Michael Muth ist Gründer und Geschäftsführer der AeroLas GmbH in München/Unterhaching. Das 1997 gegründete Unternehmen (ein Spin-off der TU München) ist Technologieführer bei Luftlagern (aerostatischen Lagern) und luftgelagerten Antriebssystemen. Diesen Erfolg verdankt AeroLas nicht nur seiner innovativen Technologie, sondern auch seiner Unternehmenskultur.
Herr Muth, wie definieren Sie Innovationen?
Michael Muth: Ich verstehe unter Innovationen etwas tatsächlich Neues, welches auch wirtschaftlich erfolgreich ist. Solch Neues muss nicht unbedingt eine völlig neue Technologie sein, sondern es kann sich auch um eine Verbesserung von einem Produkt handeln, das schon existiert.
Gibt es Innovationsbeispiele, die für Sie sowohl generell als auch speziell in Ihrer Branche vorbildhaft sind?
Muth: Eine gelungene Innovation aus meiner Branche ist eine luftgelagerte Leiterplatten-Bohrspindel. Deren Hersteller hatte viele Jahre lang ein Monopol in diesem Markt und mein Ziel war es, dieses zu brechen. Das ist uns gelungen, worauf wir natürlich stolz sind. Eine weitere Innovation, die mich beeindruckt, ist zum Beispiel der Computertomograph. Aber auch eine Firma wie Red Bull, der es gelungen ist, das Unternehmen zu einer Marke zu etablieren und diese Marke wiederum zu einem erfolgreichen Produkt zu machen, ist für mich eine gelungene Innovation.
Orientieren Sie sich mit AeroLas an solchen Innovations-Vorbildern?
Muth: Mein Ziel ist es, etwas Unverwechselbares zu schaffen, was einen eigenen Charakter besitzt. Deshalb sind Unternehmen, denen dies gelungen ist, zwar durchaus Vorbilder, doch ich strebe an, aus AeroLas selbst eine Marke zu machen, die für eine besondere Qualität steht.
Was macht die Technologie von AeroLas so innovativ?
Muth: Eigentlich ist der Luftlager-Markt, in dem wir uns bewegen, nicht wirklich innovativ, da es vor allem um Fertigungs-Präzision geht. Was die AeroLas Technologie jedoch so innovativ macht, ist die weltweit konkurrenzlose Art der Umsetzung in Kundenlösungen. Wir bieten optimal abgestimmte Schlüsselkomponenten für kundenspezifische Luftlager an, so dass wir die Anforderungen unserer Kunden individuell bedienen können. Hinzu kommt, dass wir uns auch preislich im High-end-Markt bewegen und somit nicht gegen jene Hersteller konkurrieren, die ein anderes Markt- und Preissegment bedienen.
Gibt es bei AeroLas eine spezielle Innovationskultur?
Muth: Ein Leitmotiv in unserem Unternehmen, und auch bei der Entwicklung unserer Produkte, lautet: »Geht nicht, gibt’s nicht«. Damit spornen wir uns immer wieder zu Höchstleistungen an. Auch lege ich Wert darauf, dass meine Mitarbeiter mit ihren Ideen intern in einen Wettbewerb treten, so dass jeder Einzelne auch persönlichen Ehrgeiz entwickelt. Diese Einstellung hat schon mehrmals dazu geführt, dass wir in kurzer Zeit selbst scheinbar verrückte Ideen erfolgreich umsetzen konnten. Aus diesem Grunde halten uns sogar manche große Unternehmen inzwischen für etwas Besonderes.
Leitet sich aus dieser Innovationskultur auch eine entsprechende Unternehmenskultur ab?
Muth: Wir wissen, dass wir alle an einem Strang ziehen müssen, um erfolgreich sein zu können und dass der Weg zum Erfolg steinig ist und lange dauert. Dieses Teamwork, verbunden mit Durchhaltebereitschaft, ist ein wesentlicher Teil unserer Unternehmenskultur. Hinzu kommt, dass meine Mitarbeiter wissen, dass sie sich sowohl unternehmerisch als auch menschlich auf mich verlassen können. Es macht mich glücklich, wenn ich merke, dass sie mir hundertprozentig vertrauen und mich als Kapitän des Unternehmens akzeptieren.
Was sind die größten Herausforderungen für ein junges Unternehmen, um nachhaltig innovativ sein zu können?
Muth: Der Wille zum unternehmerischen Erfolg muss vor dem Wunsch stehen, einfach nur besonders innovativ sein zu wollen. Das bedeutet, sobald ein Produkt fertig ist, sollte man bereits am nächsten arbeiten mit dem Ziel, auch dieses wirtschaftlich erfolgreich zu machen. Und natürlich muss Führungsvermögen vorhanden sein.
