1. Vorsicht bei Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen
Tarifverträge sind vorrangig. Ist also in einem einschlägigen Tarifvertrag die Zahlung von Weihnachtsgeld vorgesehen, können Sie dieses nicht kürzen.
Das gilt ebenso, wenn eine Betriebsvereinbarung die Zahlung von Weihnachtsgeld vorsieht.
Praxis-Tipp
Diese freiwilligen Betriebsvereinbarungen können Sie aber in der Regel mit einer Frist von 3 Monaten kündigen, § 77 Abs. 5 BetrVG. Dabei ist grundsätzlich keine Nachwirkung (Fortgeltung der innerbetrieblichen Vereinbarung bis zum Inkrafttreten einer neuen Abmachung) vorgesehen. Prüfen Sie aber, ob die Betriebsvereinbarung abweichende Bestimmungen enthält.
2. Wenn das Weihnachtsgeld im Vertrag geregelt ist
Ist die Zahlung des Weihnachtsgelds arbeitsvertraglich geregelt, kann es sich zum einen um ein 13. Gehalt handeln („Es wird ein Weihnachtsgeld als 13. Gehalt gezahlt“), das als Vergütungsbestandteil mit Entgeltcharakter wie normales Arbeitsentgelt zu behandeln ist. Einseitig kürzen bzw. streichen können Sie hier nichts.
Zum anderen ist es möglich, dass eine Sonderzuwendung (Gratifikation, Einmal- oder Sonderzahlung) vorliegt, die aus einem bestimmten Anlass zusätzlich zum Arbeitsentgelt gewährt wird. Steht diese nicht unter einem Freiwilligkeitsvorbehalt („… Zahlung erfolgt freiwillig und ohne Rechtsanspruch für die Zukunft …“) oder nicht unter einem Widerrufsvorbehalt („… Arbeitgeber behält sich vor … zu widerrufen …“), können Sie das Weihnachtsgeld ebenfalls nicht kürzen.
In diesen Fällen bleibt Ihnen nur eine einvernehmliche Änderungsvereinbarung mit Ihrem Mitarbeiter oder eine einseitige Änderungskündigung.
Wichtiger Hinweis!
Eine Änderungskündigung ist aber nur sozial gerechtfertigt, wenn durch die Kürzungaufgrund eines schlüssigen Konzepts verhindert wird, dass …
- Ihr Betrieb stillgelegt wird oder
- Arbeitsplätze abgebaut werden.
Ist dagegen eine Sonderzuwendung gegeben, die unter einem Freiwilligkeits- oder Widerrufsvorbehalt steht, können Sie die Zahlung kürzen bzw. streichen. Dies setzt voraus, dass die …
- Zahlung im Arbeitsvertrag unmissverständlich geregelt ist und
- nicht zugleich unter einem Freiwilligkeits-und einem Widerrufsvorbehalt steht
(BAG, Urteil vom 30.07.2008, Az.: 10 AZR 606/07).
Praxis-Tipp
Die gekürzten bzw. gestrichenen Weihnachtsgelder können Sie auch zur Einführung eines Prämiensystems verwenden, das an Anwesenheitszeiten, erbrachte Leistungen o. Ä. anknüpft. Beachten müssen Sie dabei den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, das AGG und das Mitbestimmungsrecht eines etwaig vorhandenen Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 und 11 BetrVG.
Kürzen Sie, müssen Sie aber grundsätzlich alle Mitarbeiter gleich behandeln und dürfen niemanden benachteiligen. Das folgt aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Eine Ausnahme gilt nur, wenn ein sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung vorliegt. Das ist etwa der Fall, wenn Sie …
- bestimmte, dringend benötigte Mitarbeiter stärker an Ihren Betrieb binden oder
- höhere tarifliche Leistungen an eine andere Arbeitnehmergruppe ausgleichen möchten.
3. Wartefrist nicht eingehalten: kein Weihnachtsgeld
Wollen Sie das Weihnachtsgeld nicht bei allen Mitarbeitern kürzen bzw. streichen, sollten Sie die Arbeitsverträge auf weitere Klauseln prüfen. Ist die Zahlung des Weihnachtsgelds von einer Wartefrist oder einer Mindestbeschäftigungszeit abhängig („… erstmalig nach ununterbrochener 6-monatiger Beschäftigung …“), brauchen Sie nur bei erfüllter Wartefrist oder Mindestbeschäftigungszeit zu zahlen.
