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Interview mit Till Haunschild, flippress.com

"Ohne Outsourcing ist es nicht möglich, mit wenig Kapital, schnell zu wachsen"

förderland im Gespräch mit Till Haunschild, Mitgründer von flippress.com, über den Versuch, eine komplett "outgesourcte" Firma aufzubauen, den offenen Umgang mit der Geschäftsidee, nützliches Feedback und gedruckte Papiertastaturen.

flippress-Mitgründer Till Haunschild flippress-Mitgründer Till Haunschild will gedruckte Papiertastaturen in einem<br>Mass Customizing Verfahren herstellen. Bild: flippress

förderland: Herr Haunschild, wer sind Sie, was können Sie, was machen Sie?

Till Haunschild: In erster Linie bin ich begeisterter Gründer. Seit ich denken kann, habe ich meine Geschäftsideen in die Tat umgesetzt - vom Vermieten von Bildern aus dem Kunstunterricht an Arztpraxen bis hin zum "echten" Internet-Start-Up. Meine Fähigkeit liegt darin, Chancen zu erkennen und daraus interessante Ideen zu entwickeln, auf meinem Schreibtisch warten noch mindestens zehn Ideen auf ihre Umsetzung.

Zudem bin ich ein Allrounder, der von allem - Grafik, Marketing, BWL, Programmierung, ... - ein bisschen kann, zur Umsetzung dann aber immer sich mit Spezialisten umgibt, die die Arbeit machen ;)

Nur dadurch, dass ich mich überall ein wenig auskenne, kann ich so gut einschätzen inwieweit eine Idee erfolgversprechend ist oder nicht. Natürlich wünsche ich mir, dass ich irgendwann mit einer Idee den richtigen Durchbruch schaffe, meine Hauptmotivation liegt aber im Spaß, den die Verwirklichung der eigenen Ideen mit sich bringt.

Bei Flippress stellen wir (bald) gedruckte Papiertastaturen in einem Mass Customizing Verfahren her. Jeder Kunde kann dann über unsere Website seine eigenen Tastatur-Layouts inklusive Tastenbelegung selber gestalten. Durch den Einsatz von Digitaldruck werden die Tastaturen schnell und kostengünstig hergestellt und erreichen in kürzester Zeit den Kunden.

Um auf das Potential der Kunden zurückgreifen zu können, wird die Website zum Aufbau einer Community genutzt, in der Layouts veröffentlicht, bewertet und kommentiert werden können. Zudem wird durch eine offene API externen Entwicklern die Möglichkeit gegeben die Papiertastaturen in eigene Konzepte einzubinden.

förderland: Wie ist Ihre Geschäftsidee entstanden und wer sind die Menschen hinter flippress.com?

Haunschild: Ich hatte printed systems, eine Firma, die ein Verfahren entwickelt hat, mit dem Elektronik unter anderem auf Papier gedruckt werden kann, auf einer Messe kennen gelernt. Nachdem ich mich dann - fasziniert von der Technologie - ausführlich mit den Leuten von printed systems unterhalten hatte, war die Idee geboren. Bereits auf der Heimfahrt im Zug entstand dann die erste Ideenskizze. Zwei Tage später begann die Suche nach einem geeigneten Team. So sind dann recht schnell Patrick, ein Grafiker, mit dem ich Noha Studios gegründet hatte, Marinus (Programmierung) und Rainer (Marketing), die ich beide über mein aktuelles Projekt - 7evenDays - kenne, dazugekommen. Etwas später kam dann Philipp, den ich über die Uni kennen gelernt hatte (eigentlich studiere ich ja noch BWL), und Jens ins Team. Die beiden sind für die gesamte Strategie- und Finanzplanung zuständig. Das Team ist aber noch nicht vollständig, wir suchen unter anderem noch einen PHP Programmierer der sich mit Wordpress auskennt.

förderland: Haben Sie die Startphase Ihres Unternehmens aus eigener Kraft gestemmt oder hatten Sie finanzielle Unterstützung?

Haunschild: Bis jetzt stecken wir ja noch in der Startphase und es sind noch keine größeren Ausgaben angefallen. Bei diesem Projekt bietet es sich aber an, die Finanzierung selbst zu übernehmen, da wir gute Chancen haben, dass die anfänglichen Einnahmen ausreichen werden, die Expansion zu tragen.

förderland: Fertigen Sie die Tastaturen inhouse oder geben Sie bestimmte Arbeitsschritte an externe Dienstleister ab?

Haunschild: Wir versuchen eine komplett "outgesourcte" Firma aufzubauen, d.h. wir geben alles ab, was von anderen erledigt werden kann. Ohne dieses Outsourcing ist es denke ich sonst nicht möglich, mit wenig Kapital, schnell zu wachsen. Das Ziel ist es, die Skalierbarkeit einer reinen Internettfirma zu erreichen, auch wenn wir ein echtes Produkt anbieten. Wir bringen sozusagen das Web 2.0 in die reale (Produkt-)Welt.

förderland: In Sachen Gründung sind Sie ja ein "alter Hase". Was sind Ihrer Erfahrung nach die größten Hürden auf dem Weg von der Idee zum marktreifen Produkt?

Haunschild: Das Wichtigste ist das Team - mit einem guten Team kann man so gut wie alle Probleme bewältigen. Zudem sollte man nicht zu verbohrt an seiner (Grund-)Idee festhalten auch wenn man schon merkt, dass es nichts mehr werden kann.

