Fall 1: Inlandsfortbildung per Zug
Architekt A. Diskus fährt am 15.10.09 zu einer eintägigen Fortbildung. Er startet um 9:30 Uhr in Hamburg, fährt mit Bus und Bahn nach Hannover und wird dort von 14:00 bis 18:00 Uhr geschult. Er erwischt den Zug um 18:20 Uhr und ist um 21:00 Uhr zu Hause.
Absetzbare Positionen
Als erstes setzt Herr Diskus die tatsächlichen Fahrtkosten an und zieht dabei auch die Vorsteuer. Auf dem Bahnticket steht der Steuerbetrag, wenn er beim Busticket nicht draufsteht, heißt das, dass nur 7 % Umsatzsteuer darin enthalten sind.
Die rechnet Herr Diskus heraus, schreibt sie mit Kugelschreiber drauf und zieht sie ebenfalls.
Ihre Merkformel für Fahrscheine
In allen deutschen Fahrscheinen, die keine Umsatzsteuer ausweisen, sind automatisch 7 % Umsatzsteuer enthalten, die Sie herausrechnen und ziehen können!
Das ergibt sich übrigens aus der richtigen Umsetzung von § 34 Abs. 1 Nr. 4 UStDV durch den Fahrscheinaussteller – und Sie dürfen darauf vertrauen, dass jener diese Regel richtig angewendet hat! Damit gibt es in der Praxis auch so gut wie nie Schwierigkeiten.
Die Verpflegungspauschale
Zudem hat Herr Diskus Anspruch auf die steuerliche Geltendmachung einer Verpflegungspauschale gem. § 4 Abs. 5 Nr. 5 EStG. Er ist von 9:30 Uhr bis 21:00 Uhr aushäusig, das sind 11 Stunden und 30 Minuten.
Herr Diskus kann nach nebenstehender Vorschrift noch 6 € (das ist ein Nettobetrag, aus dem keine Umsatzsteuer mehr gezogen werden kann) als Reisekosten- Verpflegungspauschale absetzen – egal ob er sich unterwegs Verpflegung gekauft hat oder nicht.
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Wichtiger Hinweis
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Wenn Herr Diskus vor, während oder nach der Veranstaltung mit einer richtigen, tageszeitüblichen Mahlzeit verpflegt wurde, entfällt der Pauschalbetrag oder ist zumindestens um den Wert der erhaltenen Verpflegung zu kürzen.
Dabei sind aber leichte Handreichungen (Obstteller, Kaffee, Tee, Tagungszimmergetränke, die „Kaffeepause“) nicht als solche Menüs anzusehen. Meistens wird in der Praxis dem Finanzamt auch nicht bekannt, dass sich hinter der „Kaffeepause“ eventuell doch eine richtige Mahlzeit verborgen hat.
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Experten-Rat
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Sammeln Sie keine Belege für Verpflegung, die allein Sie selbst betrifft. Es nützt nichts; mehr als die Pauschale gibt es nach derzeit geltendem Recht nicht.
Fall 2: Zug ist verspätet
Es handelt sich um dieselbe Situation wie in Fall 1, nur bekommt Herr Diskus aufgrund von Störungen erst einen späteren Zug und ist erst um 24:00 Uhr zu Hause.
Höhere Pauschale
Hier erhöht sich die Pauschale im Vergleich zu Fall 1, denn er ist nun 14 Stunden und 30 Minuten abwesend – und dafür gibt es immerhin 12 € Pauschale § 4 Abs. 5 Nr. 5b) EStG.
Fall 3: Inlandsfortbildung per Zug mit Übernachtung
Herrn Diskus’ Fortbildung beginnt schon um 08:00 Uhr. Er fährt deswegen schon am 14.08. um 18:00 Uhr los, übernachtet in Hannover bei Freunden und ist am nächsten Tag um 20:15 Uhr zu Hause.
