förderland: Guten Tag, Herr Brandkamp. Vier Jahr High-Tech Gründerfonds – wie fällt Ihr Resümee aus?
Dr. Michael Brandkamp: Der High-Tech Gründerfonds hat dem sogenannten Seedmarkt, also dem Markt der Finanzierung von jungen Technologieunternehmen, deutliche Impulse gegeben. Er hat knapp 190 Beteiligungszusagen erteilt und besonders private Investoren motiviert wieder Frühphaseninvestitionen zu tätigen. Am erfreulichsten ist, dass bereits über neunzig Anschlussfinanzierungen mit einem Volumen von rund 120 Millionen Euro akquiriert werden konnten. Dies belegt, dass wir nicht nur eine große Zahl, sondern vor allen Dingen vielversprechende Unternehmen finanziert haben. Insgesamt können wir also eine positive Zwischenbilanz aufstellen.
Was waren die Highlights, welche von Ihnen unterstützten Start-ups waren am erfolgreichsten? Wann lief es weniger gut?
Brandkamp: Wir haben gezeigt, dass sich eine Seedfinanzierung durch den High-Tech Gründerfonds lohnt. Denn selbst Unternehmen mit hohem Kapitalbedarf konnten sich erfolgreich weiter entwickeln und zu attraktiven Bedingungen Venture Capital einwerben. Ein Highlight ist sicherlich, dass sich nicht nur deutsche, sondern auch internationale Venture-Capital-Geber an den Start-Ups beteiligten. Wir haben Investoren aus Kalifornien, UK, Frankreich, Österreich und der Schweiz gefunden. Selbst ein Fonds aus Malaysia hat sich in einem Unternehmen engagiert. Darüber hinaus konnten wir viele Privatinvestoren und auch die Industrie motivieren, Geld in die Start ups zu stecken. Beispiele für erfolgreiche Unternehmen sind die Heliatek, die sich mit der organischen Photovoltaik befasst, die Corimmun, die Wirkstoffe gegen Herzerkrankungen entwickelt, oder MimoOn, die an der UMTS Nachfolgetechnologie LTE arbeitet.
Als weiteres Highlight gilt, dass mehrere Unternehmen, die schon fast gescheitert waren, durch aktive Restrukturierungsbemühungen von neuen Managern, Partnern und Investoren durchstarten konnten. Hier haben nicht nur die Investmentmanager des Fonds, sondern auch die Coaches sehr wertvolle Arbeit geleistet. Probleme gab es immer dann, wenn das Management sich nicht mehr einig war, Geschäftsführer zum Beispiel in die Großindustrie fortgelaufen oder mit dem Geld nicht sorgfältig umgegangen sind. Von den sieben Insolvenzen, die wir bislang hinnehmen mussten, ist nur eine auf Grund von Fehlschlägen im Entwicklungsprojekt entstanden.
Welchen Einfluss hat die momentane Finanzkrise auf Ihre Arbeit?
Brandkamp: Wir beobachten die Auswirklungen der Krise sehr genau, setzen aber unsere Finanzierungsaktivitäten fort. Die Krisenzeit kann gerade für entwicklungsintensive Gründungen eine große Chance sein: Die operativen Kosten sind deutlich gesunken; gutes Personal ist auch für Start-Ups wieder zu bekommen; es besteht die berechtigte Hoffnung, dass Unternehmen, die jetzt beginnen, in der Erholungsphase nach der Krise stark wachsen können. Die Geschichte lehrt uns, dass gerade die Venture Capital Fonds, die früher in Krisenzeiten investiert haben, die besten Renditen erwirtschaftet haben.
Welche Branchen halten Sie für besonders zukunftsträchtig?
Brandkamp: Es gibt mehrere große Megatrends:
Erstens: der demokratischen Wandel. Wir werden mehr alte Menschen zu versorgen haben, so dass der Life-Science-Sektor, inbesondere die Medizintechnik, profitieren wird.
Zweitens: Energie wird knapper und am langen Ende teuerer werden, so dass neue Technologien zur Herstellung von Energie und der effizientere Einsatz und Speicherung von Energie relevanter werden.
Drittens: Wasser- und Umwelttechnologie werden auf Grund des allgemeinen Bevölkerungswachstums immer wichtiger.
Viertens: Die Bedeutung des Internets als Transaktionsplattform, Kommunikations- und Entertainmentmedium wird zunehmen. TV, Telekommunikation und Internet rücken zusammen und werden mobil nutzbar.
Ferner halten wir auch bodenständige, deutsche Ingenieurstechnologien - wie die Nanotechnologie, Photonik oder Mikrosystemtechnik - für sehr zukunftsträchtig.
Gab es in den letzten Jahren Start-ups, mit denen Sie gerne zusammengearbeitet hätten, mit denen es aber nicht funktioniert hat?
Brandkamp: Ja, die Gründe waren sehr vielschichtig. Zum Beispiel hat einen Gründer der Mut verlassen. Er hat trotz Zusage des High-Tech Gründerfonds seine Technologie nach Kanada verkauft. Ein anderer Gründer hat nach Zusage einen anderen Investor vorgezogen. Grundsätzlich ist das natürlich in Ordnung. Wir hätten in diesem Fall aber gerne mit dem anderen Investor kooperiert. Um Risiken zu teilen und die Finanzierung zu erhöhen, ist es meist sinnvoll, Partner einzubinden. Der High-Tech Gründerfonds kooperiert sehr gern mit Business Angels oder anderen Seedfonds, wie etwa Bayern Kapital, die NRW-Fonds oder der Zukunftsfonds Heilbronn. Auch in den Folgerunden sind Syndikate, in die beispielsweise der ERP-Startfonds eingebunden werden kann, hilfreich. Von daher raten wir den Unternehmern die Partner zusammenzuführen.
Geben Sie uns doch zum Abschluss einen Ausblick auf die nächsten vier Jahre.
Brandkamp: Seedinvestoren und Gründer sind chronische Optimisten. Daher ergibt sich folgendes Bild: Innerhalb der nächsten vier Jahr wird die aktuelle Krise überwunden sein. Wir werden bis dahin konstant und unzyklisch weiterhin junge Technologieunternehmen finanzieren und zum Erfolg führen. Diese Unternehmen werden von dem Innovationsstau, der sich in der Krise gebildet hat, profitieren. Sie werden wachsen und gute Geschäfte machen. Die reinen F&E-Unternehmen können mit großen Konzernen kooperieren und ihre Ergebnisse auslizenzieren. Lukrative Trade Sales und einzelne Börsengänge bereichern das Bild. Gründer, die Teil dieses Ausblickes sein wollen, sollten sich auf den Weg machen: gründen Sie jetzt!
Vielen Dank für das Interview.