Um ein neues Gebiet zu erobern, ist die Neukundengewinnung natürlich erst einmal unumgänglich. Doch sobald ein Kundenstamm vorhanden ist, lohnt es sich meist mehr Zeit in diesen zu investieren.
Prinzip 1: Beachten Sie die 1-3-7 Regel
Die Neukundengewinnung ist um ein Vielfaches aufwendiger als der Ausbau bestehender Kunden.
Praxisfall
Außendienstmitarbeiter Stefan Huber braucht noch 50.000 € Umsatz, um sein Jahresziel zu erreichen. Bei seinen Bestandskunden benötigt er insgesamt 10 Arbeitstage, um diese Summe durch zusätzliche Aufträge zu erreichen.
Konzentriert er sich stattdessen auf Schlummerkunden – also Kunden, die sonst höchstens mal Sonderangebote bei ihm bestellen oder zurzeit ganz inaktiv sind –, muss er schon 30 Tage investieren.
Um 50.000 € bei Neukunden zu bekommen, muss Huber dagegen mindestens 70 Arbeitstage aufwenden bis er genug Kunden akquiriert und überzeugt hat.
Die Faktoren:
- 1-facher Aufwand für Bestandskunden
- 3-facher Aufwand für passive Kunden
- mindestens 7-facher Aufwand für Neukunden
Dies Regeln stimmen über verschiedenste Branchen hinweg.
Gerade der Faktor für die Neukundengewinnung kann sich je nach Bereich auch noch weit nach oben verschieben.
So liegt im Investitionsgüterbereich der erhöhte Aufwand schnell beim 50- fachen oder noch höher im Vergleich zum Verkauf an Bestandskunden.
Natürlich gibt es Ausnahmen von dieser Regel.
Wenn Sie beispielsweise aus strategischen Gründen neue Kundengruppen erreichen wollen, ist die Neukundenakquise die einzige Möglichkeit dazu.
Mein Tipp:
Wenn Sie zusätzlichen Umsatz generieren wollen, betreuen Sie Kunden mit folgender Priorität:
1. Bestandskunden mit Zusatzpotenzial
2. Kunden, die gerade kündigen wollen
3. inaktive Kunden
4. Neukunden
Prinzip 2: Bevorzugen Sie die wichtigen Kunden
Dazu gehen Sie in folgenden 3 Schritten vor.
1. Schritt: Definieren Sie, welche Kunden Ihnen helfen, besonders erfolgreich zu sein. Verschiedene Bewertungsmodelle helfen Ihnen dabei
2. Schritt: Wenn Sie festgelegt haben, wonach Sie den Kundenwert in Ihrem Unternehmen am besten messen können, führen Sie diese Bewertung für alle Kunden durch.
Je nach Branche müssen Sie diese Beurteilung alle 3 bis 6 Monate wiederholen, um alle Veränderungen zu berücksichtigen.
3. Schritt: Stimmen Sie die Kontaktfrequenz auf den Kundenwert ab. Entscheiden Sie, welche Kunden besucht, angerufen oder zu Veranstaltungen eingeladen werden.
Dabei heißt Kontakt nicht immer Besuch. Variieren Sie verschiedene Möglichkeiten.
Sorgen Sie als Führungskraft dafür, dass der Außendienst sich auf wertvolle Kunden konzentriert. Gerade unwichtige Kunden nehmen sonst schnell viel Zeit in Anspruch.
Prinzip 3: Schreiben Sie eine Wunschliste
Als besonders wirkungsvoll hat sich die Kunden-Wunschliste erwiesen.
Beispiel |
Ein mittelständisches Unternehmen ließ jeden Außendienstler eine Liste der 30 Kunden erstellen, die in seinem Gebiet das meiste Potenzial hatten. Einmal im Monat sprach der Verkaufsleiter die Liste durch. Nach 2 Jahren wurde der Erfolg bewertet. Während im Durchschnitt der Umsatz um 8 % gewachsen war, erarbeiteten die Mitarbeiter bei Ihren Wunschkunden ein Umsatzplus von 84 % in 2 Jahren. |
Diese Wunschliste ist sowohl bei Bestandsals auch bei Neukunden wirksam.
- Lassen Sie jeden Mitarbeiter eine solche Liste mit 20 bis 30 Wunschkunden erstellen. Bitten Sie ihn dabei 2 Fragen zu beantworten:
- Welche Kunden sollen gewonnen oder ausgebaut werden?
- Warum sollten diese zu Ihrem Unternehmen wechseln?
- Sprechen Sie einmal pro Monat über jeden einzelnen Kunden. Die Außendienstler sollen aber nicht mit Gewalt versuchen, die Kunden zu überreden, sondern …
- ein Auge auf Chancen halten und
- im richtigen Moment mit Angeboten sowie Ideen auf den Kunden zutreten.
4. Prinzip: kein Gespräch ohne Ziel
Einen Kunden zu besuchen,weil man gerade in der Nähe ist oder weil er lange nicht besucht wurde, reicht nicht aus.
Kundenbesuche, zu denen der Außendienst ohne Ziel geht, führen in der Regel auch zu keinem Ergebnis.
Regen Sie Ihre Mitarbeiter an, sich schon bei der Terminplanung auf 2 Ziele pro Termin festzulegen, und zwar:
- ein Minimalziel: Was will Ihr Mitarbeiter auf jeden Fall erreichen (z. B. Ansatzpunkte für ein Angebot herausarbeiten)?
- ein Optimalziel: Was ist möglich, wenn das Gespräch bestmöglich läuft (z. B. eine Vorabzusage für Produkt X bekommen)?
5. Prinzip: Setzen Sie den richtigen Verkäufertyp ein
Nicht jeder Verkäufer ist der richtige Typ für die Neukundenakquise.
Überprüfen Sie, ob Sie die zu Ihrer Vertriebsstrategie passenden Verkäufer beschäftigen.
Hunter (Jäger) können gut und schnell neue Kunden finden und abschließen. Farmer haben ihre Stärken eher in der Pflege und dem gezielten Ausbau bestehender Kundenbeziehungen.
In manchen Unternehmen sind die Funktionen getrennt. Die Hunter gewinnen neue Kunden und übergeben dessen Kontakte einige Zeit nach dem Abschluss an ihre Kollegen, die Farmer, weiter, die den Kontakt dann zukünftig betreuen und erweitern.
Legen Sie also genau fest, wie Sie Ihre Prioritäten setzen wollen und wählen Sie den dazu passenden Mitarbeiter gezielt aus.
Franziska Brandt-Biesler