Ihre Verpflegungspauschalen gem. § 4 Abs. 5 a) bis c) EStG | |
Abwesenheit | Betrag (netto, keine UST!) |
mehr als 8, aber weniger als 14 Stunden | 6 € |
mehr als 14, aber weniger als 24 Stunden | 12 € |
24 Stunden, für jeden vollen Tag | 24 € |
Hinweis: Wird eine Tätigkeit nach 16 Uhr begonnen und vor 8 Uhr des nachfolgenden Kalendertages beendet, ohne das übernachtet wird (Nachteinsatz), ist die gesamte Abwesenheit grundsätzlich bezüglich des Datums dem Tage zuzurechnen, an dem man überwiegend abwesend war. Das kann also kurioserweise schon mal dazu führen, dass man an einem Kalendertag steuerlich mehr als 24 Stunden abwesend ist – aber für den Tag gibt es dann trotzdem nur 24 €! |
Pauschbetrag: 24 €
Zu den Fahrtkosten (Fall 1) gibt es jetzt die 24 €-Pauschale gem. § 4 Abs. 5 Nr. 5a) EStG, weil er mehr als 24 Stunden von zu Hause weg ist.
Ob er sich das Abendbrot und das Frühstück anrechnen lassen muss, mit dem ihn seine Freunde in Hannover verpflegen, ist nicht nur eine Frage, ob das Finanzamt das jemals erfährt und den Wert einschätzen kann.
Vor allem ist dieses Essen nicht in einer anderen Position versteckt, für die Herr Diskus zahlt (wie z. B. für den Lehrgang oder das Hotel). Daher besteht keine Gefahr der (verdeckten) doppelten Anrechnung.
Herr Diskus steht daher die volle Pauschale zu, auch wenn er in den Kaffeepausen beim Lehrgang noch kleine Handreichungen zu sich genommen hat.
Meine Empfehlung
Für die Inlandsübernachtung können Sie keine Übernachtungspauschale geltend machen. Das können heute nur noch Angestellte, aber nicht Unternehmer.
Das mag als Ungleichbehandlung verfassungswidrig sein, aber wegen der Kleinbeträge hat es noch kein Unternehmer gewagt, den sehr langwierigen Weg der Rechtsprechung zu gehen.
Bieten Sie daher Ihren Freunden an, für die Übernachtung zu zahlen (z. B. 30 €) – und lassen Sie sich eine einfache Quittung dafür ausstellen, die Sie dann als Übernachtungskosten absetzen. Bei Ihren Freunden ist das – wenn diese das nicht ständig machen – privater Aufwendungsersatz.
Fall 4: Inlandsfortbildung per Zug mit Hotelübernachtung
Dieser Fall ähnelt dem dritten Fall, doch Herr Diskus ist in Hannover im Hotel. Abends lädt er noch einen Kunden zum Essen ein und bespricht mit ihm ein Architekturprojekt.
Die Hotelkosten sind absetzbar
Fahrtkosten und Pauschale stellen sich wie in Fall 3 dar, aber nun kann Herr Diskus noch die tatsächlich in Rechnung gestellten Hotelkosten in Abzug bringen und die Vorsteuer aus der Rechnung ziehen.
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Experten-Rat
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Achten Sie unbedingt darauf, dass die Rechnung auf den korrekten Unternehmensnamen und die Unternehmensadresse ausgestellt ist!
Wichtig: korrekte Rechnungen
Nimmt Herr Diskus im Hotel Mahlzeiten ein, die mit der Hotelrechnung bezahlt werden, mindert das die Pauschale. Um das zu vermeiden, lässt mancher Reisender auf der Rechnung nur „Logis“ eintragen, was keinerlei Hinweis auf eingenommene Mahlzeiten enthält.
Hotels rechnen oft ab, wie der Gast das wünscht
Gleichwohl hat eine Umfrage der Redaktion im Hotel- und Gaststättengewerbe (auch im Ausland) ergeben, dass fast jedes angefragte Haus die Rechnung ohne Murren auf „Logis“ ausstellen würde, auch wenn der Hotelgast zugleich auch frühstückt oder sogar Halb- oder Vollpension in Anspruch genommen hat.
Auch wenn das Entdeckungsrisiko durch die Finanzverwaltung nahezu null ist das natürlich trotzdem nicht rechtmäßig und kann daher nicht angeraten werden.
Steuertrick: Bewirtung ist neben der Pauschale ansetzbar
Es ist sehr erfreulich, aber noch nicht bekannt genug: Selbstverständlich kann Herr Diskus immer noch seine vollständige Pauschale ansetzen, obwohl er abends mit dem Kunden Essen war.
