Konflikte bergen immer Potenzial zur Entwicklung der Persönlichkeit und können als Chance für jeden Einzelnen und eine Bereicherung für Teamarbeit verstanden werden. Wenn man Konflikte positiv nutzen will, muss man Information und Kommunikation untereinander organisieren und pflegen. Das heißt vor allem, sich die dahinter liegenden Strukturen deutlich machen und die Mechanismen begreifen.
Die oberste und wichtigste Devise lautet: "Miteinander, nicht übereinander reden". Das hat diese Konsequenz: Alle Beteiligten sollten über Grundlagen der zwischenmenschlichen Kommunikation und über den Umgang mit Konflikten qualifiziert werden.
Kommunikationsprobleme
Die zwischenmenschliche Kommunikation ist geprägt von einer Fülle von Missverständnissen:
- Gedacht bedeutet nicht gesagt.
- Gesagt bedeutet nicht gehört.
- Gehört bedeutet nicht verstanden.
- Verstanden bedeutet nicht einverstanden.
- Einverstanden bedeutet nicht angewendet.
- Angewendet bedeutet noch lange nicht beibehalten.
Die Kommunikation hat verbale und nonverbale Anteile. In Konfliktsituationen stimmen oft die verbalen und nonverbalen Anteile nicht überein, so z.B., wenn ein Mitarbeiter mit nach unten gezogenen Mundwinkeln und mit einer Trauerstimme verkündet, dass es ihm sehr gut geht in der Zusammenarbeit im Team. Dieses „nichtkongruente Verhalten“ signalisiert erhöhten Handlungsbedarf für die Leitung.
Das Vier-Seiten-Modell der Kommunikation zeigt, wie differenziert zwischenmenschliche Kommunikation abläuft. Besonders interessant sind natürlich die versteckten Botschaften. Die Inhalte sind meist klar erkennbar, doch auch hier lohnt es sich, genauer nachzufragen.
Konflikte souverän meistern
Vor einer Konfliktauseinandersetzung – auch einer friedlichen – müssten die folgenden Fragen geklärt werden:
- Kann die Gegenseite überzeugt werden?
Dies läuft auf eine Verhandlung hinaus. - Kann man sich auf Gesetze berufen?
Dies würde bedeuten, eine Verhandlung zunächst anzubieten, dann ggf. die rechtliche Klärung zu versuchen. - Kann man die Konfliktpartner zwingen?
Das heißt: Verhandlung anbieten, notfalls kämpfen. - Müssen bestimmte Dinge auf jeden Fall durchgesetzt werden?
Strategie dazu: überraschende Aktionen vornehmen und kämpfen. Mit Kampf ist hier die nachdrückliche Vertretung eigener Positionen gemeint. Das bedeutet den Versuch der Durchsetzung auf verschiedenen Wegen.
Die verschiedenen Möglichkeiten, mit Konflikten umzugehen, beruhen also auf drei Grundstrategien:
- Kampf um Sieg und Niederlage
- Verhandlung
- rechtliche Klärung
Die erste und die dritte Strategie sind wenig hilfreich, um eine Zusammenarbeit zu fördern. Daher sollen nun Varianten der Konfliktregelung nach ihren Vor- und Nachteilen erörtert werden. Vielfach finden wir sie in den drei Strategien als Vorbereitung oder als Handlungsskript. Im Folgenden finden Sie die 10 Varianten der Konfliktregelung.
Variante 1 – Offener Kampf
Hier wird offen konfrontiert und gedroht. Bluff und Provokation sind die Instrumente. Wenn einer der Kontrahenten flieht oder nachgibt, ist der Konflikt beendet.
Dies Vorgehen kann fair oder unfair durchgeführt werden. Gewinner ist der, der die eigene Überlegenheit glaubhaft machen kann.
