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Interview mit Karl Josef Seilern, Locafox

„Wir haben viel positive Resonanz von großen internationalen Investoren bekommen“

Alle Produkte in der Nähe finden, online reservieren und im Geschäft abholen. So funktioniert das Konzept des Berliner Start-ups Locafox. Im Interview geht Gründer Karl Josef Seilern weiter ins Detail, spricht über Investor Holtzbrinck Ventures und über den Pitch beim Web Summit in Dublin, wo Locafox als eines von nur sechs deutschen Start-ups zugegen war.

Karl Josef Seilern, CEO der Locafox GmbH

förderland: Hallo Herr Seilern, Ihr Start-up Locafox wirbt mit dem Slogan „Online finden. Im Geschäft kaufen.“ Welches Konzept versteckt sich hinter diesen Worten?

Karl Josef Seilern:
Wir haben einen Internet-Marktplatz entwickelt, der Usern Produkte aus Geschäften in ihrer Umgebung anzeigt. Wir liefern ihnen dazu auch die wichtigen Informationen wie Preis, Verfügbarkeit, Produktbeschreibungen und -bilder. So können sich Konsumenten in aller Ruhe online über ein gesuchtes Produkt informieren, es in einem Geschäft in ihrer Nähe finden und über unsere Seite reservieren. Gekauft wird dann vor Ort im Laden.

Geplant ist im weiteren Verlauf auch ein Same-Day-Delivery-Service; so kann man sich ausgesuchte Produkte noch am gleichen Tag liefern lassen. Wer also zum Beispiel in Berlin ein neues Paar Schuhe oder etwas anders sucht, muss nicht mehr von Geschäft zu Geschäft ziehen, um das Passende zu finden. Auch braucht er nicht mehr im Internet zu bestellen und Tage zu warten, bis er sein Wunschprodukt in den Händen hält – um dann womöglich festzustellen, dass es doch nicht passt oder nicht gefällt.

Unsere Vision ist es, einen Service zu entwickeln, den jeder Verbraucher nutzen kann, um alles zu finden, was er kaufen möchte. Zusammenfassend kann man sagen, dass wir die Stärken der Online- und Offline-Welt miteinander verbinden, um den Kunden ein besseres Einkaufserlebnis zu ermöglichen.

Ihr Konzept funktioniert, wenn Sie es schaffen, kritische Massen an Käufern und stationären Händlern zusammenzubringen. Sie haben bereits über vier Millionen Angebote von Einzelhändlern auf Locafox versammelt. Wie haben Sie das zum Start geschafft? Und welche Mehrwerte bieten Sie stationären Einzelhändlern?

Seilern: Das stimmt, wir konnten bereits Kooperationen mit spannenden Partnern wie u. a. MEDIMAX, PocoDomäne, Möbel Kraft, Intersport, myToys, Strauss Innovation, Point S und B.O.C. sowie vielen kleineren Geschäften – alleine über 100 in Berlin – eingehen. Wir sind seit April 2014 mit unserer offenen Beta-Version live und befinden uns aktuell noch in der Testphase.

Nach und nach werden die Händler auf unsere Plattform eingebunden. Ziel ist es, in den kommenden Monaten besonders die Customer- und Retailer-Experience weiter zu verbessern, bevor Locafox beim Launch im Frühjahr des kommenden Jahres dann mit allen integrierten Händlern startet. Gleichzeitig arbeiten wir an „Kinderkrankheiten“, wie zum Beispiel der Filterfunktion, und entwickeln eine iOS-App, die noch vor Weihnachten dieses Jahres im App Store verfügbar ist.

Durch Local-Commerce-Marktplätze wie Locafox haben lokale Händler die Chance, im Internet Millionen Kunden zu erreichen, die sie offline nicht bedienen können, und sich gegen große Internetplayer wie Amazon und Co. stärker zu positionieren. Das erforderliche Marketing, besonders natürlich auch die (lokale) Suchmaschinenoptimierung, übernehmen wir. Für die Einzelhändler ist die Einbindung auf unsere Plattform kostenlos. Als Minimalanforderung muss der Händler nur ein Warenwirtschaftssystem haben, in dem die Bestände seiner Waren tagesaktuell erfasst sind.

Wie wollen Sie auf der anderen Seite die Käufer von Locafox überzeugen? Hier müssen Sie vor allem im (Local) SEO stark sein. Wie wollen Sie gegen die Konkurrenz seitens Amazon oder Zalando bestehen?

Seilern: Konsumenten suchen im Netz besonders lokal nach Produkten und Informationen, nach Kundenbewertungen und Bildern. Wir bieten ihnen diese Infos gebündelt. Natürlich ist SEO, und besonders Local-SEO, hierfür wichtig. Das organische Wachstumspotential unserer Seite aufgrund der lokalen Informationen zu den Produkten ist riesig. Am Ende ist aber natürlich der richtige Mix aus Online- wie Offline-Maßnahmen entscheidend.

Welches Potential bietet der Markt für „Online finden. Im Geschäft kaufen.“? Ist es nicht eigentlich genau andersherum? Konsumenten lassen sich im Fachhandel beraten, kaufen dann aber günstig online ...

