Beispiel
Die Universitätskliniken Göttingen, Lübeck, Magdeburg und die medizinische Hochschule Hannover haben bereits vor Jahren einen Kooperationsvertrag geschlossen und einen überregionalen Einkaufsverbund gebildet. Das Ziel: Gemeinsame Lieferverträge bündeln und die Einkaufspreise nachhaltig senken, Standardsortimente gemeinsam definieren sowie eine gemeinsame Datenbasis schaffen. Hierzu gehört auch die Einführung einer eBusiness-Plattform.
Durch gemeinsame Verhandlungen und Ausschreibungen lassen sich die Stärken der 4 Einkaufsabteilungen nutzen, um zum Beispiel Markttransparenz zu schaffen.
Ihre Gründe für die Beteiligung an einer Einkaufskooperation
Der immer intensivere Wettbewerb führt zwangsläufig zur Notwendigkeit, sich nach neuen kreativen Einkaufsaktivitäten umzusehen. Die zunehmende Konzentration auf der Lieferantenseite und der ständig steigende Kostendruck im Einkauf verlangen außerdem einen offensiven Umgang mit alternativen Einkaufsmethoden. Größere Unternehmen können dieser Situation häufig dadurch gerecht werden, dass sie in bestimmten Bereichen unternehmensinterne Kooperationen eingehen oder auf den verschiedenen Kontinenten Einkaufsbüros eröffnen, die eigene Fertigung in sogenannte Low-Cost-Countries verlagern oder vertikale Entwicklungspartnerschaften durchsetzen. Wenn Sie nicht gerade in solche Organisationen eingebunden sind, sollten Sie den Nutzen der Kooperation als eine Chance für sich einmal genauer betrachten.
Einkaufskooperation ist keine neue Modeerscheinung
Die Einkaufskooperation ist nicht wirklich neu – im Gegenteil: Es gibt Sie in einigen Branchen und Märkten schon recht lange und das auch sehr erfolgreich. Erkundigen Sie sich im Umfeld des Handels – hier gibt es über Jahre gewachsene Einkaufskooperationen. Selbst die eher „schwerfälligen“ Behörden und Ämter haben erkannt, dass der gemeinsame Einkauf erhebliche Einsparungen ermöglicht.
Rüsten Sie sich gegen Einwände
Zu schnell werden die fast schon klassischen Einwände und Vorurteile gegen eine Kooperation, insbesondere in kleinen und mittelständischen Unternehmen, laut. Bevor Sie sich weiter mit dem Thema beschäftigen, prüfen Sie, ob Sie die von Kritikern am häufigsten vorgebrachten Punkte ebenfalls unterstützen.
Legen Sie Ihre Ziele fest
Bei der Definition der Ziele sollten Sie sich neben den rein „monetären Zielen“ auch auf die „nicht monetären Ziele“ konzentrieren. Lassen Sie sich ausreichend Zeit damit. Besprechen Sie die Zielsetzung von Beginn an mit der Unternehmensführung.
Übersicht: Ziele einer Einkaufskooperation
monetäre Ziele
- Reduzierung der Einstandspreise
- Reduzierung der Bezugskosten
- Verbesserung der Zahlungs- und Lieferbedingungen
- Optimierung der Bestellabwicklungskosten
- Reduzierung der Lagerhaltungskosten
- Verringerung der Qualtitätskosten und weitere
nicht monetäre Ziele
- Erweiterung der Markttransparenz
- Ausbau der Einkaufskompetenz
- Einbringung von Technologieanregungen
- Steigerung des Know-how-Transfers
- Schaffung von Möglichkeiten zur Substitution
- Erhöhung des Standardisierungsgrads und weitere
Hinweis
Beachten Sie die Nebeneffekte: Insbesondere solche, die in Kooperationen aufgrund der Synergien und des informellen Informationsaustauschs auftreten, können Ihnen erhebliche Vorteile bringen. Im Vorfeld sind diese Punkte nicht so leicht zu erkennen.
Checkliste: Auswahl eines Kooperationspartners
grundsätzliche Abstimmung
- Kann die Marktmachtposition als ausgeglichen bezeichnet werden?
- Sind beiderseitige Vorteile aus der Kooperation zu erwarten?
- Lässt sich ein überdurchschnittliches Potenzial vermuten?
- Ist ein gemeinsamer Wille zur Kooperation zu erkennen?
- Sind die Risiken für alle Beteiligten durch die Teilnahme überschaubar?
Überprüfung der Orientierung in der Unternehmenskultur
- Ist die Ausrichtung auf die Kunden vergleichbar?
- Ist der Stellenwert der Mitarbeiter vergleichbar?
- Ist die Berücksichtigung der Umwelt gleich wichtig wie bei Ihnen?
- Ist die Internationalisierung vergleichbar?
- Wird vergleichbar Wert auf Innovation gelegt?
- Hat Technologie einen ähnlichen Stellenwert?
- Hat Qualität eine vergleichbare Bedeutung?
Analyse der strategischen Ausrichtung
- Gibt es eine gewisse Harmonie in der Ausrichtung der Business-Pläne?
- Wird ein vergleichbarer Planungshorizont genutzt?
- Liegt grundsätzlich eine vergleichbare strategische Ausrichtung vor?
