Sie treten nicht nur in Unternehmen, sondern auch in anderen wirtschaftlich tätigen Organisationen auf. Dieser Versuch einer Definition ist sehr weit gefasst. Einige Beispiele können die Bandbreite der Wirtschaftskriminalität verdeutlichen:
- Bestechlichkeit
- Bestechung
- Bilanzmanipulation
- Computersabotage
- Geldwäsche
- Insiderdelikte
- Steuerdelikte
- Unterschlagung
- Urkundenfälschung
- Veränderung von Daten
- Wirtschaftsspionage
Häufig ist die soziale Akzeptanz bei wirtschaftskriminellen Handlungen sehr hoch. Wirtschaftskriminelle werden oft nicht als jemand angesehen, der einer Person oder Institution durch wirtschaftliche Handlungen Schaden zufügt. In Deutschland haben Wirtschaftskriminelle in den vergangenen Jahren in jedem zweiten Unternehmen Wirtschaftsstraftaten begangen. Neben dem finanziellen Schaden entsteht dabei sehr häufig ein Imageverlust, der Geschäftsbeziehungen, Aktienkurse und die Arbeitsmoral der Mitarbeiter beeinträchtigt.
Angst vor Imageschaden verhindert häufig eine entsprechende Strafanzeige
Viele Unternehmer stehen solchen Straftaten hilflos gegenüber. Häufig kommen die Täter aus dem Unternehmen – etwa die Hälfte aller Wirtschaftsstraftaten begehen Mitarbeiter, teilweise aus dem Topmanagement. Vor der Erstattung einer Anzeige schrecken viele zurück, weil sie Angst vor dem Imageschaden haben, der damit verbunden sein kann. Was bleibt, sind interne Revisionen, eigene Ermittlungen oder die Beauftragung eines professionellen Detektivs, der verdeckte Ermittlungen anstellt. Durch Einschleusung eines Mitarbeiters gewonnene Informationen sind jedoch nur dann vor Gericht verwendbar, wenn alles legal abgelaufen ist. Das heißt, der eingeschleuste Detektiv ist zunächst ein ganz normaler Mitarbeiter, der einen rechtsgültigen Arbeitsvertrag unterzeichnet hat. Besonders wichtig ist es in diesem Zusammenhang, die Privatsphäre der Mitarbeiter zu schützen. Der Unternehmer darf nur Informationen erhalten, an denen er ein berechtigtes Interesse hat.
Die fünf Phasen der wirtschaftskriminellen Delikte
Wirtschaftskriminalität richtet großen Schaden in Unternehmen an. Die Motive bleiben jedoch häufig im Dunkeln. Vordergründig geht es um Geld und um persönliche Bereicherung. Die tieferen Bedürfnisse, wie etwa Anerkennung und Selbstbestätigung, bleiben oft unbeachtet. Die Täter zu verstehen, kann jedoch dabei helfen, Gegenmaßnahmen zu entwickeln. Wirtschaftskriminelle, die aus dem Unternehmensumfeld kommen, durchlaufen häufig ganz bestimmte, sehr charakteristische Phasen:
- Am Anfang versuchen sie auf ganz legalem Weg die beruflichen und privaten Ziele zu erreichen.
- Dieses Verhalten ändert sich, wenn Misserfolge eintreten..
- Um den gewünschten Erfolg zu erzielen, greifen sie dann zu illegalen Möglichkeiten.
- Wenn sich der Erfolg einstellt, entsteht der Wunsch nach mehr Erfolg, der Täter fühlt sich bestärkt. Die Angst vor Entdeckung steigt.
- In der letzten Phase kommt der Täter nicht mehr aus dem Strudel der Wirtschaftskriminalität heraus. Er passt sein Rechtsbewusstsein seinem Handeln an, um sein Handeln damit zu rechtfertigen. Wird die Tat schließlich aufgedeckt, tritt sehr häufig ein Realitätsschock ein.
Diese Phasen und die Vorgehensweisen der Täter zu verstehen, hilft häufig dabei, Gegenmaßnahmen zu entwickeln.
