Wie man sich bettet, so liegt man: Erfolgsfaktoren für den Handel mit Matratzen
Probeliegen nur in Plastikfolie, ein tagelanger Marathon durch Einrichtungsgeschäfte sowie Liefer- oder Transportschwierigkeiten: Das sind nur drei Gründe für Kunden, Matratzen online zu kaufen. Auf der anderen Seite ist das Geschäft mit dem Schlaf für Start-ups wie Casper und Eve Mattress alles andere als eine schnarchige Angelegenheit: So hatten Investoren 2013 mehr als eine halbe Milliarde US-Dollar in das amerikanische Unternehmen Casper Sleep gesteckt; Eve Mattress hat vor vier Jahren die Nische in Deutschland für sich entdeckt und agiert seitdem erfolgreich auf dem deutschen Markt. Die Matratzen werden hierzulande jedoch nur hergestellt, das Design kommt aus London. Die Vision, die die Gründer zum Schritt in die Selbstständigkeit bewogen, erklären sie auf ihrer Unternehmenswebsite: Anders als die üblichen Einrichtungshäuser bietet Eve Mattress den Kunden beispielsweise 100 Tage Probeschlafen an.
Das Geschäftsmodell: Eine Einheitsmatratze für alle
Während die Auswahl an Härtegraden, Liegezonen und Füllungen im Geschäft vor Ort schier unendlich erscheint, handelt sich bei der eve um eine 24 Zentimeter hohe Einheitsmatratze mit drei Lagen, die allen Anforderungen gerecht werden soll. Das gleiche Prinzip verfolgen auch die Hersteller von Casper, Emma und Felix; Lieferung und Rücksendung sind bei allen kostenlos. Dass Kunden beim Matratzenkauf Körpergröße und -gewicht sowie den Schlaftyp (Seiten-, Rücken-, Bauchschläfer) berücksichtigen müssten, hält Casper-Chef Philip Krim für einen Mythos. So ist es wenig erstaunlich, dass sich die Geschäftsmodelle der Mitbewerber ähneln: Auf lokale Stores verzichten die Start-ups ebenso wie auf Zwischenhändler – womit sie einiges an Personalkosten und Ladenmieten einsparen. Zudem ist der Markt groß, die Margen hoch und die Retourenrate vergleichsweise niedrig. Aus diesen Gründen können die Online-Player ihre Bettwaren günstiger als stationäre Händler verkaufen. Die Online-Konkurrenz hat erste Auswirkungen auf die Umsatzzahlen der Filialhändler: Bei Matratzen Concord beispielsweise waren sie in der DACH-Region rückläufig, während Anbieter wie Casper, Bruno oder Eve im Privatkundenbereich zulegten. Eve Mattress wagt laut Medienberichten nun sogar den Schritt an die Börse.
Gesundheitstrend: Profit mit erholsamem Schlaf
Dem Handelsexperten Gerrit Heinemann zufolge ist es nicht verwunderlich, dass die Start-ups ihren Siegeszug im E-Commerce antraten: "Generell lässt sich der Kunde vor allem größere und sperrige Produkte gerne liefern – wenn das mit wenig Versandkosten verbunden ist." Hinzu kommt der allgemeine Trend zu einem gesunden Lebensstil: Neben einer ausgewogenen Ernährung und regelmäßiger Bewegung gehört dazu unbedingt erholsamer Schlaf . Schließlich verbringen Menschen fast 24,5 Jahre ihrer Lebenszeit schlafend.
Marketingkampagnen: Die Matratze als hippes Lifestyle-Produkt
Ein weiterer Erfolgsfaktor sind die groß angelegten Marketingkampagnen der Firmen. Das Ziel: Die Matratze zu einem angesagten Produkt zu machen und den Bestellvorgang für Kunden so unkompliziert wie möglich zu gestalten. Schmissige Slogans sind Teil dieser Strategie: Eve Mattress verspricht "die bequemste Matratze der Welt" und wirbt mit dem Satz "Jeder großartige Tag beginnt in der Nacht zuvor" für seine Bettwaren. Emma bezeichnet seine Schlafunterlage als "Die Matratze, die einfach passt!" und das vergleichsweise junge Start-up Muun – das mit einem ansprechenden Webauftritt aufwartet, bislang jedoch noch unter Radar läuft – titelt: "Schlafprodukte, so vielseitig wie du". Der Anbieter Smood verkauft seine Produkte derweil unter dem Motto "Eine für alle". Das mögen Phrasen sein, sie sprechen die technikaffine und tendenziell jüngere Zielgruppe jedoch an.
Ob der Hype um Matratzen im E-Commerce anhält und welcher Mitbewerber sich langfristig behaupten kann, bleibt abzuwarten. Eines haben die Gründer von Casper, Eve & Co. jedoch schon geschafft: Die Start-ups haben Matratzen aus ihrer verstaubten Ecke geholt und zu einem coolen Lifestyle-Produkt gemacht. Denn bislang zählten Matratzen zu den sogenannten Low-Interest-Produkten, zu den Artikeln also, die Kunden nicht besonders gerne kaufen.