Auch wenn viele behaupten, eine Finanzierung zu finden sei das schwerste, kann ich diese Meinung nicht teilen, da man anfangs meist auch ohne Geld auskommt und sobald das Produkt steht, die Investoren auch leicht überzeugt werden können - vorausgesetzt das Produkt ist gut, ist es das nicht, braucht man die Idee auch nicht umsetzen.

förderland: Sie sammeln Innovationspreise wie andere Leute Briefmarken. Ihre neueste Idee haben Sie wieder beim Gründerwettbewerb des BMWI eingereicht. Welche Vor- bzw. Nachteile bringen solche Teilnahmen Ihrer Erfahrung nach mit sich?

Haunschild: Der größte Vorteil liegt eindeutig in der Publicity, die man über einen Gewinn erhält. Viele Zeitungen und Magazinen schreiben einen Bericht und Investoren kommen ganz von selbst zu einem. Natürlich kommt noch hinzu, dass man durch das Preisgeld zumindest die Anfangsinvestitionen - GmbH Gründung, etc. - decken kann.

Aber auch eine einfache Teilnahme ohne Preis bringt den Vorteil, dass man sein Netzwerk gut erweitern und sich mit anderen Teams austauschen kann. Als Nachteil sehe ich nur den Zeitaufwand, den man in die Teilnahme stecken muss. Ist man aber gerade eh dabei einen Businessplan zu schreiben wäre es dumm, ihn nicht einzureichen. 

förderland: In Ihrem Blog gehen Sie sehr freizügig mit Informationen um – haben sogar Teile Ihrer Ideenskizze veröffentlicht. Haben Sie keine Angst, dass Ihr Produkt demnächst von XY feilgeboten wird?

Haunschild: Nach meiner Erfahrung - im Internetbereich-  bringt es mehr Vor- als Nachteile recht offen mit seiner Idee umzugehen. Die wichtigsten drei Vorteile:

  • Publicity schon vor Produktstart
  • leichtere Teamgewinnung
  • Feedback von vielen Seiten (extrem hilfreich)

Den (einzigen) Nachteil, die Idee würde jemand klauen, sehe ich nicht als großes Problem an. Ideen gibt es wie Sand am Meer, die sind in meinen Augen meist nicht viel wert (mit ganz wenigen Ausnahmen), erst die richtige Umsetzung macht das Ganze zur echten Innovation. Das Team hinter der Idee ist also viel wichtiger. Diejenigen, die man mit seiner Idee begeistern kann, werden lieber im Team mitarbeiten als selber komplett neu anzufangen, gleiches gilt für große Firmen, die lieber eine Idee unterstützen - und später notfalls aufkaufen - als selber ein Team zusammenzustellen. Zudem hat es eine Kopie extrem schwer, wenn jeder schon die ursprüngliche Idee - und den Ideengeber - kennt. 

förderland: Haben sich schon potentielle Kunden bei Ihnen gemeldet? Oder gibt es die Tastatur schon im Laden um die Ecke?

Haunschild: Wir haben schon einige interessierte Kunden, die auch gleich größere Mengen abnehmen würden, unter anderem führen wir gerade Gespräche mit einem PC-Magazin und einem Druckerhersteller. So könnten bald die Tastaturen in einem Magzin oder einem Drucker beiliegen. Direkter Vertrieb über den Einzelhandel ist jedoch (noch) nicht geplant.

förderland: Was steht momentan auf Ihrer ToDo-Liste?

Haunschild: Wir versuchen noch vor dem Weihnachtsgeschäft mit einer ersten Version online gehen zu können, bis dahin gibt es aber noch einiges zu tun. Zudem ist Flippress ja nicht das einzige Projekt an dem ich arbeite. Zur Zeit liegt mein Fokus noch auf 7evendays einer Community, die nur noch wenige Wochen vom Start entfernt ist. Daher kann ich selbst nur wenig Zeit in Flippress stecken, das ist mit ein Grund weshalb wir auch noch nach Verstärkung für das Team suchen. 

förderland: Würden Sie rückblickend alles wieder genauso machen? Haben Sie den Schritt in die Selbstständigkeit jemals bereut?

Haunschild: Ja, ich würde es wieder so machen und habe es auch nie bereut. Mein Vorteil liegt eindeutig darin, dass ich schon so früh angefangen habe. Ich war es immer gewöhnt mit wenig Geld auszukommen, dadurch ist es für mich nicht so ein großer Einschnitt, wenn ich wieder an einem Projekt ohne Bezahlung arbeite. Hätte ich erst ganz normal gearbeitet und später erst gegründet, wäre es natürlich viel schwieriger geworden, dann nämlich ist fehlendes Geld ein extremer Einschnitt. Daher empfehle ich jedem möglichst als Student noch zu gründen. Geht es schief, hat man nur etwas Zeit verloren, dafür aber Erfahrungen gemacht, die man sonst nirgends bekommt.

förderland: Welche Tipps würden Sie angehenden Gründern mit auf den Weg geben?

Haunschild: Man muss sich einfach trauen und die Sache anpacken. Es steckt meist gar nicht so viel dahinter. Ich empfehle auch jedem, etwas offener mit seiner Idee umzugehen. Versucht man seine Idee komplett geheim zu halten, so verpasst man die Chance viel Feedback zu erhalten. Unser Blog ist auch eine gute Quelle für Tipps & Tricks rund ums Gründen.

förderland: Vielen Dank für das Gespräch.

© 2007 förderland

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