Nach § 37 b Satz 2 SGB III hat die Meldung bei befristeten Arbeitsverhältnissen frühestens drei Monate vor deren Beendigung zu erfolgen. Meldet sich die betroffene Person zu spät arbeitssuchend, riskiert sie, dass das Arbeitslosengeld gemindert wird (§ 140 SGB III).
§ 2 Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III verpflichtet den Arbeitgeber in diesem Zusammenhang, die Arbeitnehmer
- vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses frühzeitig über die Notwendigkeit eigener Aktivitäten bei de Suche nach einer anderen Beschäftigung zu informieren,
- zu informieren, dass sie verpflichtet sind, sich unverzüglich bei der Agentur für Arbeit zu melden und
- hierfür freizustellen und die Teilnahme an erforderlichen Qualifizierungsmaßnahmen zu ermöglichen.
Diese Vorschrift hat schon gleich nach Inkrafttreten Diskussionen darüber ausgelöst, ob und in welchem Umfang der Arbeitgeber schadenersatzpflichtig werden kann, wenn er falsch oder gar nicht informiert. Bald darauf gab es auch die ersten Schadenersatzklagen von Arbeitnehmer, die sich zu spät arbeitslos gemeldet und dadurch finanzielle Nachteile erlitten hatten.
Entwarnung: Keine Haftung
Die Arbeitgeber können aufatmen: Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass ein Arbeitnehmer keinen Schadenersatzanspruch gegen den Arbeitgeber hat, wenn dieser die Aufklärung über die Pflicht zur frühzeitigen Arbeitssuchendmeldung unterlässt (BAG vom 29.09.2005, Aktenzeichen 8 AZR 571/04).
Die Ausgangsituation
Der Arbeitnehmer war aufgrund dreier befristeter Arbeitsverträge als Leiharbeitnehmer bei einem Zeitarbeitsunternehmen tätig. Der letzte Arbeitsvertrag lief am 25.01.2004 aus. Der Arbeitgeber wies beim Abschluss der jeweiligen befristeten Verträge nicht darauf hin, dass der Arbeitnehmer verpflichtet ist, sich frühzeitig arbeitssuchend zu melden.
Der Arbeitnehmer meldete sich erstmals am 12.01.2004 arbeitssuchend. Er war bis zum 25.04.2004 arbeitslos. Die Agentur für Arbeit teilte ihm am 18.02.2004 mit, dass er sich bereits am 12.11.2003 hätte arbeitssuchend melden müssen und verringerte deswegen die Leistungen und kürzte – trotz Widerspruchs des Arbeitnehmers - das Arbeitslosengeld.
Der Arbeitnehmer entschloss sich, den Kürzungsbetrag als Schadenersatz beim Arbeitgeber geltend zu machen. Er meinte, der Arbeitgeber sei verpflichtet, ihm das entgangene Arbeitslosengeld zu erstatten, weil er ihn nicht darüber informiert habe, dass er sich arbeitslos melden müsse.
Der Arbeitgeber lehnte den Ersatz des entgangenen Arbeitslosengeldes ab mit der Begründung, eine Meldepflicht besteht für Arbeitnehmer in befristeten Arbeitsverhältnissen nicht und außerdem bestehe die Informationspflicht des Arbeitgebers nicht im Interesse des Arbeitnehmers.
Der Arbeitnehmer verlor in allen Instanzen.
Die Begründung
§ 2 Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III begründet keine selbständige Nebenpflicht des Arbeitgebers, das Vermögen des Arbeitnehmers zu schützen. Deswegen besteht auch keine aus § 242 BGB abgeleitete allgemeine vertragliche Nebenpflicht des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer über eine frühzeitige Meldung bei der Agentur für Arbeit zu informieren.
§ 2 Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III i. V. m. § 37 b SGB III stellt eine öffentlich-rechtliche Bestimmung zum Schutz der Versichertengemeinschaft dar, die vor unnötiger Inanspruchnahme von Leistungen zu bewahren ist. Mit der Verpflichtung, sich frühzeitig arbeitssuchend zu melden, soll der Eintritt der Arbeitslosigkeit vermieden werden. Die Kürzung des Arbeitslosengeldes für den Fall, dass diese Verpflichtung nicht eingehalten wird, stellt einen Schadenausgleich zugunsten der übrigen Versicherten dar. Die Eigenverantwortlichkeit des Arbeitssuchenden hat nicht aufgrund der Informationspflicht des Arbeitgebers auf den Arbeitgeber verlagert werden sollen. Die Vorschrift verfolgt auch nicht den Zweck, dem versicherten Arbeitnehmer zu einem zivilrechtlichen Schadenersatzanspruch zu verhelfen, wenn der Arbeitgeber seiner Informationspflicht nicht nachkommt.
Ein Schadenersatzanspruch ergibt sich auch nicht aus einer Verletzung von Fürsorgepflichten, jedenfalls nicht bei einem befristeten Arbeitsvertrag. Denn die Arbeitsvertragsparteien haben auch unter Berücksichtigung von § 242 BGB (Grundsatz von Treu und Glauben) grundsätzlich selbst für die Wahrnehmung der eigenen Interessen zu sorgen. Es kann unter Umständen eine gesteigerte Aufklärungspflicht des Arbeitgebers im Zusammenhang mit der Beendigung von Arbeitsverhältnissen geben, wenn ein Aufhebungsvertrag auf Veranlassung des Arbeitgebers zustande gekommen ist und der Arbeitgeber den Eindruck erweckt, dass auch die Interessen des Arbeitnehmers hinsichtlich eines möglichen Arbeitslosengeldbezugs gewahrt werden.
Eine aus § 242 BGB abgeleitete allgemeine vertragliche Nebenpflicht des Arbeitgebers den Arbeitnehmer über eine frühzeitige Meldung bei der Agentur für Arbeit zu informieren, kann hieraus aber nicht abgeleitet werden, schon gar nicht bei Ablauf eines befristeten Arbeitsvertrags. Grundsätzlich liegt es nämlich im eigenen Interesse des Arbeitnehmers, zum Erhalt von Lohnersatzleistungen und damit seiner eigenen finanziellen Absicherung während der Arbeitslosigkeit durch eine frühzeitige Meldung bei der Agentur für Arbeit zu sorgen.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter dem Blickwinkel des § 2 Absatz 2 Satz 2 Ziffer 3 SGB III. Der Schutzzweck dieser Vorschrift geht nicht dahin, den ausscheidenden Arbeitnehmer vor Nachteilen aus § 140 SGB III zu bewahren und das Vermögen des Arbeitssuchenden zu schützen. Die nach § 140 SGB III eintretende Minderung des Arbeitslosengeldes stellt nämlich eine Sanktion dar, die ausschließlich den säumigen Arbeitnehmer treffen soll.
Die Regelung in § 2 SGB III soll den Arbeitgeber zur Mitwirkung veranlassen, damit im Sinne der Solidargemeinschaft der Eintritt der Arbeitslosigkeit möglichst vermieden wird oder zumindest die Dauer der Arbeitslosigkeit eingegrenzt wird. Die Vorschrift ist aber in keiner Weise für den Arbeitgeber mit – öffentlich-rechtlichen – Sanktionen bewehrt. Die Vorschrift des § 2 SGB III hat einen rein arbeitsmarktpolitischen Zweck.
Eine Verletzung der Informationspflicht durch den Arbeitgeber kann daher keinen Schadenersatzanspruch des Arbeitnehmers auf Ersatz entgangenen Arbeitslosengeldes nach sich ziehen.