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Rohrkrepierer Mindestlohn? – Argumente dagegen

Kein Mittel gegen Armutsbekämpfung

Ein Mindestlohn knüpft nur bei der Bedürftigkeit der Arbeitnehmer an, nicht aber bei der Bedürftigkeit eines Haushaltes. So finden Haushalte von Alleinverdiener mit Kindern keine Berücksichtigung. Hier müssten trotzdem weiter Sozialtransfers geleistet werden. Und selbst wenn man von einem Mindeststundenlohn in Höhe von 7,50 Euro ausgeht, liegen die Einkommen von immerhin noch über 2 Mio. Arbeitnehmern unter der Armutsgrenze.

Kritiker führen daher an, dass ein Mindestlohn nur sehr begrenzt zur Bekämpfung von Armut beiträgt, es müssten immer noch weitere Instrumente zur Bekämpfung der Armut greifen. Um Armut zu bekämpfen, wäre es nach Ansicht der Kritiker, daher deutlich sinnvoller, eine negative Einkommenssteuer einzusetzen.


Keine Verbesserung am Arbeitsmarkt

Ob und wie sich ein Mindestlohn auf den Arbeitsmarkt auswirkt, hängt von seiner Höhe ab. Ein zu geringer Mindestlohn hat praktisch keinerlei Wirkungen. Lediglich die Befürworter eines Mindestlohns könnten auf ihren Erfolg verweisen. 

Ein zu hoher Mindestlohn würde, so befürchten Kritiker, die Arbeitskosten weiter ansteigen lassen und somit nur der steigenden Arbeitslosigkeit Vorschub leistet. Denn die Lohnkosten in den unteren Einkommensschichten übersteigen heute schon oft die Produktivität der Arbeitskräfte. Daraus folgt, dass die Lohnkosten eigentlich weiter sinken müssten, anstatt zu steigen.

Ein Mindestlohn verbessert nicht die Chancen einen Arbeitsplatz zu finden. Arbeitsplätze deren Produktivität unter dem Mindestlohn liegt, werden entweder ins Ausland verlagert oder wenn möglich, dauerhaft abgebaut. Ein Mindestlohn ist im Grunde nur für jene interessant, deren Lohn durch Einführung eines Mindestlohns ansteigt. Das setzt aber gleichzeitig eine Weiterbeschäftigung und eine Beibehaltung der Stundenzahl voraus. 

Aufgrund der Zahl der gering qualifizierten Arbeitslosen ist es aber gleichzeitig notwendig einen Niedriglohnsektor für diese Menschen zu schaffen, um ihnen ein Leben außerhalb von Hartz IV zu ermöglichen. Die Einführung eines Mindestlohns könnte es aber gerade gering qualifizierten Arbeitslosen noch schwerer machen, einen Arbeitsplatz zu finden.

Aushebelung der Zumutbarkeitsregelungen bei Hartz IV

Durch die Einführung eines Mindestlohns würden die Neuerungen von Hartz IV bezüglich der Zumutbarkeit von Arbeit ausgehebelt werden. ALG II-Empfänger müssen heute Arbeitsangebote annehmen, die bis zu 30 Prozent unter Tariflohn bezahlt werden. Diese Regelung ist, vor allem, wenn die Mindestlöhne durch Tarifverträge festgelegt werden, praktisch wirkungslos. 

Faktisch bereits ein Mindestlohn vorhanden

Kritiker führen an, dass in Deutschland durch das soziale Transfersystem (ALG II) faktisch ein Mindestlohn vorgegeben wird, da die große Mehrheit der Arbeitslosen wohl nicht dazu bereit wäre, für ein gleiches oder geringeres Entgelt zu arbeiten. Vielmehr muss das Entgelt wohl sogar einen erkennbaren Abstand zum ALG II aufweisen können.

Ein Mindestlohn führt zu noch mehr Bürokratie

Es stellt sich auch die Frage, wie denn die Einhaltung eines Mindestlohns kontrolliert werden soll und welche Strafen bei Nichtachtung drohen. Soll es bei Appellen bleiben, sollen Klagen ermöglicht werden, muss ein Kontrollorgan eingesetzt werden, welche Strafen sind angemessen? Kritiker befürchten, dass die Überwachung der Einhaltung eines Mindestlohns noch mehr Bürokratie schafft. 

Einschränkung der Tarifautonomie

Ein gesetzlicher Mindestlohn schränkt zunächst einmal die Tarifautonomie ein und könnte für die Gewerkschaften zu einem weiteren Bedeutungsverlust führen. Daher befürworten viele Gewerkschaften vor allem branchenweite Mindestlöhne, die auf den Tarifverträgen basieren.

Lösung durch Tarifparteien?

In einem Land mit starken Gewerkschaften sollte es eigentlich möglich sein, ohne einen Mindestlohn auszukommen, da durch die untersten Entgeltgruppen in Tarifverträgen faktisch Mindestlöhne geschaffen werden.

Der Organisationsgrad der Gewerkschaften in Deutschland beträgt aber mittlerweile weniger als 70 Prozent, Tendenz fallend. Branchen, die einem Tarifvertrag unterliegen haben zwar bereits faktisch einen Mindestlohn, doch viele Branchen in Deutschland unterliegen heute gar keinem Tarifvertrag mehr oder er wird durch Ausnahmeregelungen unterlaufen.

Und selbst dort, wo Tarifverträge gelten, liegen die untersten Einkommensgruppen manchmal unter dem Existenzminimum. Die Gewerkschaften sind also gar nicht mehr allein in der Lage, einen Mindestlohn in allen Branchen durchzusetzen. 

Für die Gewerkschaften wäre es daher wohl die eleganteste Lösung, würde man die unterste Entgeltgruppe von Branchentarifverträgen durch Rechtsverordnung für allgemein verbindlich erklären.  Dann würde diese auch für Arbeitnehmer verbindlichen gelten, bei denen kein Tarifvertrag zur Anwendung kommt. So könnten die Gewerkschaften ihren Einfluss möglicherweise sogar vermehren.


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