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STEUER-BRENNPUNKT

Rechnungsanforderungen und Nachweispflichten

In der Praxis ist sie die fehleranfälligste Steuerart: die Umsatzsteuer. Das wissen Betriebsprüfer auch genau. Hier ist daher in der Betriebsprüfung (BP) ordentlich was zu holen. Wir befassen uns heute mit ein paar Dauerbrennern, die allerdings immer wieder an die höchsten Gerichte gelangen – eben weil eine Umsatzsteuernachzahlung ohne Weiteres ruinös sein kann.

Umsatzsteuer, Vorsteuerabzug, Rechnungsanforderungen, Nachweispflichten: Hier fasst der Betriebsprüfer zu Umsatzsteuer, Vorsteuerabzug, Rechnungsanforderungen, Nachweispflichten: Hier fasst der Betriebsprüfer zu

Hohe Rechnungsanforderungen sind rechtsformunabhängig

Das trifft Ihr Unternehmen in jedem Fall: Der BFH hat mit Urteil vom 06.12.2007 (Az.: V R 61/05) entschieden, dass zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnungen grundsätzlich den richtigen Namen (Firma) und die richtige Adresse des leistenden Unternehmers angeben müssen. Der für den Unternehmer mögliche Sofortabzug der Vorsteuer gebiete es, dass der Finanzverwaltung eine leicht nachprüfbare Feststellung des leistenden Unternehmers ermöglicht werde. Und das gelte für alle Unternehmen, gleich welcher Rechtsform und Größe!

Wichtiger Hinweis

Auch wenn Sie also ein sogenanntes Ein- Mann-Unternehmen oder eine Freiberufler- GbR sind: § 14 UStG muss von Ihnen vollumfänglich beachtet werden – sowohl bei Ihren Eingangs-, wie auch bei Ihren Ausgangsrechnungen. Eine Ausnahme gibt es nur für Rechnungen mit einem Rechnungsbetrag unter 150 € oder für Fahrscheine.

Der Fall aus der Praxis

Einem Unternehmer wurde der Vorsteuerabzug versagt – er klagte (FG Hamburg, Urteil vom 09.11.2007, Az.: 7 K 240/06). Der Kläger war im Holz- und Bautenschutzgewerbe tätig und hatte diverse Leistungen von Subunternehmern bezogen. Die Art der Leistungen in den Subunternehmerrechnungen wurde nach Ansicht des Finanzamts nur unzureichend beschrieben („ausgeführte Wärmedämmungsarbeiten“ oder „ausgeführte Flachverblendarbeiten“). Darüber hinaus enthielten die Rechnungen keinerlei Angaben zu Zeitpunkt, Ort und Umfang der Leistungserbringung, die eine Identifizierung der Leistung hätten ermöglichen können. Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug und behauptete zunächst, dass es sich bei den Rechnungsausstellern wohl um Scheinfirmen gehandelt habe. Im weiteren Verfahren wurde der Vorsteuerabzug mit der Begründung versagt, dass die geltenden Rechnungsvoraussetzungen (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und 4 UStG, für den Fall in der Fassung von 1995) nicht erfüllt seien. Dagegen wandte sich der Kläger. Er wollte natürlich den Vorsteuerabzug haben.

Rechnungsanforderungen nicht erfüllt – auch BFH bleibt hart

Die Klage blieb ohne Erfolg. Auch nach dem für das Streitjahr 1995 geltenden Recht mussten Rechnungen Angaben über die Art und den Umfang der sonstigen Leistung sowie den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung enthalten – was heute noch ganz genauso gilt. Weil das Abrechnungspapier (Rechnung oder Gutschrift) nach ständiger BFH-Rechtsprechung für den Vorsteuerabzug als Belegnachweis gilt, muss es die Identifizierung der Leistung ermöglichen. Die Angaben müssen eindeutig und leicht prüfbar sein und nur einen geringen Identifizierungsaufwand erfordern.

