förderland: Herr Anders, würden Sie das Projekt "Herausforderung Unternehmertum" bitte kurz vorstellen?
" Herausforderung Unternehmertum " ist in Form eines Ideenwettbewerbs organisiert. Hauptakteure sind die Stipendiatinnen und Stipendiaten der sdw, die aus allen Fachbereichen kommen –Wirtschaftswissenschaftler und Juristen sind genauso darunter wie Germanisten und Informatiker. Jährlich können sie sich bei uns mit Gründungs- und Projektideen für die Teilnahme bewerben. Die Bandbreite der Themen ist groß und reicht von veritablen Unternehmensgründungen über Vorhaben zur Lösung eines gesellschaftlichen Problems mit unternehmerischen Mitteln ("social entrepreneurship") bis hin zu Projekten, die sich mit der Rolle von Unternehmen und Unternehmern in Deutschland auseinandersetzen. Für die Wettbewerbsgewinner gibt es dann eine Förderung von bis zu 30.000 Euro sowie ein begleitendes Qualifizierungsprogramm, das alle zur Realisierung der Vorhaben notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt. Als Schirmherrn konnten wir Bundeswirtschaftsminister Michael Glos gewinnen.
förderland: Aus welchem Anlass heraus wurde denn das Projekt ins Leben gerufen und welche Ziele werden damit verfolgt?
Anders: Unternehmergeist ist der Motor für wirtschaftliches Wachstum. Viele Ideen und Konzepte, die das Potential zu einem erfolgreichen Geschäftsmodell haben, schlummern jedoch im Verborgenen. Genau hier setzten wir im Projekt "Herausforderung Unternehmertum" gemeinsam mit der Heinz Nixdorf Stiftung an. Wir wollen unternehmerisches Denken und Handeln vor allem bei jungen, engagierten Köpfen – Stipendiatinnen und Stipendiaten der sdw – fördern. Daher bieten wir ihnen mit dem Projekt die große Chance, Qualifikationen zu erwerben und diese in eigenen Gründungsvorhaben und Projekten anzuwenden. Im Idealfall steht am Ende der Schritt in die berufliche Selbstständigkeit – direkt im Anschluss an Studium oder Promotion.
förderland: Das Projekt ist in Form eines Wettbewerbes organisiert. Was muss ein Gründer mitbringen, um daran teilnehmen zu können?
Anders: Für eine erfolgreiche Bewerbung braucht es erstmal ein gutes Konzept für eine Existenzgründung oder ein Projekt. Wichtige Aspekte sind dabei Zielsetzung, Inhalte, Umsetzung, Projektmanagement und der Finanzplan. Den Stipendiaten, die mit ihrer Idee überzeugen konnten, bieten wir – und das ist das Besondere – ein umfangreiches Qualifizierungsprogramm. Hier erwerben sie unternehmerische Kenntnisse, die für die Umsetzung ihrer anspruchsvollen Vorhaben unerlässlich sind. Finanziell gefördert werden sie von uns bis zum Start der gewinnorientierten Geschäftstätigkeit.
förderland: Welche Bedeutung hat der Begriff "Unternehmertum" für Sie und welche Eigenschaften zeichnen Ihrer Ansicht nach einen erfolgreichen Unternehmer aus?
Anders: Den Begriff "Unternehmertum" würde ich sehr breit verstehen und nicht nur auf den wirtschaftlichen Sektor im engeren Sinne beschränken. Es geht vielmehr darum, Ideen in die Tat umzusetzen und – gemeinsam mit anderen – Ziele zu erreichen. Ein Unternehmer ist, so banal das klingen mag, tatsächlich jemand, der etwas unternimmt. Deshalb zeichnet er sich für mich in erster Linie durch Motivation, Kreativität, Risikobereitschaft, Zielstrebigkeit, realistische Einschätzung der eigenen Fähigkeiten, Lernbereitschaft, gesellschaftliche Verantwortung und soziale Kompetenz aus. Solche Persönlichkeiten brauchen wir nicht nur in der Wirtschaft, sondern in allen gesellschaftlichen Bereichen, in der Politik, der Verwaltung, der Kultur und nicht zuletzt im Bildungsbereich an Schulen und Hochschulen.
förderland: Was ist Ihrer Ansicht nach der Grund dafür, dass die Zahl der Gründungen im internationalen Vergleich hinterherhinkt?
Anders: Die Schlagzeilen über hohe Managergehälter, Korruption und Entlassungen in großen Konzernen prägen aus meiner Sicht stark das schlechte Image von Unternehmertum in Deutschland und machen wenig Lust auf Gründung und Selbstständigkeit. Dabei wird auch zu wenig zwischen Konzernen, Mittelständlern und Familienunternehmen differenziert. In den Bildungsinstitutionen, in der Gesellschaft und nicht zuletzt in den Medien wird dadurch unternehmerisches Denken und Handeln in negativen Kontext gestellt. Hinzu kommt, dass wir Deutschen sehr vom Sicherheitsdenken geprägt und deshalb eher risikoavers sind. Das ist der Unterschied zu anderen Ländern wie Indien und den USA, wo eine "Kultur der zweiten Chance" herrscht und die Erfahrung des Scheiterns als positive Voraussetzung für einen Neustart angesehen wird.
Mit dem Projekt "Herausforderung Unternehmertum" wollen wir einen Beitrag dazu leisten, dass Unternehmertum wieder stärker als attraktive Lebensperspektive wahrgenommen wird, und ein positives Unternehmerbild in die Öffentlichkeit transportieren.
förderland: Wie schätzen Sie die momentanen Voraussetzungen für eine Unternehmensgründung in Deutschland ein?
Anders: Die Voraussetzungen für eine Unternehmensgründung in Deutschland haben sich in den letzten Jahren verbessert – nicht zuletzt auch durch die steigende Anzahl an Gründerzentren und Gründer- sowie Businessplan-Wettbewerben. Um nachhaltig das Gründungsklima zu stärken, sollten die Rahmenbedingungen für Unternehmensgründungen optimiert und bürokratische Hürden aus dem Weg geräumt sowie das Förder- und Beratungsnetzwerk weiter ausgebaut werden.
förderland: Gibt es einen Gründer, der Sie besonders beeindruckt hat?
Anders: Einen hervorzuheben ist schwierig, es gibt viele spannende Erfolgsgeschichten von Unternehmerinnen und Unternehmern. Besonders beeindruckend finde ich aber Gründer, die einen Markttrend frühzeitig erkennen und eine innovative Produktidee entwickeln, die sich nicht nur in Deutschland, sondern auch im Ausland erfolgreich durchsetzt. In diese Kategorie fällt z. B. Peter Kowalsky, der Gründer der Bionade GmbH. Aber auch "social entrepreneurs", die sich mit unternehmerischen Mitteln, aber ohne Gewinnerzielungsabsicht der Lösung eines gesellschaftlichen Problems widmen, imponieren mir. Ein gutes Beispiel dafür ist der Nobelpreisträger Mohammed Yunus, der Gründer der Microkredite vergebenden Grameen Bank.
förderland: Vielen Dank für das Gespräch.