In dem verhandelten Fall sah sich der Geschäftsführer einer GmbH strafrechtlichen Vorwürfen im Zusammenhang mit einem Bestechungsskandal ausgesetzt.
Abberufung als Geschäftsführer
Aufgrund dieser strafrechtlichen Vorwürfe wurde der Geschäftsführer von der GmbH am 10.01.2007 als Geschäftsführer abberufen. Eine (ordentliche oder außerordentliche) Kündigung des Dienstvertrags erfolgte zunächst nicht.
Im August 2007 erhielt die Alleingesellschafterin der GmbH in dem von der Staatsanwaltschaft gegen den Geschäftsführer angestrengten Strafverfahren Einsicht in die Ermittlungsakten. Spätesten am 17.08.2007 lagen der GmbH-Alleingesellschafterin die umfangreichen Ermittlungsunterlagen der Staatsanwaltschaft in Kopie vor.
Außerordentliche Kündigung folgt Monate später
Erst am 28.11.2007 trat die Gesellschafterversammlung der GmbH zusammen und fasste den Beschluss zur außerordentlichen Kündigung des Geschäftsführer-Dienstverhältnisses mit dem Kläger. Die außerordentliche fristlose Kündigung gegen den Kläger wurde dann am 04.12.2007 ausgesprochen.
Kläger besteht auf Fortbestehen des Dienstverhältnisses
Mit seiner Klage verlangte der Kläger nunmehr festzustellen, dass sein Dienstverhältnis durch die außerordentliche fristlose Kündigung vom 04.12.2007 nicht mit sofortiger Wirkung beendet worden ist, sondern fortbesteht. Zur Begründung berief sich der Kläger in erster Linie auf die Überschreitung der zweiwöchigen Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB.
Das OLG München hat der Klage mit folgenden Erwägungen stattgegeben:
Die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB beginnt, wenn der Kündigungsberechtigte eine zuverlässige und möglichst vollständige positive Kenntnis von den für die Kündigung maßgeblichen Tatsachen hat und ihm deshalb die Entscheidung über die Zumutbarkeit einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses möglich ist.
Ist – wie im vorliegenden Fall – die Gesellschafterversammlung der beklagten GmbH kündigungsberechtigt, kommt es maßgeblich auf die Kenntnis der Gesellschafter von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen an. Diese Kenntnis liegt erst dann vor, wenn der für die Tatsachenkenntnis maßgebliche Sachverhalt hinsichtlich der Entlassung des Geschäftsführers einer Gesellschafterversammlung unterbreitet wird.
Unangemessene Verzögerung ist unzulässig
Die Einberufung der Gesellschafterversammlung darf aber nicht unangemessen verzögert werden. Zwar ist den zur Einberufung der Gesellschafterversammlung Berechtigten eine Überlegungsfrist einzuräumen. Allerdings darf dem betroffenen Geschäftsführer nach Sinn und Zweck des § 626 Abs. 2 BGB nicht zugemutet werden, bis zu einem unabsehbaren Zusammentritt der Gesellschafterversammlung warten zu müssen.
In Anknüpfung an die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sieht das OLG München bereits dann ein gewichtiges Indiz für die Annahme einer unangemessenen Verzögerung der Einberufung der Gesellschafterversammlung, wenn die von den Einberufungsberechtigten geführten Ermittlungen mehr als zwei Wochen in Stillstand geraten.
Liegen – wie im vorliegenden Fall – zwischen der Kenntnisnahme von den kündigungsbegründenden Umständen und der beschlussfassenden Gesellschafterversammlung mehr als drei Monate, hat der Kündigungsberechtigte darzulegen und zu beweisen, welche Tatsachen überhaupt unklar und daher ermittlungsbedürftig waren und welche weiteren Ermittlungen er zur Klärung der Zweifel angestellt hat.
Außerordentliche Kündigung war im konkreten Fall verfristet
Diesen Nachweis konnte die beklagte GmbH in dem entschiedenen Rechtsstreit nicht führen, weshalb das OLG München die am 04.12.2007 ausgesprochene außerordentliche Kündigung als verfristet angesehen hat.
Stefan Kaske
HÄRTING Rechtsanwälte