Als ich noch recht neu im Außendienst war, übernahm ich die Betreuung eines Versandleiters in einem großen Unternehmen. Von Anfang an konnten wir nichts miteinander anfangen. Ich hielt ihn für einen Angeber. Äußerlich redete ich ihm nach dem Mund, innerlich dachte ich: „Du Idiot.“ Mein Kunde spürte wohl meine Antipathie. Leider wusste ich damals noch nicht, wie ich mit einer solchen Situation umgehen soll.
Lernen Sie Ihren Kunden zu schätzen
Antipathie beruht oft auf Gegenseitigkeit. Doch Sympathie kann man nicht vortäuschen.
Expertentipp:
Vorgespielte Sympathie erzeugt beim Kunden Unzufriedenheit. Diese Erkenntnis ergab eine Studie der Universität Wien.Verkäufer, die Ihre Kunden eigentlich nicht mögen, zeigen das durch Gestik und Mimik: Der Blickkontakt geht zurück und die Körperhaltung wirkt abweisend. Bei Antipathie ziehen sich Verkäufer eher auf fachliche Aussagen zurück. Lob und andere emotionale Kommunikationsbrücken nehmen ab. Die Kunden merken dies unterschwellig. Sie kaufen zwar im ersten Kontakt genauso oft, wie wenn die Chemie stimmt, sind aber nach dem Kauf unzufriedener. Das macht einen Folgekauf beim selben Verkäufer unwahrscheinlicher.
Einige Tricks helfen echte Wertschätzung für einen Menschen zu entwickeln:
1. Überlegen Sie sich 5 Dinge, die Sie an dem anderen schätzen können, wie beispielsweise Folgendes:
- Mein Kunde ist schon mit 30 Jahren Bereichsleiter.
- Er liebt offensichtlich seine Kinder sehr und ist stolz auf seine Familie. Durch diese bewusste Konzentration auf das Positive ändert sich die Sichtweise auf einen Menschen. Probieren Sie es, es funktioniert verblüffend.
2. Versuchen Sie den Menschen besser zu verstehen.
- Warum ist er immer so genau
- mögliche Antwort: Weil er für Fehler geradestehen muss und einen strengen Chef hat.
3. Interessieren Sie sich für die Situation Ihres Ansprechpartners.
- „Ich kann mir vorstellen, dass Sie ganz schönen Ärger bekommen, wenn wir Mist bauen.“
- „Sie müssen hier eine Menge leisten, oder?“
4. Loben Sie, was lobenswert ist.
- „Es ist bemerkenswert, wie Sie hier immer den Überblick behalten.“
- „Sie tragen eine ganze Menge Verantwortung. Das ist sicher nicht immer leicht.
Über Ihre Wertschätzung wird auch Ihr Kunde leichter Zugang zu Ihnen finden. Doch achten Sie darauf, nur Dinge anzusprechen, von denen Sie auch wirklich überzeugt sind.
Suchen Sie eine funktionierende Ebene
Sie werden nicht mit jedem Kunden eine innige Beziehung aufbauen. Das ist aber auch nicht unbedingt nötig. Suchen Sie nach einer Ebene, die funktioniert. Wenn Sie sich sehr professionell und zuverlässig verhalten, können Sie eine gute Geschäftsbeziehung mit Ihrem Kunden pflegen – auch wenn der Sympathiefunke nicht überspringt.
Erzeugen Sie Ähnlichkeit
Wir fühlen uns auf Anhieb wohl, wenn wir auf Menschen treffen, die uns ähnlich sind. Diese menschliche Eigenschaft können Sie aktiv ansprechen.
Jeder persönliche Austausch bietet Ihnen eine Chance, Berührungspunkte zu finden. Nutzen Sie den Smalltalk oder ein gemeinsames Essen, um herauszufinden, was Sie verbindet. Zwei Segler haben immer ein Gesprächsthema. Aber auch dasselbe Lieblingsurlaubsland macht sie einander sympathisch.
Sorgen Sie für angenehme Assoziationen
Verkäufer leiden unter dem Vorurteil, nur auf einen Abschluss aus zu sein. Wohlwollen erzeugen Sie, wenn Sie sich großzügig oder hilfsbereit zeigen.
- Tun Sie etwas Nützliches für den Kunden. Besorgen Sie Ihm eine Information, die er braucht.
- Bringen Sie ihm eine dringend benötigte Ware persönlich.
- Unterstützen Sie die firmeneigene Fußballmannschaft.
Bei aller „Uneigennützigkeit“ sollten Sie jedoch immer abwägen, bei welchem Kunden sich so etwas lohnt.
Bei großen Kunden lohnt sich ein Verkäuferwechsel
Bei sehr guten Kunden ist es wichtig, mehr als diese professionelle Ebene zu erreichen, weil sonst die Chancen für den Wettbewerb steigen. Suchen Sie hier einen wirklich passenden Verkäufer aus oder lassen Sie den Kunden auswählen, von wem er betreut werden möchte.
Tipp an Verkaufsleiter
Berücksichtigen Sie bei der Verkäuferauswahl diese Punkte:
- Setzen Sie Verkäufer vorzugsweise in ihrer Heimatregion ein. Hier passen Mentalität und Sprache zum Kunden.
- Bieten Sie Ihren Kunden den passenden fachlichen Hintergrund. Sind Ihre Ansprechpartner eher Kaufleute oder Techniker? Ist ein akademischer oder ein praktischer Background in der Branche üblich?
- Was für ein Menschentyp passt gut zu Ihren Kunden? Vertrauen diese eher einem verlässlichen Kumpel oder einem seriösen Fachmann?
Franziska Brandt-Biesler