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Internet, Intranet und E-Mail

Internet: Wie weit darf ich im Job gehen?

Die alltägliche Nutzung neuen Medien, wie Internet, Intranet und E-Mail, sind zwar aus unserer heutigen Zeit nicht mehr wegzudenken, bergen jodoch eine Vielzahl arbeitsrechtlicher Problemstellungen und Besonderheiten. Mit einer entsprechenden Klausel im Arbeitsvertrag schaffen Sie Klarheit!

Moderne Telekommunikationsmittel – Unverzichtbare Helfer im betrieblichen Alltag Moderne Telekommunikationsmittel – Unverzichtbare Helfer im betrieblichen Alltag

Um hier ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen, wurde für Sie das Wichtigste zusammengestellt. Wir beantworten Fragen zur Einführung moderner Kommunikationsmittel und Telearbeit, behandelt Kontrollmöglichkeiten bei Anwendung der modernen Technik und beschäftigt sich mit datenschutzrechtlichen Problemen. Den Schwerpunkt bilden jeweils Ihre Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte als Betriebsrat.

 

Surfen gefährdet Job – auch ohne ausdrückliches Verbot

Ein Beschäftigter, zugleich Schichtführer mit Aufsichtsfunktion, war für einen Betrieb der chemischen Industrie tätig. Er arbeitete in Wechselschicht mit einer Pausenzeit von einer Stunde je 12-Stunden-Schicht. Als der Arbeitgeber den Internetzugang für den Betrieb und damit alle Beschäftigten freigeschaltet hatte, bemerkte der Betriebsleiter alsbald einen erheblichen Anstieg der Internetkosten. Der betriebseigene Ermittlungsdienst stellte in der Folge fest, dass im Zeitraum von 3 Monaten vom Schichtführerzimmer aus auf Internetseiten vor allem mit pornografischem Inhalt zugegriffen worden war. Der Arbeitgeber warf dem Schichtführer vor, innerhalb dieser 3 Monate insgesamt 18 Stunden das Internet privat genutzt zu haben. 5 Stunden davon habe er auf Internetseiten mit pornografischem Inhalt zugegriffen. Auch wenn er als Arbeitgeber die Privatnutzung nicht ausdrücklich verboten habe, verletze der Beschäftigte mit einer intensiven zeitlichen privaten Nutzung des Internets während der Arbeitszeit seine arbeitsvertraglichen Pflichten. Aus diesem Grund kündigte er das Arbeitsverhältnis fristlos. Der Beschäftigte erhob Kündigungsschutzklage.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) gab dem Beschäftigten nur teilweise recht. Es verwies den Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht (LAG) zurück. Das unerlaubte Surfen im Internet sei eine Pflichtverletzung, die grundsätzlich ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses sein könne. Ob die Kündigung in einem solchen Fall im Ergebnis wirksam ist, sei durch eine Gesamtabwägung der Umstände des Einzelfalls festzustellen. Das LAG müsse aufklären, in welchem zeitlichen Umfang der Schichtführer seine Arbeitsleistung durch das Surfen im Internet zu privaten Zwecken nicht erbracht und dabei seine Aufsichtspflicht verletzt hat. Außerdem müsse festgestellt werden, welche Kosten dem Arbeitgeber durch die private Internetnutzung entstanden sind und ob durch das Aufrufen der pornografischen Seiten das Unternehmen einen Imageverlust erlitten haben könnte. Sodann sei je nach Gewicht der näher zu konkretisierenden Pflichtverletzungen gegebenenfalls zu prüfen, ob es vor Ausspruch der Kündigung einer Abmahnung bedurft hätte und ob unter Berücksichtigung der langen Beschäftigungsdauer des Arbeitnehmers und des unter Umständen nicht klaren Verbots der Internetnutzung zu privaten Zwecken eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses unverhältnismäßig sei.