Diese Bewirtungskosten kann er nämlich neben der Pauschale ansetzen, und zwar wie gewohnt: 70 % des Nettobetrages, 100 % der ausgewiesenen Vorsteuer!
Fall 5: Auslandsfortbildung per Zug mit Hotelübernachtung
Sie werden gleich bemerken, dass es ab jetzt steuerlich wesentlich interessanter wird. Das liegt daran, dass ein Selbständiger bei einer Auslandsreise zumeist höhere Verpflegungspauschalen geltend machen kann.
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Internet-Tipp/Ihr Heftarchiv
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Lesen Sie zum Thema „Neues Reisekostenrecht“ noch einmal den Brennpunkt der Ausgabe 5/2008. Dabei ist eines besonders unerfreulich geworden: Sie als Selbständiger können nicht mehr die hohen Übernachtungspauschalen für Auslandsübernachtungen geltend machen (bis Ende 2007 noch möglich).
Nur noch konkret nachgewiesene Kosten sind absetzbar – also sammeln Sie dringend Belege! In Ihrem Downloadbereich finden Sie den aktuell gültigen Erlass für sämtliche Auslandspauschalen – bitte ausdrucken und schon bei der Reiseplanung daneben legen!
Internationale Reise: viele Abzugsmöglichkeiten
Architekt Diskus arbeitet an einem internationalen Projekt mit. Er fährt am 19.10 um 07:00 Uhr los, um mit Bus und Bahn eine Besprechung am Nachmittag in München zu erreichen.
Abends steigt er in den Schlafwagenzug nach Budapest, wo er am nächsten Vormittag ankommt und einige Besprechungen abhält. Er übernachtet in einem Hotel und fliegt am 21.10. morgens nach Athen.
Dort besichtigt er drei Projekte und fährt noch am späten Abend weiter in ein Küstenhotel, das unter seiner Mitwirkung erweitert werden soll. Er schläft in diesem Hotel und hat auch den ganzen nächsten Tag noch mit Planungsarbeiten zu tun.
So übernachtet er ein weiteres Mal und fliegt am 23.10. nach Hause zurück. Dort kommt er um 17:30 Uhr an. In der unten stehenden Übersicht sehen Sie, welche Kosten Herr Diskus absetzen kann.
Das setzt Herr Diskus auf seiner Oktoberreise ab
Datum | Art der Betriebsausgabe | Betrag bzw. Vorgabe |
19.10. | Bahnfahrkarten (auch Schlafwagen)/Busticket | tatsächliche Kosten, Vorsteuerabzug wie Fall 1 |
19.10. | Verpflegungspauschale nach Stunden | 12 € |
20.10. | Verpflegungspauschale Ungarn/voller Tag abwesend | 30 € |
20.10. | Hotelkosten Budapest | Die tatsächlichen Kosten werden angesetzt, denn die ungarische Umsatzsteuer kann (noch) nicht in Deutschland abgezogen werden! Wer das umständliche Vergütungsverfahren meiden möchte oder muss (Höchstgrenzen nicht erreicht), zieht den Bruttobetrag komplett als Betriebsausgabe ab. |
21.10. | Flugkosten | tatsächliche Kosten |
21.10. | Verpflegungspauschale Athen/voller Tag abwesend | 42 € |
21.10. | Hotelkosten Küstenhotel | tatsächliche Kosten (wie Budapest) |
22.10. | Verpflegungspauschale für übriges Griechenland | 36 € |
22.10. | Hotelkosten Küstenhotel | tatsächliche Kosten (wie Budapest) |
23.10. | Flugkosten | tatsächliche Kosten |
23.10. | Verpflegungspauschale (D) nach Stunden | 12 € |
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Internet-Tipp
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Auslandsrechnungen umrechnen leicht gemacht: Auf www.oanda.com finden Sie – auch Jahre rückwirkend – den aktuellen Tagesumrechnungsrechnungskurs für alle Weltwährungen.
So gehen Sie vor:
Klicken Sie in der linken Spalte auf „FX Converter“. Stellen Sie im nächsten Fenster oben rechts im Scrollbalken „Deutsch“ ein und klicken Sie auf „personalize“. Dann erscheint die Seite auf Deutsch und alles andere ist selbsterklärend.
Mathias Frenzel
Chefredakteur, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht