Ein generelles gesetzliches Verbot, Alkohol am Arbeitsplatz zu konsumieren oder die Arbeitsleistung in alkoholisiertem Zustand zu erbringen, existiert nicht. Ausnahme: besondere Berufsgruppen. Für bestimmte Berufsgruppen, z. B.
- Fahrer von Gefahrguttransporten,
- Busfahrer,
- Straßenbahn-, U-Bahnfahrer und
- Piloten
sehen die einschlägigen Gesetze strikte Alkoholverbote vor.
Relatives Alkoholverbot gilt für jeden
Jeder Arbeitnehmer muss sich aber an das sogenannte relative Alkoholverbot halten. Dies ergibt sich aus § 15 Abs. 2 und 3 der Unfallverhütungsvorschrift BGV A1. Danach dürfen sich Arbeitnehmer durch den Konsum von Alkohol, Drogen oder Medikamenten nicht in einen Zustand versetzen, durch den sie sich oder andere gefährden.
Arbeitsleistung muss stimmen
Außerdem ist Alkoholgenuss auch ohne gesetzliches Verbot insoweit unzulässig, als er den Arbeitnehmer an der Erfüllung seiner Pflichten aus dem Arbeitsvertrag hindert oder zu Fehlern bzw. stark verlangsamter Arbeitsweise führt.
Vereinbarung hilft
Wenn Ihnen die lückenhafte gesetzliche Vorgabe nicht ausreicht, können Sie durch eine entsprechende Vereinbarung ein absolutes Alkoholverbot einführen. Eine solche Vereinbarung könnte in einem geltenden Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder dem Arbeitsvertrag enthalten sein.
Mustervereinbarung § XY Alkoholverbot Es gilt das diesem Vertrag als Anlage 1 beigefügte betriebliche Alkoholverbot. Anlage 1 § 1 Umfang und Dauer des Alkoholverbots (1) Zur eigenen Sicherheit und der betrieblichen Sicherheit ist es untersagt, Spirituosen in den Betrieb mitzubringen, sich im Betrieb zu verschaffen oder zu sich zu nehmen. Das Betreten des Betriebsgeländes in alkoholisiertem Zustand ist ebenfalls verboten. § 2 Einhaltung des Verbots (1) Bei begründetem Verdacht der Angetrunkenheit hat der Arbeitnehmer auf Aufforderung des Arbeitgebers den Arbeitsplatz und das Betriebsgelände zu verlassen. Nach Grad der Alkoholisierung wird der Arbeitnehmer auf dem Heimweg begleitet. Unter Umständen erfolgt der Heimtransport mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Taxi. Die Kosten trägt der Arbeitnehmer. § 3 Verstoß gegen das Alkoholverbot (1) Sofern keine Suchterkrankung vorliegt bzw. nach Ablauf von zwölf Monaten nach Durchführung einer Entziehungskur, wird ein Verstoß gegen das Alkoholverbot als Verstoß gegen arbeitsvertragliche Verpflichtungen gewertet, der in schweren Fällen oder bei Wiederholung sogar zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses führen kann. § 4 Andere Suchtmittel und Drogen Diese Vereinbarung gilt entsprechend für andere Suchtmittel und Drogen. Unterschrift Arbeitgeber Unterschrift Arbeitnehmer |
Problem: Nachweis der Alkoholisierung
Das Bundesarbeitsgericht hält routinemäßige Alkoholtests im Betrieb für nicht zulässig – selbst wenn sie auf der Grundlage einer Betriebsvereinbarung beruhen. Erforderlich ist immer die konkrete Einwilligung des Betroffenen.
Praxis-Tipp
Weigert sich der Mitarbeiter, sich einem Alkoholtest zu unterziehen, sollten Sie (mindestens) einen Zeugen hinzuziehen und die Verdachtsmomente wie z. B. Fahne, Lallen bzw. verwaschene Sprache oder unsicherer Gang etc. schriftlich mit genauer Zeitangabe dokumentieren. So stellen Sie sicher, dass Sie im Streitfall konkrete Punkte benennen und beweisen können.
Ziehen Sie die richtigen Konsequenzen
Welche arbeitsrechtlichen Maßnahmen Sie treffen können, wenn ein Mitarbeiter alkoholbedingt auffällt oder sich nicht an ein bestehendes Alkohohlverbot hält, hängt von den Ursachen der Alkoholisierung ab.
1. Möglichkeit: Alkoholmissbrauch ohne Sucht
Es existiert ein betriebliches Alkohohlverbot.
Besteht ein betriebliches Alkoholverbot, ist bereits das alkoholisierte Erscheinen am Arbeitsplatz ein Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten. Sie können dem Mitarbeiter die Weiterarbeit untersagen und seine Vergütung entsprechend der ausgefallenen Arbeitsleistung einbehalten. Außerdem können Sie dem Mitarbeiter eine Abmahnung erteilen und im Wiederholungsfall kündigen. Ob bereits eine Wiederholung ausreicht oder mehrere Verstöße notwendig sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.
Es existiert kein betriebliches Alkoholverbot.