Auch Aufzeichnungen außerhalb der Rechnung können helfen

Grundsätzlich können für die Konkretisierung der Leistung – damals wie heute – auch andere Unterlagen herangezogen werden. Infrage kommen schriftliche Verträge oder technische Aufzeichnungen. Da es in dem Fall aber keinerlei schriftliche Verträge bzw. Beauftragungen gegeben hat, konnten die abgerechneten Leistungen nicht näher konkretisiert werden. Auch ein schriftlich festgehaltenes Aufmaß oder ein Arbeitsplan konnte nicht vorgelegt werden. Die Angaben waren deshalb nach Ansicht des BFH derart lückenhaft, dass sie einer Überprüfung nicht zugänglich waren. Die folgende Gefahr bestand laut BFH: eine mehrfache Abrechnung der erbrachten Leistungen in diesen oder anderen Rechnungen konnte nicht ausgeschlossen werden.

Experten-Rat: Schenken Sie eindeutigen und vollständigen Rechnungsangaben erhöhte Aufmerksamkeit! Im Geschäftsalltag neigt mancher dazu, Dinge einfach mal durchgehen zu lassen – das kann ärgerlich werden. Dies gilt umso mehr nach der mittlerweile erfolgten Verschärfung der Rechnungsanforderungen: 2004 sind die Anforderungen gegenüber der im Fall noch anzuwendenden Rechtslage von 1995 sogar noch verschärft worden. Das Finanzamt nimmt oftmals schon kleinste Mängel zum Anlass, um den Vorsteuerabzug zunächst zu versagen – das kommt in der Beratungspraxis nahezu täglich vor. Klagen haben aber nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn z. B. die unzureichende Leistungsangabe aufgrund anderweitiger Unterlagen (siehe vorherige Seite) problemlos identifiziert werden kann. Meistens lenkt dann aber schon das Finanzamt ein, ohne dass man gemeinsam vor den Kadi muss.

BFH: Nachweispflicht für innergemeinschaftliche Lieferung grundsätzlich rechtens

Bitte lesen Sie auch gleich noch Seite 8 zur Frage, ob die strengen Buch- und Belegnachweise nach §§ 17a, 17c UStDV nicht etwas weniger streng zu handhaben sind, als es das Finanzamt gemeinhin tut. Eines muss nämlich leider vorab festgehalten werden: Die Verpflichtung des Unternehmers, durch Belege die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung nachzuweisen, widerspricht nicht dem Gemeinschaftsrecht. Es ist also grundsätzlich rechtens, dass es Vorschriften wie §§ 17a, 17c UStDV überhaupt neben der entsprechenden gesetzlichen Regelung (§ 6a UStG) gibt.

Nachweispflichtverletzung ist Indiz für Versagung

Wie der BFH unter Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden hat, sind die Nachweispflichten des Unternehmers keine materiellen Voraussetzungen für die Umsatzsteuerbefreiung als innergemeinschaftliche Lieferung. Die Regelungen des § 6a Abs. 3 UStG und §§ 17a, 17c UStDV bestimmen lediglich, dass und wie der Unternehmer die Nachweise zu erbringen hat. Kommt der Unternehmer dem nicht nach, ist allerdings grundsätzlich davon auszugehen, dass die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung nicht erfüllt sind (sog. Indizwirkung). Etwas anderes gilt nur dann, wenn objektiv (z. B. aufgrund sonstiger Unterlagen) feststeht, dass die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG vorliegen.

Der Fall aus der Praxis

Im Streitfall hatte ein Kfz-Händler laut Rechnung einen PKW an die Firma S in Frankreich geliefert. Der PKW wurde im Auftrag der S beim Händler abgeholt und bar bezahlt. Der Händler ließ sich nicht quittieren, dass das Fahrzeug vom Abholer nach Frankreich verbracht wurde. Finanzamt und Finanzgericht gingen daher von einem steuerpflichtigen Umsatz aus, da nicht nachgewiesen sei, dass das Fahrzeug ins EU-Ausland verbracht worden sei. (BFH, Urteil vom 15.07.2004, Az.: V R 1/04).

Verbringung ins Ausland ist zu beweisen

Der BFH bestätigte die Auffassung des Finanzgerichts, dass der Händler den hier erforderlichen Belegnachweis für eine innergemeinschaftliche Lieferung nicht geführt hat. Nach § 6a Abs. 3 UStG muss der Unternehmer die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG nachweisen. Auf welche Weise der Nachweis zu erbringen ist, regelt die Sollvorschrift des § 17a Abs. 2 UStDV. Danach ist u. a. eine Empfangsbestätigung des Abnehmers oder seines Beauftragten sowie eine Versicherung des Abnehmers oder seines Beauftragten, den Gegenstand in das übrige Gemeinschaftsgebiet zu befördern, vorzulegen. Das war hier nicht geschehen.

EuGH: Pflichten nach UStDV sind nicht gemeinschaftsrechtswidrig

Diese vom deutschen Gesetzgeber normierten Nachweisverpflichtungen – so befand der BFH – entsprechen den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben. Die 6. Richtlinie (heute Mehrwertsteuersystemrichtlinie) als oberstes Mehrwertsteuergesetz der EU enthält dazu zwar keine ausdrückliche Vorschrift. Dort ist aber in Art. 28c Teil A bestimmt, dass die Mitgliedstaaten die Bedingungen für die Befreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen selbst festlegen dürfen. Dabei dürfen die Mitgliedstaaten nur keine Maßnahmen beschließen, die die Neutralität der Mehrwertsteuer infrage stellen. Dieses Grundprinzip des durch das Gemeinschaftsrecht geschaffenen gemeinsamen Mehrwertsteuersystems stellt sicher, dass Sie als Unternehmer nicht mit der Umsatzsteuer belastet sind. Wichtigste Ausprägung dieses Prinzips ist übrigens der Vorsteuerabzug.

Steuerfreiheit kann an Nachweispflicht geknüpft werden

Also: Durchführungsbestimmungen wie §§ 17a, 17c UStDV darf es geben – zum Leidwesen vieler Steuerpflichtiger, die diese Regelungen liebend gerne abgeschafft sehen würden. Solche (dem Gesetz nachgeordneten) Regelungen dürfen nur nicht dazu führen, dass das Fehlen der formellen Nachweise zwangsläufig zur Versagung der Steuerbefreiung führt. Die Steuerfreiheit ist zu gewähren, wenn der Nachweis auch auf andere Weise erbracht werden kann (vgl. Seite 8). Ein anderer Nachweis darüber, dass das streitige Fahrzeug das Inland verlassen hat und nach Frankreich befördert worden ist, war im vorliegenden Fall aber auch nicht erbracht worden.

Gutglaubensschutz auch nur bei genügendem Nachweis

Die Frage des Gutglaubensschutzes nach § 6a Abs. 4 UStG hätte sich nur dann gestellt, wenn der Händler überhaupt in irgendeiner Form seinen Nachweispflichten nachgekommen wäre. Fazit für ihn: Er muss nun Umsatzsteuer an das Finanzamt bezahlen, die er gar nicht eingenommen hat – ein schlechtes Geschäft!

