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Vertriebsstrategie

Gewinnen Sie ehemalige Kunden erfolgreich zurück

Im Verhältnis zur Neukundenakquise liegt die Erfolgsquote bei der Kundenrückgewinnung wesentlich höher. Mit der richtigen Vorgehensweise können Sie 20 bis 60 Prozent der Kunden von einer Kündigung abbringen oder nach einem Wechsel zurückholen. Trotzdem kümmern sich nur wenige Unternehmen um ihre abgesprungenen oder vergessenen Kunden.

Natürlich ist ein gewisser Kundenschwund normal. Doch die meisten Unternehmen kümmern sich zu wenig um Kunden, die gekündigt haben oder einfach nicht mehr bestellen.

Gehen Sie systematisch vor, damit eine Rückgewinnungsaktion für Ihre Mitarbeiter nicht zum Frust führt.

Definieren Sie, wann ein Kunde als verloren gilt

In vielen Branchen können Kunden verschwinden, ohne dass es auffällt. Sie bestellen einfach nicht mehr und wechseln stillschweigend zum Wettbewerber.

Finden Sie heraus,woran Sie in Ihrem Unternehmen verlorene Kunden erkennen. Kunden, die normalerweise wöchentlich bestellen,werden z. B. als verloren eingestuft,wenn sie plötzlich einen Monat mit der Bestellung aussetzen.

2 unterschiedliche Zielsetzungen sind möglich

Bevor Sie die Aktion starten, sollten Sie sich im Klaren sein, was Sie erreichen wollen.

Eine Kfz-Versicherung fand durch eine Telefonaktion bei ehemaligen Kunden heraus, dass diese immer dann kündigten, wenn Ihre Prämie nach einem Unfall angehoben wurde.

Die Versicherung hatte aus Kostengründen einen Brief abgeschafft, der den Kunden nach Abwicklung des Schadensfalls meldete: „Nun ist alles erledigt. Wir haben uns darum gekümmert.“

Dadurch setzten die Kunden die Preiserhöhung oft nicht in Bezug zu Ihrem Unfall. Als die Versicherung den Brief wieder einführte, sank die Kündigungsquote messbar.

Ermitteln Sie wichtige Kündigungsursachen

Wenn Sie zum ersten Mal abgesprungene Kunden ansprechen, sollten Sie zunächst herausfinden,warum diese Kunden gehen. Das ermöglicht Ihnen, Ihren Service gezielt zu verbessern.

Hinterfragen Sie die Aussagen der Kunden genau: Obwohl sie oft zunächst sachliche Gründe wie den Preis vorschieben, liegen die Ursachen für Kündigungen in 70 % der Fälle auf der emotionalen Ebene.

Signalisieren Sie Ihren Kunden zu Gesprächsbeginn,worum es Ihnen geht: „Mit geht es darum herauszufinden, warum Sie gehen. Ich will Ihnen nicht zureden, Ihre Kündigung zurückzuziehen.“

Es ist wichtig, dass Sie sich an diese Ankündigung halten. Interesse vorzuschieben, um den Kunden dann doch zum Zurückkommen zu überreden, ist unseriös.

Sie können allerdings die Gelegenheit nutzen, sich eine kleine Tür für spätere Gespräche zu öffnen, wie z. B.:

  • „Dürfen wir Sie weiterhin über Aktionen auf dem Laufenden halten?“
  • „Wir schicken Ihnen gerne weiterhin unsere Kundenzeitschrift zu.“

Halten Sie möglichst auch zu ehemaligen Kunden regelmäßig Kontakt. So stellen Sie sicher, dass Ihre Kontaktdaten aktuell bleiben. Das ist eine wichtige Voraussetzung, um später wieder einmal insGeschäft zu kommen.

Holen Sie verlorene Kunden zurück

Bei wichtigen Kunden sollten Sie so schnell wie möglich einschreiten,wenn diese kündigen. Rufen Sie am besten an, bevor Sie die Kündigungsbestätigungverschicken.

Reagieren Sie möglichst innerhalb von 3 Tagen. Nach dieser Zeit geht dieRückkehrbereitschaft spürbar zurück.

Sagen Sie offen, was Sie wollen: „Sie sind ein wertvoller Kunde und ich bin sehr traurig über Ihre Kündigung. Ich möchte Sie gerne als Kunden wieder gewinnen.“

Viele Kunden reagieren schon deshalb positiv,weil sich jemand für sie engagiert. Aber auch,wenn der Kunde im Moment nicht bereit ist, seine Kündigung zurückzunehmen, bietet Ihnen dieser Kontakt die Chance, später erneut darananzuknüpfen. Fragen Sie den Kunden direkt: „Was kann ich tun, um mit Ihnen in Kontakt zu bleiben?“

Prüfen Sie, ob Ihr Kunde wirklich verloren ist

Bei „leisen Kündigungen“ – also dann, wenn Ihr Kunde einfach nicht mehrbestellt hat – können Sie natürlich nicht sicher sein, ob der Kunde wirklich verloren ist. Eine direkte Nachfrage„Warum haben Sie nicht mehr bestellt?“ würde den Kunden verärgern.

Rufen Sie deshalb unter einem Aufhänger an. Stellen Sie zum Beispiel ein neues Produkt oder eine Aktion vor und versuchen Sie bei dieser Gelegenheit zu erfahren, ob der Kunde unzufrieden ist oder es einen anderen Grund für die ausgefallenen Bestellungen gibt.

Nicht jeder Kunde ist für die Rückgewinnung geeignet

Planen Sie,welche Kunden Sie anrufen wollen und welche nicht. Es gibt Kunden, die Sie lieber nicht zurückholen sollten.