Junge Unternehmen haben in den ersten Jahren oft Rückschläge zu verkraften. Kennen auch Sie solche Probleme?
Muth: Schlechte Zeiten gab es auch für AeroLas und wir standen in den ersten Jahren sogar mehr als einmal kurz vor dem Aus. Heute weiß ich, dass wir damals sehr viel Wunschdenken hatten, uns die notwendige unternehmerische Erfahrung fehlte und wir dadurch etliche Fehlentscheidungen getroffen haben.
Wie sind Sie mit diesen Herausforderungen umgegangen und was haben Sie daraus gelernt?
Muth: Unternehmerisch habe ich daraus gelernt, dass ich als Geschäftsführer die Führungsverantwortung habe und diese konsequent tragen und umsetzen muss. Auch menschlich habe ich aus diesen schwierigen Phasen viel gelernt. Mehr Gelassenheit zum Beispiel, ebenso wie die Erkenntnis, bei Entscheidungen auch meinem Bauchgefühl zu vertrauen. Vor allem jedoch habe ich Demut gelernt. Demut ist das Gegenteil von Arroganz und bedeutet, sich selbst nicht als etwas Besseres zu sehen als andere und somit anderen Menschen auch Raum geben zu können und ihre Bedürfnisse zu respektieren. Diese Erkenntnis hat mir sehr geholfen. Ans Aufgeben habe ich jedoch nie gedacht und auch nicht daran, dass es komplett schiefgehen könnte.
Was zeichnet Ihrer Meinung nach einen guten Unternehmer aus?
Muth: Die Verbindung von Menschlichkeit einerseits und profitorientiertem Denken andererseits. Damit man durch sein unternehmerisches Handeln Menschen eine gute Arbeit bieten kann, die auch eine Zukunft hat.
Kann man es lernen, ein guter Unternehmer zu sein?
Muth: Lernen kann man gutes Unternehmertum am besten durch Learning by doing, nicht aus Büchern. Lebenserfahrung spielt dabei natürlich auch eine Rolle, vor allem, wenn man aus Fehlern etwas gelernt hat.
Haben es junge Unternehmen heute schwerer als früher, sich im Markt zu etablieren?
Muth: Meiner Erfahrung nach haben sie es schwerer, weil der Markt gesättigter und komplexer geworden ist. Vor allem der Zugang zu Großunternehmen ist eine Hürde. Dort wird oft zu sehr an die Risiken gedacht, wenn es darum geht, sich mit einem jungen Unternehmen einzulassen und die Chancen solch einer Geschäftsbeziehung werden übersehen.
Was waren Ihre bisher größten unternehmerischen Erfolge?
Muth: Als wir mit AeroLas das Monopol des Herstellers luftgelagerter Leiterplatten-Bohrspindeln gebrochen hatten, war dies ein großer Erfolg für uns. Ebenso der Einstieg in den japanischen Markt. Besonders freut es mich auch, dass wir mit Siemens einen renommierten strategischen Partner gewinnen konnten.
Was können Jungunternehmer von älteren Entrepreneuren lernen?
Muth: Lernen kann man insbesondere Gelassenheit und wie man vor allem mit schwierigen Situationen gut umgeht. Meist bekommt man von älteren und erfahrenen Unternehmern auch klarere Aussagen zu relevanten Fragen. Mir hat zum Beispiel ein erfahrener Business Angel, der lange in einem Konzern in einer Führungsposition tätig war, zwei wichtige menschliche und unternehmerische Ratschläge gegeben. Einer davon war, dass Erfolg von Demut kommt und ich daraus viel gelernt habe. Der zweite Rat von ihm war, sich in der Öffentlichkeit möglichst rar zu machen. Dies ist zwar scheinbar ein Widerspruch zu der Notwendigkeit, ein junges Unternehmen bekannt machen zu müssen, damit die Öffentlichkeit davon erfährt. Doch der Gründer oder das Gründerteam sollten tatsächlich darauf achten, nicht ständig sich selbst darzustellen, sondern das Unternehmen dort zu präsentieren, wo es für das Unternehmen wichtig ist.
Was ist Ihr größtes Ziel - persönlich und unternehmerisch?
Muth: Unternehmerisch möchte ich die Luftlagertechnologie in möglichst vielen neuen Märkten etablieren. So dass ich damit so viel Geld verdienen kann, um einst selbst ein Business Angel sein zu können. Menschlich ist es mir wichtig, authentisch zu bleiben und in meinem Leben etwas zu erreichen.
Wir danken Ihnen für dieses Gespräch.