Hier ist das alkoholisierte Erscheinen nur dann ein Verstoß gegen arbeitsvertragliche Verpflichtungen, wenn der Arbeitnehmer aufgrund seiner Alkoholisierung nicht in der Lage oder es ihm aufgrund eines gesetzlichen Verbots nicht erlaubt ist, die Arbeitsleistung ordnungsgemäß zu erbringen.
Kein Annahmeverzug
In diesen Fällen bietet der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nicht ordnungsgemäß an, sodass Sie ihn ohne Vergütung nach Hause schicken können. Zusätzlich können Sie auch hier abmahnen und im Wiederholungsfall kündigen.
Wichtiger Hinweis
Eine durch Alkohol bedingte Eigen- oder Fremdgefährdung ist immer ein Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten.
Arbeitnehmer kann haftbar gemacht werden
Fügt der Arbeitnehmer Ihnen alkoholisiert einen Schaden zu, können Sie ihn auf Schadenersatz in Anspruch nehmen. Wäre der Schaden ohne Alkoholkonsum nicht entstanden, trifft ihn nämlich immer ein Verschulden.
2. Möglichkeit: Alkoholabhängigkeit
Anders liegt der Fall, wenn der betroffene Mitarbeiter alkoholabhängig ist. Hier liegt eine Erkrankung des Arbeitnehmers vor, sodass arbeitsrechtlich die kranheitsspezifischen Regelungen zur Anwendung kommen. Verschulden fehlt Bei erstmaligem Auftreten der Suchterkrankung geht die Rechtsprechung normalerweise davon aus, dass die Erkrankung nicht verschuldet ist. Kann also der Arbeitnehmer alkoholbedingt seine Tätigkeit nicht ausüben, ist Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zu leisten.
Krankheitsbedingte Kündigung möglich
Die Zulässigkeit der Kündigung eines alkoholkranken Mitarbeiters erfolgt nach den Spielregeln einer krankheitsbedingten Kündigung. Es müssen also
- eine negative Gesundheitsprognose gegeben sein,
- erhebliche betriebliche Beeinträchtigungen vorliegen und
- eine umfassende Interessenabwägung zugunsten des Arbeitgebers ausfallen.
Mein Rat Therapiebereitschaft austesten
Bei der negativen Gesundheitsprognose machen es Ihnen die Gerichte leichter als bei der normalen krankheitsbedingten Kündigung. Es gibt nämlich einen Erfahrungssatz, wonach ein Alkoholabhängiger ohne fremde Hilfe in absehbarer Zeit nicht geheilt wird. Ist der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Kündigung nicht therapiebereit, spricht also die Zukunftsprognose gegen ihn.
Wichtiger Hinweis
Bei länger beschäftigten Mitarbeitern wird aber verlangt, dass der Arbeitnehmer mindestens einmal in einem Personalgespräch auf seine Suchtproblematik angesprochen wird. Hier sollte ihm deutlich gemacht werden, dass für ihn nur die Alternativen Therapie oder Kündigung bestehen.
Alkoholerkrankung erkennen
Alkoholkranke Mitarbeiter werden in der Regel versuchen, ihre Sucht zu verbergen. Sie sollten daher ein waches Auge auf typische Verhaltensweisen haben und bei einem begründeten Verdacht das Gespräch suchen.
So gehen Sie vor
Schnell Check: Hier liegen Anzeichen für Alkoholkrankheit vor
Ja | Nein | |
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Ist der Mitarbeiter schon einmal alkoholisiert zur Arbeit erschienen? | ||
Verschwindet der Mitarbeiter häufig in bestimmten Abständen vom Arbeitsplatz (zum Trinken)? | ||
War der Mitarbeiter mehrfach unpünktlich? | ||
Ist der Mitarbeiter unzuverlässig? | ||
Hat der Mitarbeiter häufige Einzelfehltage? | ||
Lässt die Arbeitsqualität nach? | ||
Haben Sie beim Mitarbeiter häufig gerötete Augen, zitternde Hände oder Schweißausbrüche bemerkt? | ||
Riecht der Mitarbeiter häufig nach überdeckenden Stoffen wie Pfefferminz, starkem Mundwasser etc.? | ||
Können Sie beim Mitarbeiter starke Stimmungsschwankungen beobachten? | ||
Fazit: Wenn Sie bei einem Mitarbeiter mehrere Fragen mit Ja beantworten müssen, besteht ein dringender Verdacht auf Alkoholabhängigkeit. |
Suchen Sie das Gespräch
Alkoholabhängigkeit ist eine Krankheit, von der sich nur wenige Menschen aus eigener Kraft befreien können. Um so größer ist Ihre Verantwortung als Arbeitgeber, Betroffenen Hilfsmaßnahmen anzubieten. Grundsätzlich sollten Sie im Umgang mit alkoholabhängigen Mitarbeitern den Grundsatz „Hilfe statt Strafe“ beherzigen. In der Praxis hat sich als Gesprächsmodell die sogenannte Eskalationskette bewährt.
Übersicht Eskalationskette
- 1.Stufe: Gespräch zwischen Mitarbeiter und Betriebsrat
- 2. Stufe: Gespräch zwischen Mitarbeiter, Betriebsrat und Vorgesetzten
- 3. Stufe: Gespräch zwischen Mitarbeiter, Personalleitung und Betriebsarzt
Redaktionsbüro Schneider