Das sind beispielsweise:

  • unrentable Kunden
  • Kunden kurz vor der Insolvenz
  • untragbare, hoch problematische,ernsthaft schwierige Kunden
  • Schnäppchenjäger, Rosinen-Picker und Konditionen-Hascher, die nur aufunrentable Billigangebote aus sind

Entwickeln Sie individuelle Bewertungskriterien für Ihre Branche und Kundenstruktur. Telekommunikationsanbieter unterteilen Ihre Kunden in Wenig-, Durchschnitts- und Viel-Telefonierer.

Versandhandelsunternehmen nehmen die sogenannte RFMR-Methode (Recency Frequency Monetary Ratio) zu Hilfe: Kunden, die kürzlich gekauft haben, wird ein höherer Punktwert zugeordnet als Kunden, die länger nicht mehr kauften. Wer oft bestellt, erhält mehr Punkte als Einmalkäufer. Kunden mit höherem Bestellwert werden besser bepunktet.

Vergeben Sie für jedes Kriterium Punkte und stellen Sie so ein Ranking auf. Kunden mit hoher Punktzahl sollten Sie zuerst anrufen. Später arbeiten Sie sich dann nach unten durch.

Bei Kundengleicher Punktzahl sollten Sie die bevorzugen, die Ihnen ein schnelles Erfolgserlebnis versprechen. Dabei zeigt die Erfahrung folgendes Bild:

  • Große Chancen haben Sie bei Kunden, mit denen Sie persönlich ein gutes Verhältnis haben.
  • Ältere Kunden sind meist gesprächsbereiter als jüngere.
  • Frauen lassen sich leichter zurückholen als Männer.
  • Multiplikatoren können Ihnen die folgenden Gespräche erleichtern, indem sie bei späteren Gesprächspartnern bereits für gute Stimmung sorgen.

Durch diese Vorauswahl sorgen Sie dafür, dass Sie sich nicht gleich zu Anfang mehrere Absagen holen und frustriert sind.

Die Kunden einer Bank begründeten ihre Kündigung auf kurze Nachfragen hin meist mit hohen Kosten und niedrigen Zinssätzen.

In einem ausführlichen Telefoninterview kamen die tatsächlichen Motive zum Vorschein:

Bank: Wie lange waren Sie Kunde?

Kunde: 12 Jahre.

Bank: Was veranlasste Sie, Ihr Konto aufzulösen und auf eine andere Bank zu übertragen?

Kunde: Die Bank B liegt um die Ecke und zahlt einen höheren Zinssatz.

Bank: Waren die Zinssätze von der Bank B schon immer höher oder stiegen sie erst kürzlich?

Kunde: Ich weiß es nicht. Ich bemerkte es erst kürzlich.

Bank: Was führte dazu, dass Sie es bemerkten?

Kunde: Ich war ein wenig verärgert und las dann eine Anzeige in der Zeitung.

Bank: Weshalb waren Sie verärgert?

Kunde: Um ehrlich zu sein: Es war, weil mein Kreditantrag abgelehnt wurde.

Bank: War das früher auch schon passiert?

Kunde: Ja, aber dieses Mal lehnte man meinen Antrag mit so einem unpersönlichen Standardbrief ab, obwohl ich ein guter Kunde bin!

(Quelle: Frederick F. Reichheld, „Der Loyalitäts-Effekt“)

Manchmal wollen Kunden zunächst Ihre wahren Gründe für den Weggang nicht offen nennen. Meist wird dann der Preis vorgeschoben. Es ist aber auch möglich, dass die wirklichen Gründe denKunden selbst nicht bewusst sind.

Um hinter die ausschlaggebenden Kündigungsursachen zu kommen, hilft Ihnen die „Critical Incidents Technique“ (Kritische Ereignismethode).

Im 1. Schritt fordern Sie die Kunden auf, sich genau an die Situation zu erinnern, die schließlich zur Kündigung führte.

Im 2. Schritt hinterfragen Sie einzelne Punkte mit Fragen wie:

·         „Was passierte an der Stelle ganz genau?“

·         „Wie kam es zu dieser Situation?“

·         „Wer machte was?“

·         „Wie ging es dann weiter?“

·         „Wie fühlten Sie sich dabei?“

·         „Wie haben Sie schließlich reagiert?“

Das Ergebnis dieser Befragung hilft Ihnen, das Problem des Kunden unmittelbar zulösen und gleichzeitig grundsätzliche Serviceschwächen aus der Welt zu schaffen.

Bauen Sie eine neue Loyalität auf

Oft sind Kunden sogar ganz dankbar, dass Sie durch das Gespräch mit Ihnen einen Vorwand haben, zurückzukommen. Vielfach sind Kunden mit dem neuen Anbieter nämlich gar nicht zufriedener. Der Service ist vielleicht vergleichbar, aber die vertrauten Abläufe und Ansprechpartner fehlen.

Kunden bei denen das der Fall ist, können Sie leicht überzeugen, wieder mit Ihnen zu arbeiten. Steuern Sie daher das Gespräch in die von Ihnen gewünschte Richtung, indem Sie sie fragen: „Erzählen Sie doch mal, wie läuft es denn mit der anderen Firma?"

Kommt ein Kunde nach einem Wechsel wieder zu Ihnen zurück, ist er meist loyaler als vorher. Doch diese neue Verbundenheit dürfen Sie nun nicht mehr aufs Spiel setzen.

Der Fehler, der zur ersten Kündigung geführt hat, darf sich nicht wiederholen. Sonst ist der Kunde endgültig weg und eine dritte Chancebekommen Sie nicht.

Franziska Brandt-Biesler

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