Vorteile | Nachteile |
---|---|
Fronten sind klar. | Folgekonflikte wegen Rachebedürfnis sind nicht ausgeschlossen. |
Positionen sind klar. | Ansehensverluste für beide Kontrahenten sind die Folge. |
Durch einen Gewinn ergibt sich auch eine Abschreckungswirkung für spätere Fälle oder für andere Gegner. | |
Die eigene Machtposition wird gefestigt. |
Variante 2 – Verdeckter Kampf
Wir kennen diese Mittel: Sabotage, Intrige, üble Nachrede, Fallen, Angriffe aus dem Hinterhalt und fiese Tricks. Sie sind immer unfair und häufig gegen die gerichtet, die als überlegen gesehen werden.
Vorteile | Nachteile |
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Gewinnen gegen stärkere Gegner scheint möglich. | bei Offenkundig-Werden der Tricks Ansehensverlust |
Unbeteiligte bemerken häufig lange nichts. | großer Energieverlust |
Erpressbarkeit durch Mitbeteiligte oder Beobachter |
Variante 3 – Auf Eis legen
Manchmal ist das Verzögern sinnvoll, wenn sich die Probleme im Lauf der Zeit dadurch von selbst erledigen. Manchmal ist dies auch nötig, um die eigene Vorbereitung zu begünstigen.
Vorteile | Nachteile |
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Ein offener Konflikt wird vermieden. | Manche Konflikte entwickeln auf diese Weise eine „Gärung“ und gar Sprengkraft. |
Zeit für eigenen Strategien wird gewonnen. | Zeitgewinn auch für den Kontrahenten |
möglicher Ansehensverlust |
Variante 4 – Harmonisieren
Hier geht es in erster Linie um den Erhalt der guten und friedvollen Atmosphäre. Deshalb werden die „Wogen geglättet“. Differenzen werden heruntergespielt, Gemeinsamkeiten werden verdeutlicht. Unverfängliche Gesprächsthemen sollen die guten Beziehungen wiederherstellen.
Vorteile | Nachteile |
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Begünstigung der Konfliktlösung in einer fairen Verhandlung | Erzeugen von Misstrauen |
Unnötige Beleidigungen und Kränkungen werden vermieden. | Auffassung der Haltung als Nachgeben ohne zu realisieren, dass der Konflikt doch nicht gelöst ist |
Variante 5 – Fair Play
Durch Spielregeln oder Losverfahren beenden von Konflikten. Zum Beispiel Mehrheitsbeschluss oder gar ein Münzwurf. Voraussetzung ist die Einvernehmlichkeit der Regel. Verlierer dürfen danach keine Neuentscheidung verlangen.
Vorteile | Nachteile |
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Chancengleichheit für jede Konfliktpartei | Lösung evtl. sachlich nicht fundiert |
schnelles Ergebnis | u.U. ist die Lösung vor Dritten schwer zu begründen |
Variante 6 – Koexistenz
Beide Parteien erhalten ihre Ansprüche zu bestimmten Zeiten oder in einem bestimmtem Rahmen erfüllt, z.B. geteilte Leitung, zwei verschiedene Vorgehensweisen nacheinander etc.
Vorteile | Nachteile |
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kein Sieger und kein Verlierer | faule Kompromisse und Verzögerung klarer Entscheidungen |
Man kann die Lösung erproben. | ggf. Unübersichtlichkeit |
Variante 7 – Kompromiss
Zug um Zug werden Zugeständnisse gemacht, sodass am Ende keine Verliererposition entsteht. Es kommt darauf an, dass genau abgewogen wird, welche Angebote zu machen sind und in welchen Schritten. Prinzip „tit for tat“. Dazu gehört es auch, dass die Dehnbarkeit der eigenen Position und die Grenzen klar sind und auch die Schmerzgrenze des Gegenüber bekannt ist. Das bedeutet nicht, dass mit „offenen Karten“ gespielt wird.
Vorteile | Nachteile |
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Jeder kann nur einen Teilsieg erringen und nur ein wenig verlieren. | Häufig ist der Kompromiss durch rhetorische Taktiken erreicht, dadurch gibt es doch einen Verlierer. |
Lerneffekt, dass mit einem Gegner ja verhandelt werden kann. | Der kleinste gemeinsame Nenner ist ein fauler Kompromiss. |
Vermeiden von Extremstandpunkten | Zugeständnisse könnten wieder zurückgenommen werden. |
Variante 8 – Kooperation
Wünschenswert, weil eine Lösung erreicht wird, die allen Seiten gerecht wird. Diese Variante setzt bereinigte Rachegefühle, das Fehlen eines Wunsches, den anderen zu belehren oder zu übertrumpfen, voraus.
Eine grundsätzliche Wertschätzung ermöglicht Kooperation. Die Interessen, Befürchtungen und Absichten werden offen gelegt. Trennendes wird sachlich erörtert. Der Standpunkt der Gegenseite wird aus deren Sicht zu verstehen gesucht, Angriff/Vorwurf oder Rechtfertigung werden vermieden. Ein Zugehen auf den Kontrahenten wird nicht mit der Erwartung begleitet, dafür eine Gegenleistung zu erhalten.
Lösungsvarianten werden gemeinsam erarbeitet und durchdacht, bis man sich auf eine einigt. Diese Variante geht zurück auf das Harvard-Konzept für Interessenausgleich und Verhandlung.
Vorteile | Nachteile |
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Eine dauerhafte Lösung wird begünstigt. | häufig blockiert durch Machtinteressen |
Keine Seite sieht sich als Verlierer. | Hohe Emotionalität im Umfeld verhindert diese Verhandlungsform. |
Der Respekt voreinander wird erhalten. |
Variante 9 – Kapitulation oder Nachgeben
Eine Partei verzichtet auf die weitere Durchsetzung ihrer Standpunkte (z.B. weil es hoffnungslos ist, man keine Lust mehr hat, sich aufzureiben, weil man gehorsam sein muss, weil man es vielleicht später wieder braucht). Die Kapitulation wird jedoch negativ eingeschätzt, sodass oft eher die eigene Vernichtung akzeptiert wird. Sinnvoll wäre es, die Kapitulation entweder positiv mitzutragen oder sich konsequent zu verabschieden.
Vorteile | Nachteile |
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Beenden eines Konflikts vor größerer und zerstörerischer Eskalation | Standpunkt des Kontrahenten muss vor der Außenwelt vertreten werden, dadurch innere Konflikte |
taktische Verwertbarkeit möglich | Die Außenwelt könnte einen als Verlierer oder Feigling ansehen. |
Variante 10 – Flucht oder Trennung
Manchmal lohnen sich die Konflikte nicht, um damit seinen Alltag zu vergällen. Zu viel Energie wird abgezogen, die Qualität der eigenen Arbeit, die eigene Gesundheit und gar weitere Beziehungen werden gestört. Insbesondere Dauerkonflikte wirken so. Dann ist es oft besser, „das Feld zu räumen“. Die Pause vom Konflikt kann zeitweise – durch Urlaub oder einen Kontaktabbruch –, oder dauerhaft durch Umsetzung, Versetzung, oder gar Kündigung erfolgen. Diese Entscheidung kann durchaus vernünftig sein.
Vorteile | Nachteile |
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Beenden eines Konflikts, bevor dieser größer und zerstörerischer eskaliert | u.U. wirtschaftliche Nachteile durch Wechsel der (Arbeits-)Umgebung |
erhält die eigene „Lebenskraft“ | Der Konflikt wird nicht gelöst und wirkt ggf. nach. |
Konfliktmanagement ist eigentlich ein präventiver Ansatz. So sollte man nicht nur auf Konflikte reagieren, sondern ein vertrauensvolles Klima schaffen, in dem gegenseitiger Respekt, größtmögliche Offenheit und eine gegenseitige Wertschätzung herrschen.
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