Vielleicht hat Ihre Unternehmensführung dennoch bisher so weit wie möglich versucht, die gesamte Belegschaft zu halten. Schließlich wächst insgesamt in den Firmen das Bewusstsein dafür, dass
- qualifiziertes Personal heute und in Zukunft einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil darstellt.
- die traditionelle Personalpolitik, wie Sie sie aus früheren Krisensituationen kennen (z. B. betriebsbedingte Kündigungen oder Massenentlassungen), nur noch bedingt greift.
Infolgedessen empfiehlt es sich, auf ein Personalmanagement zu setzen, das kurzfristig agiert und akut handelt, ohne die Perspektiven aus den Augen zu verlieren. Dabei stehen Sie allerdings den folgenden Herausforderungen gegenüber:
- Was können Sie tun, wenn der Druck auf die Personalkosten zu groß wird?
- Welche Möglichkeiten haben Sie – neben den klassischen Personalabbaumaßnahmen –, die Krise zu bewältigen?
- Wie müssen Sie die Personalpolitik in Krisensituationen konkret und praktikabel ausgestalten?
Das unternehmen Ihre Führungskollegen
Das Institut für Beschäftigung und Employability IBE in Ludwigshafen ist im Frühjahr 2009 im Rahmen einer großen repräsentativen Erhebung mit 343 Unternehmen den oben dargestellten Fragen nachgegangen. Dabei stellte sich heraus, dass …
- insbesondere Maßnahmen aus den Bereichen Führung und Kommunikation als wichtig erachtet werden (z. B. Vertrauen schaffen, umsichtiges und zurückhaltendes Agieren, sowie die Offenheit für kreative Wege zur Bewältigung der Krise).
- auch der Mitarbeiterqualifizierung eine hohe Bedeutung zukommt.
- sowohl flexiblere Arbeitszeitmodelle als auch der Abbau von Überstunden und Mehrarbeit auf breite Zustimmung stoßen.
- in erster Linie dafür plädiert wird, das Budget nicht „quer Beet“ zu kürzen.
- mehr als die Hälfte der Befragten eine Überprüfung von Prozessen zur Effektivitäts- und Effizienzsteigerung für sinnvoll und notwendig erachtet.
- lediglich eine Maßnahme aus dem Bereich der Personalreduktion – die Nicht-Verlängerung von Personalleasingverträgen – sich unter den am häufigsten genannten Ansätzen findet.
Übersicht: Ihre aktuellen Handlungsfelder | |
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Veränderung der Arbeitszeit |
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Qualifizierung |
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Veränderung des Arbeitsortes |
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kooperative Ansätze |
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monetäre Aspekte |
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Reduktion des Personalbestands |
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Führung |
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Kommunikation |
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Ansätze jenseits des Personalmanagements |
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personalpolitische Perspektiven |
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Insgesamt betrachtet können Sie aus diesen Ergebnissen vor allem zwei Aspekte deutlich erkennen:
1. Im Bewusstsein des Spannungsfelds zwischen akutem und perspektivischem Handeln versuchen viele Unternehmen Zeit zu gewinnen bzw. auf Zeit zu spielen.
2. Ihnen sind die Konsequenzen einer voreiligen, umfassenden Cost-Cutting-Strategie im traditionellen Sinne durchaus bewusst.
Hier können Sie aktiv werden
Die links stehende Tabelle zeigt Ihnen die zentralen Handlungsfelder und beispielhafte Maßnahmen, die auch Sie in akuten Krisensituationen in Erwägung ziehen können.
Eine Reihe dieser Personalpolitikmaßnahmen wurden von Ihren Führungskollegen zum damaligen Befragungszeitpunkt zwar als wichtig erachtet, eine Umsetzung konnten sie sich allerdings im Frühjahr 2009 (noch) nicht vorstellen.
Dazu gehörten …
- der temporäre Verzicht der Mitarbeiter auf Entgelt in Form eines Darlehens,
- strategische Allianzen zum Mitarbeiteraustausch,
- die befristete Arbeitnehmerüberlassung,
- strategische Allianzen zum Austausch von Arbeit,
- die Vereinbarung von Arbeit auf Abruf,
- die temporäre Versetzung mit Änderungsvertrag,
- die Arbeitszeitreduktion für alle, sowie
- die Verlängerung der Elternzeit.
Als „unwichtig“ erachteten die Befragten den Einsatz von Interims-Krisenmanagern oder die Gestaltung der Personalstruktur in eine kleine Stammbelegschaft und eine variable Randbelegschaft.
Bleiben Sie flexibel
Ihr tatsächliches Handeln wird letztlich auch entscheidend von der Krisendauer in Ihrem Unternehmen geprägt sein: Je länger diese andauert, desto mehr …
- werden Sie mit Sicherheit die bereits umgesetzten Maßnahmen um weitere ergänzen und
- nimmt der Härtegrad unweigerlich zu.
So wird in vielen Unternehmen aktuell auch über monetäre Ansätze zur Reduzierung der Personalkosten verstärkt nachgedacht; wie beispielsweise:
- die Überprüfung freiwilliger Leistungen
- die Budgetverteilung nach Innovationspotenzial
- die Verschiebung von Lohn- und Gehaltssteigerungen
- die Umwandlung von Gratifikationen in Arbeitszeit
Gleich welche Ansätze Sie letztlich aus dem dargestellten Bündel an Handlungsfeldern und Maßnahmen für Ihren Bereich auswählen: Gehen Sie möglichst getreu dem Motto „Weniger ist mehr“ vor. Der Grund: Es kommt vor allem darauf an, die für Ihre Unternehmenslage und Rahmenbedingungen passenden Maßnahmen aufeinander abzustimmen und konsequent umzusetzen.
Greifen Sie dagegen zu viele Handlungsfelder gleichzeitig auf, besteht die Gefahr, dass Sie sich bei der Umsetzung „verzetteln“ – was in zweierlei Hinsicht negative Folgen nach sich ziehen kann.
- Hier ist zum einen die mögliche Verschwendung von Ressourcen zu nennen, wenn Maßnahmen „im Sand verlaufen“.
- Zum anderen überfordern Sie die Beschäftigten mit einer nicht passgenauen und konsequenten Umsetzung.
Bedenken Sie stets, dass Ihre Mitarbeiter in Krisenzeiten, in denen Meldungen über Betriebsschließungen und Massenentlassungen die Medien beherrschen, zutiefst verunsichert sind und sehr sensibel auf Veränderungen reagieren. Machen Sie sich daher bereits im Vorfeld Gedanken über den Umgang mit auftretenden Ängsten und Vorbehalten. Beides kann nicht zu unterschätzende Auswirkungen auf die Arbeitsmoral haben!
Letztlich hängt der Erfolg Ihres Bereichs aber vor allem von der Motivation und Leistungsbereitschaft Ihrer Mitarbeiter ab.
Prof. Dr. Jutta Rump, Silke Eilers
Frau Professor Rump ist Leiterin des Instituts für Beschäftigung und Employabiliti IBE. Frau Eilers ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an IBE.