förderland: Herr Schiele, könnten Sie sich und das Studio Schiele kurz vorstellen?
Martin Schiele: Seit sechs Jahren bin ich mit dem " Studio Schiele " selbstständig. Seit der Gründung habe ich mich auf Markenentwicklung und Markenführung über Kommunikation und Design spezialisiert. Vor der Selbstständigkeit studierte ich Kommunikationsdesign und arbeitete in verschiedenen Medienunternehmen; auch in leitenden Positionen. Studio Schiele liefert strategisch kreative Lösungen, insbesondere intelligente Konzepte und Inhalte, für Marketing-, Medien- und Öffentlichkeitsarbeiten.
förderland: Was versteht man eigentlich unter dem Begriff "Branding"?
Schiele: Der Begriff Branding stammt aus dem Englischen und wird in unterschiedlichen Bereichen verwendet. In der Wirtschaft steht Branding meist im Zusammenhang mit Marken. Das Branding beinhaltet die Gesamtheit der Strategien der Markenpolitik. Dazu gehören unter anderem der Preis, die Produktqualität, die Verbreitung sowie die auf Printmedien, Presse, Radio, TV, Internet und Messen ausgerichtete Werbung.
förderland: Wie gelingt denn eine erfolgreiche Platzierung einer Marke am Markt? Gibt es goldene Regeln, die es dabei zu beachten gilt?
Schiele: Die Platzierung einer Marke wird maßgeblich von den Zielen des Managements bestimmt, von der Unternehmenskultur und vom Image, welches in den Medien und bei den unterschiedlichen Zielgruppen aufgebaut werden soll. Übrigens gehören zu den Zielgruppen alle Menschen, die mit der Marke in Verbindung kommen. Denken Sie nur an das Employer Branding, was über reines Personalmarketing weit hinausgeht. Die Zielgruppe beim Employer Branding ist nicht der Käufer sondern der (neue) Mitarbeiter. Wie das erfolgreiche Branding einer Marke gelingt, ist von Unternehmen zu Unternehmen verschieden. Kreative Ideen sind mit Sicherheit maßgeblich am Erfolg beteiligt, um am Markt überhaupt wahrgenommen zu werden. Eines der Ziele sollte sein, die Marke klar und prägnant vom Wettbewerb zu differenzieren und ein merkfähiges Profil zu entwickeln.
förderland: Gerade am Anfang sind Gründer ja eigentlich ausgelastet - wie wichtig ist das Thema Markenbildung für ein junges Unternehmen?
Schiele: Spätestens wenn ein Unternehmen am Markt auftritt, fängt es an, eine Marke zu bilden. Das kann man von Anfang an bewusst und effizient steuern. Jedes Unternehmen braucht zum Beispiel einen Unternehmensnamen und muss visuell in irgendeiner Form am Markt erscheinen. Sei es im Internet oder mit den Geschäftspapieren. Jede Leistung und jedes Produkt muss dargestellt und verkauft werden. Inhalte und Erscheinungsbild sollten aus einem Guss kommuniziert werden. Natürlich haben sich Gründer in der Regel einen Namen ausgedacht, für das Markenzeichen (Logo) findet sich ein Bekannter, der mit Grafikprogrammen umgehen kann und die technische Umsetzung einer Website ist auch nicht das Problem.
Wenn Gründer die Markenbildung aber effizient aufbauen möchten, sollten sie nicht zuerst an eine günstige Medienumsetzung denken, sondern am besten vor der Namensfindung eine professionelle Beratung einholen. Nicht selten stellt sich dann heraus, dass bereits der Name nicht passend ist oder das selbst gebastelte Corporate Design nicht zum Produkt, zum Preis oder zu den Managementzielen passt. Mit gutem Branding von Marken werden wirtschaftliche Mehrwerte für das Unternehmen geschaffen, die sich zum Beispiel auch lizenzieren lassen. Das Branding kann den Wert eines Unternehmens steigern.
Die entwickelte Marke ist der Schlüssel zum effizienten Marketing und kann den Erfolg oder Misserfolg eines Produktes oder einer Firma bestimmen. Gutes Branding setzt sich im Unterbewusstsein der Zielgruppen fest und beeinflusst die Kaufentscheidung positiv. Somit sollte der Markenbildung ein hoher Stellenwert bei der Gründung eingeräumt werden. Nicht zu vergessen sind die Schutzrechte. Wer Erfolg hat, findet schnell Nachahmer. Auch hier kann eine frühzeitige Beratung bares Geld und viel Ärger sparen.
förderland: Was sollten Gründer und junge Unternehmen beim Aufbau einer Marke beachten? Welche Tipps können Sie ihnen mit auf den Weg geben?