4. Fehltage: Hier gibt es ein Viertel weniger Geld
Sonderzuwendungen dürfen während des laufenden Arbeitsverhältnisses bei …
- krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit und
- bei Teilnahme an Maßnahmen der medizinischen Vorsorge und Rehabilitation
… um ein Viertel pro Fehltag gekürzt werden, sofern das im Arbeitsvertrag vereinbart ist, § 4a EFZG. Entscheidend ist dabei das von Ihrem Mitarbeiter im Jahresdurchschnitt verdiente Entgelt pro Arbeitstag. Errechnen können Sie das wie folgt:
Bruttoentgelt + Sondervergütungen Anzahl der Arbeitstage im Jahr |
= y |
y 4 (max. Kürzung) |
x Fehltage |
= Kürzungsbetrag |
Wichtiger Hinweis!
Die Sonderzuwendung, die gekürzt werden soll (etwa Weihnachts- oder Urlaubsgeld), muss in der Klausel genau bezeichnet sein.
5. Ruhendes Arbeitsverhältnis: Zahlung ausgeschlossen
Ruht das Arbeitsverhältnis (etwa wegen Elternzeit, Grundwehr- oder Zivildienst), kann der Anspruch auf Sondervergütung ausgeschlossen sein. Sofern das Arbeitsverhältnis nur für einen Teil des Kalenderjahres ruht, ist in der Klausel formuliert, dass sich der Anspruch des Mitarbeiters um 1/12 pro (angefangenen) Monat verringert.
6. Stichtagsregelungen: Hier gibt es für Sie Geld zurück
Bei Ihrer Durchsicht der Arbeitsverträge sollten Sie direkt prüfen, ob Sie von später ausscheidenden Mitarbeitern das Weihnachtsgeld zurückverlangen können. Da diese Zuwendungen in der Regel von der Betriebstreue abhängig sind, können diese von sogenannten Stichtagsregelungen abhängig gemacht werden. Das bedeutet, dass Ihr Mitarbeiter das Weihnachtsgeld zurückzahlen muss, sofern das Arbeitsverhältnis nicht an einem bestimmten Termin (Stichtag) ungekündigt fortbesteht („… über den 31.12. hinaus ungekündigt …“).
Daran angeschlossen ist eine Rückzahlungsklausel. Diese legt fest, dass Ihr Mitarbeiter Ihnen das Weihnachtsgeld zurückzahlen muss, wenn er aus dem Arbeitsverhältnis vor einer bestimmten Frist ausscheidet. Wie lange diese Bindungsfrist sein muss, damit der Arbeitnehmer das Weihnachtsgeld zurückzahlen muss, hängt von der Höhe des Weihnachtsgelds ab. Hier gilt im Einzelnen Folgendes.
Weihnachtsgeld | Rückzahlungsforderung |
bis 100 € | nicht zulässig |
mehr als 100 €, weniger als 1 Monats-Bruttogehalt | Vertragsbindung zulässig bis zum 31.03. des Folgejahrs |
mehr als 1 Monats-Bruttogehalt, weniger als 2 Monats-Bruttogehälter | Vertragsbindung zulässig bis zum 30.06. des Folgejahrs |
Wichtiger Hinweis!
Sie können die Rückzahlung aber nicht verlangen, wenn Sie das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt kündigen oder Sie die Kündigung Ihres Mitarbeiters zu vertreten haben (etwa wegen Lohnrückständen).
7. Wenn das Weihnachtsgeld nicht im Vertrag geregelt ist
Ist die Zahlung eines Weihnachtsgelds nicht im Arbeitsvertrag vorgesehen, können Ihre Mitarbeiter darauf trotzdem einen Anspruch haben. Das gilt einerseits, wenn Sie eine Gesamtzusage erteilt haben, also eine bestimmte Leistung – etwa durch einen Aushang am Schwarzen Brett – einseitig zugesagt haben. Hier bleibt Ihnen nur eine Änderungsvereinbarung oder -kündigung, um das Weihnachtsgeld nicht zahlen zu müssen.