BAG, Urteil vom 07.07.2005, Az.: 2 AZR 581/04

Um derartigen Problemen aus dem Weg zu gehen, empfiehlt es sich unbedingt, eine klare Regelung darüber zu treffen, ob den Beschäftigten die private Nutzung von Internet und E-Mail erlaubt ist oder nicht. Nach diesem Grundsatzurteil des BAG ist bei einer fehlenden ausdrücklichen Gestattung der privaten Nutzung durch den Arbeitgeber in der Regel von einem Verbot auszugehen.

 

Betriebsrat spielt entscheidende Rolle

Sie haben ein echtes Mitbestimmungsrecht nach § 87 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) bei der Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Beschäftigten zu überwachen.

 

Wichtiger Hinweis

Nach der Rechtsprechung des BAG handelt es sich bei einer technischen Einrichtung um ein optisches, akustisches oder elektronisches Gerät, solange jedenfalls ein gewisses Maß an Vergegenständlichung vorhanden ist.

Beim Internet handelt es sich um eine solche technische Einrichtung – auch das Intranet und die E-Mail-Kommunikation fallen darunter. Es reicht dafür bereits aus, wenn die Einrichtung wegen ihrer Konstruktion oder technischen Ausstattung objektiv zur Überwachung geeignet ist. Auf eine konkrete Überwachungsabsicht des Arbeitgebers kommt es nicht an. Im Ergebnis spielt es deshalb für Sie als Betriebsrat keine Rolle, ob die Überwachung Ziel der technischen Einrichtung oder nur Nebeneffekt ist. Ein Mitbestimmungsrecht haben Sie in jedem Fall.

 

Dienstliche und private Nutzung sind streng zu unterscheiden

Wichtig ist es, die dienstliche und die private Nutzung des Internets wegen der damit verbundenen unterschiedlichen rechtlichen Regelungen sorgfältig zu unterscheiden. Beachten Sie, dass immer dann, wenn ein spezifischer Bezug zu den dienstlichen Aufgaben des Beschäftigten besteht, eine betriebliche bzw. dienstliche Nutzung des Internets vorliegt. Auf die Zweckmäßigkeit der konkreten Nutzung kommt es dabei nicht unbedingt an.

 

So kann Ihr Arbeitgeber die Erlaubnis erteilen

Ihr Arbeitgeber ist völlig frei in seiner Entscheidung darüber, ob er Ihren Kolleginnen und Kollegen die private Nutzung von Internet und E-Mail gestattet oder nicht. Entscheidet er sich dafür, die Privatnutzung zu erlauben, so stehen ihm die folgenden Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung:

  • arbeitsvertragliche Regelung
  • Betriebsvereinbarung 
  • stillschweigende Duldung 
  • betriebliche Übung

Grundsätzlich erfolgt die Erlaubniserteilung durch entsprechende Klauseln in den einzelnen Arbeitsverträgen oder in Betriebsvereinbarungen.

Weist Ihr Arbeitgeber einem Kollegen neben der dienstlichen eine zweite E-Mail-Adresse zur privaten Nutzung zu, so gilt dies als ausdrückliche Erlaubnis.

Als ausdrückliche Regelungen kommen darüber hinaus Aushänge am Schwarzen Brett, Hinweise im Intranet oder eine E-Mail des Arbeitgebers an alle Beschäftigten in Betracht. In der Praxis vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer aber meistens einen ergänzenden Passus im Arbeitsvertrag, der die private Nutzung des Internets und E-Mail-Verkehrs detailliert regelt. Wie eine solche Vereinbarung aussehen kann, lesen Sie hier.

 

Musterklausel zur eingeschränkten Privatnutzung

Ergänzung zum Arbeitsvertrag vom … (Datum)

Zwischen der/dem Beschäftigten Frau/Herr … (Name) und der Firma … (Name des Unternehmens) wird folgende ergänzende Vereinbarung zum schriftlichen Arbeitsvertrag getroffen:

Die im Betrieb vorhandenen elektronischen Kommunikationsmittel dürfen grundsätzlich nur zu dienstlichen Zwecken genutzt werden. Eine private Nutzung durch die/den Beschäftigte/-n ist nur in angemessenem Umfang und nur außerhalb der Arbeitszeiten (z. B. in Pausen) erlaubt. Die private Nutzung darf … (Anzahl) Minuten pro Tag nicht überschreiten. Es ist strengstens untersagt, Internetseiten mit pornografischen, rassistischen, diskriminierenden oder verbotenen Inhalten aufzurufen.