Seilern: Das stimmt, dieses Konsumenten-Verhalten, das sogenannte „Showrooming“, gibt es. Das wird es auch in Zukunft geben, weil das Internet für jeden von überall aus zugreifbar ist. Für viele Konsumenten, besonders für die U40-Verbraucher, gehört das Internet als Informationsquelle oder als Shoppingplattform eben zum Alltag. Aber obwohl der Online-Handel boomt, beschreibt sich die Hälfte der deutschen Bevölkerung nach einer aktuellen Studie des E-Commerce-Center Köln (ECC Köln) selbst als traditioneller Handelskäufer. Der Großteil kauft sogar gerne sowohl online als auch stationär. Und: 41 Prozent der Konsumenten informieren sich im Internet zunächst ausführlich über Produkte, die sie dann anschließend nachweislich im Geschäft in ihrer Nähe kaufen. Das belegen aktuelle Zahlen der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK).

Zudem suchen laut einer Google-Studie vier von fünf Verbrauchern bei Suchmaschinen nach lokalen Informationen wie Ladenöffnungszeiten, Wegbeschreibungen und Angebot eines Geschäfts in der Nähe. Hier verbirgt sich also ein unfassbares Potential. Bisher gab es keine Lösung, die den Kunden gezielt und zentriert die Informationen zur Verfügung stellt, die sie suchen.

Und genau das war der Ansatz für die Gründung von Locafox. Unser Konzept basiert quasi auf dem „umgedrehten Showrooming“, wenn man so will. Dieser Vorgang wird auch als ROPO-Effekt bezeichnet – Research Online, Purchase Offline. Das Problem für viele stationäre Einzelhändler ist, dass sie im Internet im Vergleich zu Online-Händlern meist eine geringere Sichtbarkeit für Konsumenten haben. Und genau das möchten wir ändern.

Holtzbrink Ventures hat in Locafox investiert. Wie läuft die Zusammenarbeit?

Seilern: Holtzbrinck Ventures gilt als eines der erfolgreichsten Venture-Capital-Gesellschaften im Internetsektor und begleitet Gründer seit über einem Jahrzehnt beim Aufbau ihrer Unternehmen, darunter auch Zalando und Groupon. Die Zusammenarbeit ist sehr professionell und zielorientiert. HV hat eine klare Erwartungshaltung, lässt den Gründern jedoch weitgehend im operativen Geschäft freie Hand und hilft aktiv durch ihr Netzwerk und die strategische Erfahrung.

Welche Tipps können Sie unerfahrenen Gründern für die Investorensuche mit auf den Weg geben?


Seilern:
Natürlich ist es sinnvoll, mit so vielen Investoren wie nur möglich zu sprechen – und das nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen europäischen Ländern wie Großbritannien oder Skandinavien, aber es ist mindestens ebenso wichtig, Investoren durch genaue Analyse des Portfolios, die Investment-Philosophie sowie Ticket und Fundgröße richtig vorzuqualifizieren. Bei Venture Capitals gilt es, den richtigen Ansprechpartner innerhalb des VC ausfindig zu machen. Daneben sollte man sein Netzwerk ständig ausbauen – ein persönliches Intro von einem Investor zu einem anderen ist immer besser als den Investor kalt anzuschreiben. Auf jeden Fall sollte man stets eine klare Timeline mit den Investoren in Bezug auf Verhandlungsdauer, Termsheet, Gesellschaftervertrag und Closing-Date vereinbaren und im Idealfall zwei bis drei Termsheets einholen, bevor man eine Entscheidung trifft, da es enorm wichtig ist, dass man die richtigen Investoren an Bord holt und nicht gleich die ersten, die gewillt sind, Geld zu zahlen. Ein guter und erfahrener, aber Deal-orientierter Anwalt ist auch sehr wichtig, wenn man wenig Erfahrung hat.

Kürzlich konnten Sie auf dem Web Summit in Dublin als eines von 200 internationalen Start-ups vor diversen Gästen und internationalen Investoren pitchen. Wie ist Locafox angekommen?

Seilern: Sehr gut, wir haben viel positive Resonanz von großen internationalen Investoren bekommen. Leider haben wir es bei dem Pitch-Wettbewerb letztlich nicht bis ins Finale geschafft – als eines von nur sechs deutschen Start-ups bei einer der wichtigsten Tech-Konferenzen Europas, wenn nicht sogar der Welt, pitchen zu können, war jedoch schon ein sehr großer Erfolg. Wir sind sehr zufrieden.

Locafox ist momentan für Einkäufe in elf deutschen Städten verfügbar. Wie steht’s um Ihre Expansionspläne – in Deutschland, aber auch international?

Seilern: Zunächst möchten wir auf dem deutschsprachigen Markt eine gewisse Dichte an Händlern und Produkten erreichen. Wir fokussieren uns im ersten Schritt auf Berlin und zwei weitere deutsche Großstädte, daneben sind wir aber natürlich auch landesweit aktiv. Langfristig planen wir eine Internationalisierung.

Vielen Dank für das Interview!

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