Schiele: So früh wie möglich einen Berater ins Boot holen und ein klärendes Gespräch führen, über die Unternehmensziele und das finanziell Machbare beim Markenaufbau. Nicht erst den Berater hinzuziehen, wenn es an die Umsetzung der Medienarbeit geht. Der Berater sollte ein Grundverständnis für die finanziellen Bedingungen der Gründer mitbringen und nicht mit Worthülsen um sich schmeißen. Der Berater sollte gut zuhören können. Seine Vorschläge zum Markenaufbau müssen verständlich nachvollziehbar sein.
Bei der Suche eines Beraters sollte man darauf achten, dass dieser zumindest die Unterschiede sowie die Zusammenhänge zwischen (Neuro-)Marketing, Design, Werbung, PR und sonstiger Medienarbeit nachvollziehbar erklären kann. Wichtig ist auch, nicht in klassischen Mustern zu denken und für neue Ideen und Konzepte des Beraters offen zu sein. Und im Laufe der Zeit sollte man sich natürlich immer wieder das Ziel vor Augen halten und mit den Maßnahmen abstimmen.
förderland: Gibt es typische Fehler, die man machen kann?
Schiele: Wie erwähnt, rate ich davon ab, alles selbst machen zu wollen und bei der professionellen Konzeption zu sparen. Das kostet mittel- bis langfristig zu viel Energie, Zeit und bares Geld. Ein individuelles Konzept entscheidet maßgeblich über den Erfolg oder Misserfolg bei der Markenentwicklung. Das Konzept muss natürlich gepflegt werden. Es bringt wenig, ein gutes Konzept zu haben und das nicht kontinuierlich zu pflegen und zu optimieren.
förderland: Haben Sie ein paar Tipps, wie man auch mit kleinem Budget weit kommen kann?
Schiele: Es ist wichtig, dass Gründer und Mitarbeiter über dieselben Ziele sprechen. Dass das natürlich so ist, wird zwar oft angenommen, aber sobald es daran geht, ein Markenkonzept zu entwickeln, zeigen sich erste Differenzen zwischen dem Ist- und dem Sollzustand. Bei der Konzeption einer Marke handelt es sich nicht um einen Businessplan. Das Konzept ist unter anderem wichtig für die medienübergreifende Kommunikation, die aus einem Guss stattfinden sollte. Der Markenname sowie die Basiselemente des Erscheinungsbildes müssen für einen langfristigen Einsatz entwickelt werden. Zu den Basiselementen des Corporate Designs gehören die Wort/Bildmarke (Logo), Schrift und Farbe. Öffentlichkeitsarbeit wie Pressearbeit ist sehr nützlich und kann auf Basis des eben Beschriebenen aufgebaut werden.
Je nach Budget folgt als nächster Schritt die weitere Entwicklung des Erscheinungsbildes. Zumindest sollte ein visuelles Grundkonzept entwickelt werden. Dazu gehören die Verwendung und das Zusammenspiel der Design Basiselemente Wort/Bildmarke, Typografie, Farbe, Flächenaufteilung, Zusatzelemente und Beispiele für die visuelle Anmutung in den verschiedenen Medienkanälen. Im Idealfall werden erst danach die einzelnen Medien konzipiert und umgesetzt. Weiterhin hilft ein maßgeschneidertes Bildkonzept beim Imageaufbau. Mit einem Bildkonzept wird ein Bildstil entwickelt. Bildanschnitte, Abstraktionsgrad, Perspektiven oder Farbigkeit können in vielerlei Hinsicht der aufzubauenden Marke ein prägnantes Profil verleihen. Mit jedem hier aufgezählten Baustein steigen natürlich die Investitionen. Die Bausteine würde ich Gründern auch in dieser Reihenfolge vorschlagen.
förderland: Nicht nur Gründer sondern auch gestandene Unternehmen vernachlässigen den Aufbau und die Pflege ihrer Marke. Woran liegt das?
Schiele: Aus meinen Erfahrungen weiß ich, dass Gründer das Thema Markenaufbau oft beiseite schieben. In der Regel, weil dazu auch wenig oder kein Budget zur Verfügung steht. Bei etablierten kleinen und mittelständischen Firmen kümmert sich nicht immer die Geschäftsführung um die Marke. Oft wird das Thema komplett der internen Marketingabteilung anvertraut. In diesen Abteilungen wird der Markenaufbau nicht selten mit operativem Marketing verwechselt. Das Thema Marke ist jedoch Chefsache.