Beispiele für eine Zielsetzung einer Einkaufskooperation finden Sie in der Abbildung auf der vorigen Seite. Bei der Festlegung der Ziele werden Sie schon erkennen können, dass die Bildung einer Einkaufskooperation ein sehr anspruchsvolles Projekt darstellt. Gleichzeitig bietet sich aber eine riesige Chance, die Sie ohne Kooperation mit anderen Partnern nicht realisieren können.
Tipp
Nutzen Sie die Zielsetzung auch zur Werbung bei der Suche nach geeigneten Kooperationspartnern.
Was Sie in der Startphase einer Kooperation beachten sollten
Die Erfahrungen aus bereits existierenden Einkaufskooperationen zeigen, dass es sehr vorteilhaft ist, wenn sich der Initiator mit den wichtigsten Aspekten bereits auseinandergesetzt hat, bevor die Kooperation richtig startet. So sollten Sie möglichst die Antworten zu den folgenden Fragen vorliegen haben:
- Wie sollen die wesentlichen Einsparungen durch die Einkaufskooperation erarbeitet werden?
- Anhand welcher Kriterien sollen die Kooperationspartner ausgewählt werden?
- Welcher Zusatzaufwand entsteht in den einzelnen Einkaufsabteilungen der Teilnehmer?
- Welche Daten sollen wie (in welcher Form) erfasst und ausgewertet werden?
- Inwieweit müssen die einzelnen Teilnehmer auf die vollkommene Selbständigkeit des Einkaufs verzichten?
- Wer übernimmt innerhalb der Kooperation welche Aufgaben und Pflichten?
- Wie kann ein vertragliches Übereinkommen über die Nutzung der Ergebnisse aufgebaut sein?
Je nach Branche und Teilnehmer können Kooperationen differieren. Die meisten Fragen sollten Sie individuell und auf die einzelne Kooperation hin beantworten. Je nach Markt, Branche und Unternehmen können die Antworten sehr unterschiedlich ausfallen. Bei der Auswahl der Kooperationspartner erscheint es allerdings sinnvoll, dass Sie sich an dem vorgeschlagenen Kriterienkatalog orientieren.
Die Partnerwahl stellt für Sie eine strategische Entscheidung dar
Bei einer derart strategischen Allianz wie der Einkaufskooperation kommt der Auswahl des Kooperationspartners zweifelsohne die entscheidende Rolle zu. Wenn Sie durch eine Kooperation interessante Ergebnisse erzielen wollen, müssen Sie deshalb die Kooperationspartner entsprechend Ihrer Zielsetzungen auswählen.
Übersicht: Unterteilen Sie in 3 Auswahlkriterien
- grundsätzliche Abstimmung mit möglichen Kooperationspartnern
- Überprüfung der Unternehmenskultur der möglichen Kooperationspartner
- Analyse der strategischen Ausrichtung der möglichen Kooperationspartner
Hinweis
Jeder der Kooperationsteilnehmer sucht auch nach persönlicher Anerkennung. Achten Sie insbesondere darauf, dass jeder Partner für sich durch die Teilnahme auch eine Chance erhält, einen nennenswerten Erfolg zu erzielen.
Erstellen Sie einen Kriterienkatalog zur Auswahl
Ähnlich einem Auswahlverfahren für Lieferanten sollten Sie einen Kriterienkatalog zusammenstellen und die möglichen Kandidaten bewerten. Generell ist zur besseren Übersicht der Bewertung zu empfehlen, dass Sie die Auswahlkriterien in 3 Gruppen unterteilen.
Die letzte Entscheidung, ob Sie mit einem möglichen Kooperationspartner zusammenarbeiten, kann Ihnen kein System abnehmen. Es ist eine Frage von Chance und Risiko. Legen Sie deshalb großen Wert auf eine möglichst objektive Bewertung. Hierzu können Ihnen dann auch die Ergebnisse der Beurteilung sehr nützlich sein.
In der nächsten Ausgabe erfahren Sie mehr über die Durchführung und die operative Abwicklung einer Einkaufskooperation.
Checkliste: Testen Sie Ihre Einstellung zu Einkaufskooperationen
- Haben Sie Angst davor im Einkauf die Selbstständigkeit für Ihre Entscheidungen zu verlieren?
- Möchten Sie Ihre internen Einkaufsdaten auf keinen Fall einem anderen „Partner“ offen legen?
- Vermuten Sie, dass Sie Ihre direkten Kontrollmöglichkeiten in Bezug auf Ihre Lieferanten verlieren?
- Sind Sie der Überzeugung, dass durch eine Kooperation zusätzlicher Aufwand entsteht, der in keinem Verhältnis zu den Einsparungen steht?
- Sind Sie jemand, der eine Einkaufskooperation grundsätzlich ablehnt – unabhängig davon welche Einsparpotenziale sich verbergen?
Fazit: Sollten Sie die Feststellungen nicht unterstützen können, sind Sie der „richtige Mann“ für die Einkaufskooperation.
Markus Lemme
Der Chefredakteur: Markus Lemme hat langjährige und internationale praktische Erfahrung im Einkaufsmanagement. Er ist seit mehr als 10 Jahren erfolgreicher Trainer, Berater sowie Coach und ist speziell für Einkaufsabteilungen tätig.