten dabei auf die Marktperspektive und die Qualität der Produkte bzw. bei den Dienstleisterinnen auf ihre Qualifikation.
Ansonsten müssen die Bewerberinnen Zeit haben, in unserem Ladengeschäft "durchbruch – Design & Leben" in Hannover-Linden mindestens 4 Wochen lang halbtags (Dienstag bis Samstag) am Verkauf teilzunehmen.
Was für zusätzliche Workshops und Veranstaltungen gibt es denn für die "Unternehmerin auf Probe" in den 8 Wochen? Oder ist sie da völlig auf sich allein gestellt?
Barrera: Auf keinen Fall. Unser Ziel ist es, die Frauen in eine erfolgreiche Unternehmensgründung zu begleiten. Deshalb bieten wir das theoretische Marketing-Wissen rund um die Gründung an. Unsere ersten Teilnehmerinnen haben schon vor Eröffnung des Ladens Grundkenntnisse in Workshops zu Themen wie "Verkaufstraining" oder "Werbemitteleinsatz" gesammelt. Auch "Preiskalkulation" ist gerade in der Kreativwirtschaft ein sehr wichtiges Thema, das wir anbieten. Zur Gründung von Verkaufsgemeinschaften wird es Workshops geben. Außerdem veranstalten wir Netzwerkabende, bei denen wir Frauen die Möglichkeit geben, in Kontakt mit Hannovers Geschäftsleuten und den Branchen-KollegInnen zu kommen.
Gibt es denn noch weitere Angebote, um sich als Unternehmer/ in zu testen?
Barrera: Es gibt auch andere Formen der Gründungsklärung. Alle gründungsinteressierten Frauen können das breite Spektrum der Gründungsberatung und Intensiv-Coaching zur Geschäftsidee, zum Businessplan, zur Unternehmerinnenpersönlichkeit von hannoverimpuls nutzen. Selbstverständlich trainieren sie bei jeder Beratung auch den eigenen Auftritt, und können ihre Idee in "Form" bringen. Ein Spezialangebot ist unser Mentoring-Programm, wo Teilnehmerinnen erfahrene Unternehmerinnen zur Seite gestellt werden. Bei unseren Kooperationsparterinnen wie z.B. Handwerkskammer können handwerklich ausgerichtete Gründerinnen ebenfalls ein Mentoringprogramm nutzen.
Werden speziell Gründerinnen Ihrer Meinung nach ausreichend vom Staat gefördert oder gibt es da noch einen Verbesserungsbedarf? Sollten Gründerinnen noch mehr gefördert werden?
Barrera: Gut ist: Die Bundesregierung und alle Bundesländer sehen nicht mehr vorbei an dem Potenzial "Gründerinnen".
Es fehlt: Die geschlechtsbezogenen Unterschiede wie Finanzierung, Unternehmensgröße, familiäre Verpflichtung, Ausgangssituationen sollten in der Gestaltung von Förderprogrammen berücksichtigt werden und ganz wichtig, es sollten zielgruppenspezifische Qualitätsstandards in den Projekten und Programmen gefordert werden. Das trägt zur besseren Wirkung der Programme bei, weil damit Existenzgründungen von Frauen gefördert werden.
Gründerinnen unter sich - ist das auf Dauer ein Konzept? Immerhin sind viele Entscheidungsträger, Investoren und Multiplikatoren Männer?
Barrera: Die Gründerinnen sind nicht auf Dauer "unter sich", sondern für diese Startphase von 4-8 Wochen und immer mal wieder sporadisch, wenn sie an einem Gründerinnen-Netzwerkabend teilnehmen wollen. Unsere Teilnehmerinnen stellen alle ihre Produkte selbst her. Einigen werden wir zu gemeinschaftlichen Gründungen raten, weil Produktion und Verkauf parallel auf Dauer eine große Belastung darstellen. Aber gerade deshalb macht es Sinn, dass die Gründerinnen zunächst unter sich sind: Frauen kennen ihre Bedürfnisse, Arbeits- und Lebensbedingungen, da klappt die Kommunikation über Aufgabenverteilung und Abläufe meist sogar besser!
Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg mit dem Projekt!