Meine Empfehlung:

Die sogenannten Abholfälle sind in der Praxis stets besonders heikel. Es liegt ja nicht in Ihrer Hand, die Ware ins EU-Ausland zu verbringen – sie müssen sich da ganz auf den Abholer verlassen. Wenn Sie die Steuerfreiheit der Lieferung sichern wollen, müssen Sie zunächst sicherstellen, dass es sich beim Abholer überhaupt um einen Unternehmer handelt. Lassen Sie sich dazu vorab seine USt-IdNr. geben und veranlassen Sie die qualifizierte Bestätigung vom Bundeszentralamt für Steuern, hier finden Sie alles für die Bestätigung der UST-IdNr. Ihres Abholers: www.bzst.bund.de

Wichtiger Hinweis: Wenn es schnell gehen muss, kann man das Bundeszentralamt auch anrufen (Tel.: +49 (0)228 406-0). Die Empfangsbestätigung und die Versicherung, dass der von Ihnen gelieferte Gegenstand ins EU-Ausland verbracht werde, lassen Sie sich am besten direkt auf Ihre Rechnungskopie geben. Die Rechnung muss schließlich den Vermerk tragen: „Umsatzsteuerbefreite innergemeinschaftliche Lieferung“.  

Mathias Frenzel
Chefredakteur, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht

Mathias Frenzel ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht in Potsdam-Babelsberg und in Berlin. Dort berät er Selbständige, Unternehmer und Finanzdienstleister in Steuer-, Rechts- und Kapitalanlagefragen. Auch die Mandantenbetreuung bei Steuerfahndung und in Steuerstrafverfahren gehört zu seinen Aufgaben. Erfahrungen hat er zuvor in einer Bank und einer der größten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften gesammelt.

Checkliste: So sind ihre Eingangsrechnungen nicht zu knacken:

  • Um den Vorsteuerabzug zu sichern, müssen Ihre Rechnungen oder die Ihnen erteilten Gutschriften folgende Angaben enthalten:
  • Eindeutige und vollständige Bezeichnung von Rechnungsausteller und Leistungsempfänger, und zwar möglichst auf Punkt und Komma so, wie diese firmieren; Wichtig ist das insbesondere bei namensähnlichen Konzertunternehmen!
  • Falschbezeichnungen oder irreführende Ergänzungen führen im Falle der Überprüfung schnell zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug.
  • Angabe und Menge der erbrachten Lieferung oder Leistung (handelsübliche Bezeichnung!), des Nettobetrags, des Steuersatzes und des Steuerbetrags
  •   Steuernummer oder Umsatzsteueridentifikationsnummer des Rechnungsausstellers
  • Problem im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts: es genügt, dass Sie in der Rechnung eindeutig auf das entsprechende Vertragsdokument verweisen.
  • Problem Rabatt: Nehmen Sie einen Hinweis auf, etwa: „Entgeltminderungen ergeben sich aus unseren aktuellen Rabatt-(Bonus-) oder Rahmen-(Konditions-)vereinbarungen.“
  • Skonto muss nicht betragsmäßig ausgewiesen werden. Es genügt eine Angabe wie 2 % „Skonto bei Zahlung bis zum …“
  • .Fortlaufende und einmalige Rechnungsnummer; die Einmaligkeit können Sie freilich kaum überprüfen – es sei denn, Sie haben berechtigte Zweifel, die sich geradezu aufdrängen.
  • Rechnungs- bzw. Ausstellungsdatum
  • Zeitpunkt der Lieferung oder Leistung, sofern nicht mit Ausstellungsdatum identisch
  • Hinweis auf eventuell nicht der Umsatzsteuer unterliegende Teile der Rechnung (z.B. Entgelt für Krediteinräumung oder eben innergemeinschaftliche Lieferungen) oder auf Kleinunternehmerregelung – wenn deswegen gar keine Umsatzsteuer ausgewiesen werden.
  • Achtung Unterschrift des Dienstleisters! Die ist zwar nicht ausdrücklich vorgeschrieben, hilft aber bei einfarbigen Rechnungen (insbesondere über 150€), die aussehen, als seien sie mal eben aus der E-Mail ausgedruckt. Ist die Rechnung tatsächlich per E-Mail übermittelt, muss das E-Mail auch eine elektronische Signatur tragen – und aufbewahrt werden! Ohne Unterschrift und Signatur kommt es durchaus vor, dass der Betriebsprüfer die Echtheit anzweifelt.
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