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Arbeitsrecht

Berufsgenossenschaft darf Verletztengeld nicht streichen

Die gesetzliche Unfallversicherung schützt alle sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten vor den finanziellen Folgen von Unfällen und Berufskrankheiten. Während der Dauer der medizinischen Rehabilitation zahlt die Berufsgenossenschaft (BG) Verletztengeld. Das Landessozialgericht (LSG) Hessen hat jetzt festgestellt, dass die BG die Zahlung von Verletztengeld nicht einfach einstellen darf.

Urteil: Der Verweis auf den Arbeitsmarkt ist kein Versagungsgrund. Urteil: Der Verweis auf den Arbeitsmarkt ist kein Versagungsgrund.

Der Fall

Ein 59-jähriger Arbeitnehmer zog sich Verletzungen an der rechten Hand zu, als er mit seinem Lkw in einen Unfall verwickelt wurde. Eine weitere Tätigkeit auf seinem Arbeitsplatz war wegen der Verletzungen unmöglich.

Die zuständige Berufsgenossenschaft für Bauwirtschaft zahlte Verletztengeld, stellte nach 5 Monaten die Zahlungen jedoch ein. Sie verwies den Lkw-Fahrer auf einfache Helfertätigkeiten am allgemeinen Arbeitsmarkt. Dieses Vorgehen ließ sich der Versicherte nicht gefallen und ging vor Gericht.

Das Urteil

Mit Erfolg. Nach Meinung des Gerichts werde Verletztengeld nach einem Arbeitsunfall, ebenso wie das Krankengeld, maximal 78 Wochen lang gezahlt.

Zwar könne die Zahlung des Verletztengelds auch vor Ablauf von 78 Wochen beendet werden, wenn mit der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit im bisherigen Beruf nicht zu rechnen sei und das Unfallopfer auf einen zumutbaren Arbeitsplatz konkret verwiesen werden könne.

Ein genereller und unspezifischer Verweis auf den allgemeinen Arbeitsmarkt wie hier rechtfertige die Streichung des Verletztengelds jedoch nicht und sei deshalb rechtswidrig (LSG Hessen, Urteil vom 26.11.2007, Az.: L 3 U 24/07).

Wichtiger Hinweis

Laut Gesetz muss dem Versicherten nicht nur eine zumutbare, sondern auch eine tatsächlich zur Verfügung stehende Berufs- oder Erwerbstätigkeit nachgewiesen werden.

Eine solche Tätigkeit muss gegenüber der bisherigen Beschäftigung als gleichartig und auch wirtschaftlich gleichwertig anzusehen sein. Außerdem müssen für die Beschäftigung auf dem Arbeitsmarkt ausreichend viele Stellen vorhanden sein, die für den Versicherten täglich zumutbar erreichbar sind.

Diese Kriterien sind mit einem pauschalen Verweis auf den Arbeitsmarkt nicht erfüllt.

Deshalb muss die Berufsgenossenschaft das Verletztengeld weiterhin bezahlen.

Nach 78 Wochen ist Schluss

Das Verletztengeld wird von dem Tag an gezahlt, ab dem die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt worden ist oder mit dem Tag des Beginns einer Heilbehandlungsmaßnahme, die den Versicherten an der Ausübung einer ganztägigen Erwerbstätigkeit hindert. Das Verletztengeld endet

  • mit dem letzten Tag der Arbeitsunfähigkeit oder der Hinderung an einer ganztägigen Erwerbsfähigkeit durch eine Heilbehandlungsmaßnahme oder
  • mit dem Tag, der dem Tag vorausgeht, an dem der Anspruch auf Übergangsgeld entsteht,
  • mit dem Tag, an dem die Heilbehandlung soweit abgeschlossen ist, dass der Versicherte eine zumutbare, zur Verfügung stehende Berufs- oder Erwerbstätigkeit aufnehmen kann,
  • mit dem Beginn einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder der Vollrente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung,
  • mit dem Beginn eines Ruhegehalts, das nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen gezahlt wird.

Verletztengeld kompensiert Verdienstausfall

Das Verletztengeld soll während der medizinischen Rehabilitation als ergänzende Leistung den Ausfall an Einkommen ausgleichen und damit den Lebensunterhalt des Verletzten und seiner Angehörigen sicherstellen.

 

Das Verletztengeld ersetzt also entgangenes Arbeitsentgelt.

Joachim Eckstein


Herr Eckstein ist seit vielen Jahren Betriebsratsvorsitzender der Berufsgenossenschaft Chemie. Er ist Jurist und Experte für die Bereiche Arbeits- und Gesundheitsschutz in der chemischen Industrie und verwandten Industriezweigen.

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