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Interview mit Thomas Heinrich, Photocircle

"Wir wollen uns so schnell wie möglich auf dem Online-Fotomarkt etablieren"

Auf Photocircle können Nutzer eigene Fotos drucken oder auch Fotos von anderen Fotografen kaufen. Mit jedem Kauf eines Bildes unterstützen sie dabei ein soziales Projekt in der Region, in der das Foto gemacht wurde. Im Interview erklärt Gründer Thomas Heinrich, wie diese Idee entstanden ist, wie sie ankommt und wie er sie weiterentwickeln will.

Das Photocircle-Team: Francesco Laddomada, Thomas Heinrich, Gianna Behrendt, Ralph Schulz, Saskia Otto Das Photocircle-Team: Francesco Laddomada, Thomas Heinrich, Gianna Behrendt, Ralph Schulz, Saskia Otto

förderland: Hallo Herr Heinrich, bei Ihrem Start-up Photocircle kommt dem Motiv eines Fotos eine ganz besondere Bedeutung zu. Verraten Sie uns, worum es geht? Können Sie das Konzept an einem Beispiel erläutern?

Thomas Heinrich: Bei Photocircle steht das Motiv ganz klar im Vordergrund. Normalerweise ist es ja so: Wenn ich ein Bild von einem Fotografen kaufe oder meine eigenen Urlaubsbilder drucken lasse, wird das Motiv außer Acht gelassen und nicht am Verkauf beteiligt.

Wir möchten das ändern und unseren Fotografen und Kunden die Möglichkeit geben, dem Motiv auf ihren Bildern, etwas zurückzugeben. Bei Photocircle kann man eigene Bilder als Premium-Kunstdruck (z. B. auf Leinwand, Alu Dibond oder Acrylglas) bestellen oder Fotos von internationalen Top-Fotografen kaufen. Mit jedem Kauf unterstützt man ein soziales Projekt seiner Wahl in der Region, in der das Bild entstanden ist.

Zum Beispiel haben wir einen Fotografen, der den Großteil seiner Bilder, die er auf unserer Plattform anbietet, in Bangladesh im Rahmen seiner Arbeit für die Organisation NETZ gemacht hat. Er wollte, dass die Erlöse aus dem Verkauf seiner Bilder direkt auch dieser Organisation zu Gute kommen. Also haben wir NETZ e.V. als Partner mit aufgenommen. Kauft man nun eines der Bilder von besagtem Fotografen Jakob Berr ermöglicht man 5 Mädchen in Bangladesh den Besuch einer Grundschule.

Wie ist die Idee zu Photocircle entstanden?

Heinrich: In den letzten Jahren habe ich mehrere längere Reisen in Lateinamerika und Asien gemacht. Als Fotograf möchte man ja immer möglichst authentische Bilder machen und besondere Momente festhalten - meist fotografiert man sogar Menschen in ihrem Alltag ohne deren Kenntnis. Mir war dabei oft nicht wohl und ich hatte ein schlechtes Gewissen. Dieses Gefühl verstärkt sich dann noch, wenn man für seine Bilder Lob und Anerkennung oder sogar Geld bekommt. In Gesprächen mit anderen Fotografen erfuhr ich, dass viele ein ähnliches Gefühl plagte. Der Wunsch, dass letzten Endes alle Akteure von einer schönen Aufnahme profitieren, wuchs in mir - so entstand die Idee für Photocircle.

Stellen Sie uns das Gründerteam kurz vor ...

Heinrich:
Nachdem ich das Konzept von Photocircle entwickelt hatte, brauchte ich als erstes einen guten Programmierer. Ich lebte damals in einer WG mit zwei Freunden, die auch in Berliner Start-ups arbeiten. Einer meiner Mitbewohner, Giuseppe von Sardinien, schlug mir vor einmal seinen Bruder Francesco zu fragen. Der war sofort begeistert und zog eine Woche später zu uns in die Wohnung. Von da an arbeiteten wir anfangs in unserer Küche an der Umsetzung unserer Vision. In den darauf folgenden Monaten kamen weitere Teammitglieder aus unserem Bekanntenkreis hinzu.

Sie haben ja bereits eine Reihe an Kooperationspartnern an Bord ...