Wenn sich der Chef nicht darum kümmert, die Marketingabteilung nur operativ arbeitet oder die Verantwortlichen gar nicht wissen, was eine Agentur leisten sollte, dann wird Geld verbrannt und die Marke vernachlässigt. Teilweise haben Marketingverantwortliche auch gar keine Chance, der Geschäftsführung ein gutes Konzept vorzustellen. Es gibt sehr viele Gründe, weshalb das Thema Markenaufbau in diesen Unternehmensgrößen untergeht. Fehlendes Wissen oder Überheblichkeit der Geschäftsführung gehören auch dazu. In Konzernen kümmern sich zwar Manager mit Erfahrung und Hintergrundwissen um das Thema Marke, aber dort spielen teilweise andere Themen eine Rolle. Da wird gerne mit bekannten Agenturnamen und Titeln um sich geworfen. Im Gegensatz zu Gründern oder Mittelstand verantworten die Manager auch nicht ihr eigenes Geld, verlassen nach wenigen Jahren das Unternehmen und haben oft keinen Bezug zur Marke. Das sind jetzt nur einige wenige Gründe. Warum der Aufbau und die Pflege einer Marke vernachlässigt wird, ist also sehr vielschichtig und nicht immer nachvollziehbar.
förderland: Welche Möglichkeiten bietet das Internet Unternehmen bei der Markenbildung?
Schiele: Die Möglichkeiten sind so vielfältig, dass es schon eine Herausforderung ist, abzuwägen, was im Einzelfall interessant und bezahlbar ist. Ich glaube einzelne Themen müssen gar nicht mehr ausführlich erklärt werden. Das schöne und interessante am Medium Internet ist ja, dass es sich ständig weiterentwickelt und neue Möglichkeiten bietet, wie Unternehmen mit ihren Zielgruppen umgehen können. Zu den Zielgruppen gehören alle Menschen, die mit der Marke in Verbindung kommen. Von den Mitarbeitern bis hin zum Käufer am Ladentisch. Also ein wirklich breites Spektrum, das vom Internet beeinflusst wird.
Wichtig ist einfach, dass der Rote Faden der Marke im Internet nicht verloren geht. Das Kommunikationskonzept und die Inhalte (Text, Bild, Audio, Video) müssen authentisch und interessant sein. Nur dann wird dem Unternehmen Vertrauen entgegen gebracht und das wirkt sich positiv auf die Markenbildung aus. Inhalte werden an Bedeutung gewinnen. Communitys und neue Suchmaschinen werden die Suche beeinflussen, dass wiederum beeinflusst die Onlinewerbung und so weiter. Aus Sicht von Gründern mit wenig Budget halte ich das Internet für das Medium Nr. 1. Ohne Druckerzeugnisse oder Messepräsentationen kommen allerdings nur wenige Unternehmen auf Dauer aus.
förderland: Sie haben Sich selbst mit einer Marketing-Agentur in das Abenteuer Selbstständigkeit gestürzt. Was hat Sie zu diesem Schritt bewogen? Was reizt Sie an der Selbstständigkeit?
Schiele: Die Selbstständigkeit hat mich schon lange Zeit vor meinem Studium gereizt. Ich wollte aber noch studieren und praktische Erfahrungen sammeln und wusste damals auch nicht, in welcher Richtung ich mich selbstständig machen sollte. Ursprünglich hätte ich einmal eine kleine Maschinenbau Firma meines Großvaters übernehmen können. Das war auch einer der Gründe für meine erste Berufsausbildung im Handwerk. Aber mit dem Thema Maschinen konnte ich mich nicht anfreunden. Die Erfahrungen in Agenturen und anderen Unternehmen haben mich auch nicht wirklich zufrieden gestellt. Das war mir alles zu vorgefertigt. Ich musste mir meinen Arbeitsplatz sozusagen selbst schaffen. Damit habe ich vor sechs Jahren dann angefangen, weil für mich der richtige Zeitpunkt gekommen war. Was die Zukunft bringt, weiß ich natürlich nicht, aber ich finde es interessanter neue Wege einzuschlagen, als sicher auf ausgetretenen Pfaden zu gehen. Ich kann mich für das begeistern, was ich heute arbeite. Im Nachhinein bin ich sicher, dass die Leidenschaft und das Interesse die treibenden Kräfte gewesen sind. Denn selbstständig hätte ich mich im Maschinenbau oder im Handwerk schon von Jahren machen können. Ein etabliertes Unternehmen war vorhanden. Was fehlte, war mein Interesse.
förderland: Gibt es ein junges Unternehmen, das Ihrer Meinung nach in Sachen Markenbildung alles richtig gemacht hat?
Schiele: Das zu beurteilen maße ich mir nicht an. Erstens kenne ich nicht alle jungen Unternehmen und zweitens glaube ich nicht, dass es ein Unternehmen gibt, das alles richtig macht. In Sachen Markenbildung kann man mit breitem Wissen und Erfahrung die Weichen mit Sicherheit gut und effizient stellen. Ich persönlich finde die Markenbildung von Red Bull sehr gut. Das Unternehmen ist zwar nicht mehr so jung, aber die Story und die Kommunikation ist richtig gut.
förderland: Vielen Dank für das Gespräch.
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