Ich erkläre mich mit den vorstehenden Verhaltensregeln einverstanden.

Ort, Datum

_________________________________
Unterschriften Beschäftigte/r, Arbeitgeber

 

Kontrollmöglichkeiten des Arbeitgebers sind beschränkt

Die fortschreitende Vernetzung der Arbeitsplätze bietet dem Arbeitgeber vielfältige Überwachungsmöglichkeiten. Aus diesem Grund stellt sich natürlich die Frage, ob und wenn ja welche Möglichkeiten Ihnen als Betriebsrat zustehen, um Ihre Kollegen vor Kontrollen zu schützen. Ihr Arbeitgeber muss bei der Überwachung das Persönlichkeitsrecht der Beschäftigten, den Datenschutz und eventuelle Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats beachten. Vor allem darf er

  • nur rein äußere Daten (angewählte Internet- und E-Mail-Adressen, Zeit und Dauer der Verbindung ) erheben und speichern, wenn Sie als Betriebsrat zugestimmt haben und
  • eine Überwachung der Inhalte von E-Mails nur dann durchführen, wenn ein begründeter Verdacht auf strafbare Handlungen, insbesondere den Verrat von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen, besteht.

Verletzt Ihr Arbeitgeber durch Kontrollmaßnahmen das Persönlichkeitsrecht eines Kollegen, so stehen diesem Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadenersatzansprüche zu. Darüber hinaus kann ein Überschreiten der rechtlichen Kontrollbefugnisse auch strafrechtliche Konsequenzen für den Arbeitgeber haben – mit gravierenden Folgen. Ein Beschäftigter kann sich beispielsweise gegen eine Kündigung nicht nur mit arbeitsrechtlichen Mitteln zur Wehr setzen, sondern im Konfliktfall auch Strafanzeige erstatten.

 

Wichtiger Hinweis 

Rechtswidrige Kontrollmaßnahmen des Arbeitgebers begründen ein allgemeines Verwertungsverbot der rechtswidrig erlangten Arbeitnehmerdaten. Das bedeutet: Beurteilungen, Abmahnungen und Kündigungen dürfen grundsätzlich nicht auf Tatsachen gestützt werden, die der Arbeitgeber auf unzulässige Weise ermittelt hat.

 

Alles auf einen Blick

Die für Ihre praktische Arbeit als Betriebsrat wichtigsten Regelungen sind:

 

4 Regeln zur betrieblichen Internetnutzung

  • Der Arbeitgeber ist berechtigt, auf der Grundlage seines Weisungs- und Direktionsrechts Internet, Intranet und E-Mail-Kommunikation im Betrieb einzuführen – wegen der potenziellen Überwachungsmöglichkeiten bedarf diese Maßnahme in der Regel jedoch der Zustimmung des Betriebsrats.
  • Die Beschäftigten sind verpflichtet, einen ihnen zugewiesenen Internetarbeitsplatz im Rahmen ihrer Qualifikation und Fähigkeiten zur Erfüllung der dienstlichen Aufgaben zu nutzen. Umgekehrt haben sie keinen Anspruch auf die Einrichtung eines solchen Arbeitsplatzes. 
  • Hat der Arbeitgeber die private Nutzung des Internets ausgeschlossen, so steht ihm ein Überwachungsrecht und im Fall der wiederholten Zuwiderhandlung ein Abmahnungs- und Kündigungsrecht gegenüber dem betreffenden Arbeitnehmer zu.
  • Hat der Arbeitgeber die private Nutzung erlaubt, so ist er als Telekommunikationsdienstanbieter anzusehen und an das Fernmeldegeheimnis gebunden. Eine Überwachung ist dann nur unter engen Voraussetzungen oder mit Einverständnis des Betroffenen möglich.

Ernst Schneider

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