Andererseits können Ihre Mitarbeiter einen Anspruch auf diese Zahlung aus einer betrieblichen Übung haben. Eine solche entsteht, wenn Ihre Mitarbeiter aufgrund Ihres regelmäßigen Verhaltens darauf vertrauen dürfen, eine bestimmte Leistung auch künftig zu erhalten. Beim Weihnachtsgeld reicht es dazu aus, dass Sie dieses 3 Mal hintereinander vorbehaltlos ausgezahlt haben.
Praxis-Tipp
Eine betriebliche Übung können Sie durch eine neue beseitigen. Teilen Sie Ihren Mitarbeitern dazu per Rundschreiben mit, dass Sie das Weihnachtsgeld nicht mehr oder nur noch freiwillig zahlen. Nehmen die Arbeitnehmer das 3 Jahre lang widerspruchslos hin, entsteht eine neue betriebliche Übung.
Diese Klauseln gehören in Ihre neuen Arbeitsverträge
Um sich die größtmöglichen Kürzungsmöglichkeiten beim Weihnachtsgeld und sonstigen Sonderzuwendungen vorzubehalten, sollten Sie in Ihre neuen Arbeitsverträge folgende Klauseln aufnehmen:
§ (…) Sonderzuwendungen
(1) Als Sonderzuwendung erhält der Mitarbeiter ein Weihnachtsgeld in Höhe von einem halben Brutto-Monatsgehalt,das mit dem November-Gehalt ausgezahlt wird. Die Sonderzuwendung wird unter dem Vorbehalt des Widerrufs gezahlt. Der Arbeitgeber behält sich ausdrücklich vor, die Zahlung der Sonderzuwendung sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach bei Vorliegen eines sachlichen Grundes zu widerrufen. Als sachlicher Grund kommen insbesondere in Betracht eine wirtschaftliche Notlage des Unternehmens, eine unterdurchschnittliche Leistung des Mitarbeiters sowie schwerwiegende Pflichtverletzungen des Mitarbeiters.
(2) Dem Mitarbeiter steht der Anspruch auf die Zahlung des Weihnachtsgelds erst nach ununterbrochener 6-monatiger Beschäftigungsdauer zu.
(3) Ist der Mitarbeiter arbeitsunfähig erkrankt oder nimmt er an Maßnahmen der medizinischen Vorsorge und Rehabilitation teil, kann der Arbeitsgeber für jeden darauf beruhenden Fehltag das Weihnachtsgeld um ein Viertel des Arbeitsentgelts, das im Jahresdurchschnitt auf einen Arbeitstag des Mitarbeiters entfällt, kürzen.
(4) Ruht das Arbeitsverhältnis während des Kalenderjahres, steht dem Mitarbeiter kein Anspruch auf Weihnachtsgeld zu. Ruht das Arbeitsverhältnis nur für einen Teil des Jahres, verringert sich der Anspruch des Mitarbeiters um ein Zwölftel pro Monat des Ruhens. Dies gilt auch für Monate, die lediglich angefangen haben.
(5) Der Mitarbeiter hat nur einen Anspruch auf Weihnachtsgeld, wenn sein Arbeitsverhältnis über den 31.12. hinaus ungekündigt fortbesteht.
(6) Der Mitarbeiter ist verpflichtet, den Teil des Weihnachtsgeldes zurückzahlen, der EUR 100,00 übersteigt, wenn er vor dem Ablauf des 31.03. des auf die Zahlung des Weihnachtsgeldes folgenden Kalenderjahres aus einem nicht vom Arbeitgeber zu vertretenden Grund oder aufgrund außerordentlicher oder verhaltensbedingter Kündigung aus einem von ihm zu vertretenden Grund aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet.
(7) Die vorstehende Rückzahlungsverpflichtung gilt entsprechend, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb des vorgenannten Zeitraums durch Aufhebungsvertrag beendet wird und Anlass des Aufhebungsvertrages ein Recht zur außerordentlichen oder verhaltensbedingten Kündigung durch den Arbeitgeber oder ein Aufhebungsbegehren des Mitarbeiters aus einem nicht vom Arbeitgeber zu vertretenden Grund ist.
(8) Der Arbeitgeber ist berechtigt, mit seinem Rückzahlungsanspruch nach Ziff. 6 gegen rückständige oder nach Vertragsende fällig werdende Entgeltansprüche des Mitarbeiters unter Beachtung der Pfändungsschutzbestimmungen aufzurechnen.
Redaktionsbüro Schneider, 2008