Viele Täter sitzen an zentralen Stellen in den Unternehmen
Etwa 25 Prozent der polizeilich registrieren Wirtschaftsstraftäter stammen aus dem Topmanagement. Dadurch ist das Risiko für die Unternehmen besonders hoch, sitzen die Täter doch an zentralen Stellen in den Unternehmen, die mit einem großen Handlungsspielraum einhergehen. Die meisten Unternehmen unterschätzen allerdings diese Gefahr. Sehr wenige halten es für wahrscheinlich, selbst Opfer zu werden. Viele wirtschaftskriminelle Straftaten ließen sich durch strengere interne Kontrollen und verstärkte IT-Sicherheit verhindern.
Die Täter und die dahinterliegenden tieferen Bedürfnisse
- Der egozentrierte Visionär ist ehrgeizig, zielstrebig, selbstbewusst und immer auf seinen Vorteil bedacht. Er setzt sich ganz bewusst über Vorschriften hinweg. Sein Ziel ist ein luxuriöser Lebensstil.
- Der frustrierte Visionär scheitert an seinen zu hohen Erwartungen an sich selbst. Er ist intelligent, gebildet, will etwas Besonderes schaffen. Er hat sozial und ideell motivierte Ziele. Seiner Meinung nach erfährt er nicht genug Anerkennung und zu wenig Unterstützung.
- Das übersteigerte Selbstbild des narzisstischen Visionärs führt dazu, dass er in seinem Umfeld ständig nach Anerkennung und Bestätigung sucht. Geld und beruflicher Erfolg sind äußere Zeichen für seinen Erfolg. Er ist sehr mit sich selbst beschäftigt und verkraftet Niederlagen oder Kritik nur schwer.
- Der Abhängige braucht soziale Beziehungen und enge Bindungen an andere Menschen. Sein Verhalten ist geprägt von einer großen Angst vor dem Alleinsein. Seine Verlustängste führen dazu, dass er fremdbestimmt ist. Stellt jemand materielle Forderungen, ist er bestrebt, diese zu erfüllen, auch wenn er damit sein Rechtsbewusstsein verletzt.
- Der Naive hat eine einfache Persönlichkeitsstruktur und einen geringeren Bildungsgrad. Seine Ziele kommen von außen. Er versucht gewissenhaft und pflichtbewusst zu sein. Stehen komplexe Entscheidungen an, ist er schnell in der Überforderung, dann handelt er unüberlegt, naiv und leichtgläubig. Bewusst illegales Handeln kann ihm niemand vorwerfen.
Die wirklichen Ursachen, die hinter Wirtschaftsstraftaten steckt, sind Misserfolge, zu wenig Anerkennung, Ablehnung und Enttäuschungen.
So können Unternehmen vorbeugen
Die Prävention von Wirtschaftskriminalität muss an den Ursachen ansetzen. Integrität sollte ein wichtiger Unternehmenswert sein. Richtlinien, Regeln und Vorschriften können nur dann wirksam sein, wenn sie auch glaubwürdig sind. Lebt die Unternehmensspitze dies vor und folgen entsprechende Konsequenzen bei Verstößen, untermauert sie damit die Glaubwürdigkeit.
Geben Unternehmen klare Werte vor, erhöht sich die Hemmschwelle für wirtschaftskriminelle Delikte. Aber nicht alle Täter lassen sich davon abschrecken. Der Naive und der Abhängige finden in den Richtlinien eine Orientierung. Egozentrische oder narzisstische Visionäre sind jedoch stärker von eigenen Zielen geleitet und lassen sich davon weniger beeinflussen.
Eine weitere Möglichkeit sind interne Kontrollen. Ihre Wirkung ist abschreckend. Die Wahrscheinlichkeit kriminelles Handeln aufzudecken, steigt damit. Die Mitarbeiter sind über solche Maßnahmen zu informieren. Die Kontrollen und Sanktionen müssen ausnahmslos und regelmäßig erfolgen, sonst bleiben sie ein zahnloser Tiger, der die Straftäter nicht abschreckt. Es kann dazu führen, dass einige – vor allem von den betroffenen Mitarbeitern – das Betriebsklima als misstrauisch empfinden, was dann zu einer erhöhten Kriminalitätsbereitschaft führen kann. Wirkungsvolle Prävention besteht aus einem Mix von mehreren Maßnahmen.