Heinrich:
Das ist richtig. Wir arbeiten bereits mit der UNO Flüchtlingshilfe, Plan International, CARE, NETZ e.V., BOS-Deutschland und auch kleineren lokalen Initiativen wie z. B. den Schülerpaten Berlin und der Kulturloge Berlin zusammen. Derzeit unterstützen wir bereits 17 Projekte in 16 verschiedenen Ländern. Stück für Stück wollen wir weitere Partner mit aufnehmen, so dass wir mittelfristig in den meisten Regionen der Welt Projekte unterstützen können.

Photocircle versteht sich als Social Business – und Ihr Geschäftskonzept enthält ja auch eine "soziale Komponente". Was ist darüber hinaus "social" an Ihrem Business?


Heinrich:
Nun, wir wollen einmal das Motiv am Erfolg der Bilder beteiligen. Das machen wir durch die Förderung lokaler Projekte. Darüber hinaus möchten wir so auch erreichen, dass das Motiv als bewusster Bestandteil der Fine Art Fotografie wahrgenommen wird. Des Weiteren schaffen wir mit unserem Modell eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten.

Das heißt auch unsere Fotografen und Kunden profitieren. Fotografen können bei uns selber entscheiden, für welchen Preis sie ihre Fotos anbieten und mit welchem Prozentsatz ihres Gewinnes sie Projekte unterstützen möchten. Kunden zahlen bei uns nicht mehr als auf herkömmlichen Fotoplattformen, bekommen aber nicht nur ein qualitativ hervorragendes Produkt, sondern auch noch die Möglichkeit etwas Gutes zu tun. Dafür verzichten wir auf teure Marketingkampagnen und konzentrieren uns stattdessen auf PR und Social Media.

Neben den sozialen Ansatz, den wir verfolgen, ist Nachhaltigkeit im Allgemeinen ein fester Bestandteil unserer Unternehmenskultur. Wir verwenden so zum Beispiel ausschließlich Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft, haben klimaneutrales Hosting und liefern unsere Produkte auf ökologisch bestmöglichem Weg.

Sehen Sie in der Idee Social Business ein Zukunftsmodell für unser Wirtschaftssystem?

Heinrich:
Absolut. Die Konsumenten sind kritischer geworden und achten darauf, was hinter einem Unternehmen steckt und ob es sich sozial engagiert. Das Internet ermöglicht es auch kleineren Start-Ups, mit kreativen sozialen Ideen und Kampagnen gegen große Konkurrenten anzukommen.

Allerdings gibt es durch diesen Trend auch immer mehr Unternehmen, die Greenwashing betreiben, um mehr Kunden zu gewinnen und mehr Absatz zu generieren. Glaubwürdigkeit und Transparenz auszustrahlen, ist daher sehr wichtig, um sich von der Masse abzuheben.

Sie sind seit Juli 2012 am Start. Wie wird Photocircle bisher von den Nutzern angenommen?

Heinrich: Das Feedback bisher war überwältigend. Unsere Fotografen freuen sich, dass sie erstmalig ihren Umsatz steigern können und den Ländern und Menschen, die sie lieben gelernt haben, etwas zurückgeben können.

Unsere Kunden sind von unserer Qualität begeistert. Sie finden es toll, dass sie bei uns ein tolles Produkt erwerben UND etwas Gutes tun können und nicht mehr zahlen müssen als bei herkömmlichen Fotoplattformen. Weiterhin bekommen wir viel Lob für unsere Bildauswahl.

Was sind die nächsten Meilensteine? Was die größten Herausforderungen?

Heinrich: Wir wollen uns so schnell wie möglich auf dem Online-Fotomarkt etablieren. Dafür wollen wir Stück für Stück unsere Plattform optimieren, sowie neue Partner und Fotografen gewinnen. Wir sind auch auf der Suche nach Unternehmenskooperationen. Mittelfristig werden wir neben Deutschland auch einen stärkeren Fokus auf ausländische Märkte legen. Die größte Herausforderung zur Zeit ist es jedoch, aus so vielen Besuchern wie möglich glückliche Kunden zu machen.

Vielen Dank für das Interview!

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