In regelmäßigen Abständen gibt es zur Frage der persönlichen Haftung von Geschäftsführern und Gesellschaftern in der Insolvenz ihres Unternehmens neue Gerichtsentscheidungen und Gesetzesänderungen:
Geschäftsführerhaftung in der Insolvenz nur bei "masseschmälernden" Zahlungen
Für die Haftung der Geschäftsführung wegen Insolvenzverschleppung hat der Bundesgerichtshof jüngst klargestellt, dass die hierfür vorausgesetzte Masseschmälerung jedenfalls dann nicht vorliegt, wenn Zahlungen von einem im Minus geführten ("debitorischen") Geschäftskonto der GmbH erfolgt sind und die Bank nicht über entsprechende Sicherheiten bei der Gesellschaft (etwa in Form von Forderungsabtretung o. ä.) verfügte (BGH, Urteil vom 25. 1. 2010 - II ZR 258/ 08).
Der Grund ist naheliegend: Es liegt schlicht keine Vermögensreduzierung zu Lasten der Gläubigergesamtheit vor, sondern es handelt sich um einen (masseneutralen) Gläubigertausch (ein Gläubiger erhält zu Lasten der Bank noch Geld). Dennoch versuchen klagefreudige Insolvenzverwalter auch in diesen Fällen über die Inanspruchnahme der Geschäftsführer häufig, die Insolvenzmasse zu erhöhen.
Änderungen der Haftung von Gesellschaftern durch Einführung des "MoMiG"
Weitreichende gesetzliche Änderungen im Bereich der Gesellschafter- & Geschäftsführerhaftung sind durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (abgekürzt: MoMiG) eingeführt worden:
Im Fall der "Führungslosigkeit" einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH ohne Geschäftsführer) ist auch jeder Gesellschafter, im Fall der Führungslosigkeit einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft ist auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Stellung eines Insolvenzantrages verpflichtet. Nicht nur Geschäftsführer – auch Gesellschafter sollten sich über die wirtschaftliche Situation unterrichtet halten und in der Krise fachlich beraten lassen.
Durch das MoMiG ist weiterhin das Eigenkapitalersatzrecht in seiner bisherigen Form abgeschafft und grundlegend neu geregelt worden: Es wurde vollständig in das System der Insolvenzanfechtung nach §§ 129 ff. InsO inkorporiert. Die hiervor komplizierten Rechtsprechungsregelungen wurden bewusst vom Gesetzgeber abgeschafft, wodurch sich die Rechtslage für Geschäftsführer/Gesellschafter eines insolventen Unternehmens in einer verbreiteten Fallgestaltung positiv geändert hat:
Die vor dieser Gesetzesänderung von Insolvenzverwaltern häufig praktizierte Inanspruchnahme der Gesellschafter-Geschäftsführer wegen "Freiwerdens aus der Bürgschaft", wenn Banken aus einer Globalzession (Absonderungsrecht in der Insolvenz) bedient werden, ist jetzt erfreulicherweise von dem Wortlaut der jetzt maßgeblichen Anfechtungsregelungen nicht mehr gedeckt.
Die für alle Anfechtungstatbestände erforderliche Gläubigerbenachteiligung liegt nur dann vor, wenn die Aktivmasse verkürzt und sich die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Rechtshandlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten.
Dementsprechend liegt in der Ablösung eines Absonderungsrechtes durch eine wertausgleichende Zahlung (Zahlungen an die Bank wegen der Globalzession) gerade keine Gläubigerbenachteiligung. Nach der (hiernach jetzt überholten) "alten" BGH-Rechtsprechung wurde demgegenüber allein auf den Vorteil des ("reflexartigen") Freiwerdens aus der Bürgschaft und nicht auf eine (jetzt erforderliche) gleichzeitige Benachteiligung der Gläubigergesamtheit abgestellt.
Maßgeblich zur Vermeidung einer persönlichen Haftung und der Verteidigung im Falle der Inanspruchnahme sind neben der Beurteilung der Insolvenzreife einer Gesellschaft die Frage der Masseschmälerung bzw. Gläubigerbenachteiligung nach den anzuwendenden komplexen insolvenzrechtlichen Vorschriften. Bei genügender Vorbereitung und kompetenter Begleitung kann erheblichen persönlichen Konsequenzen auch für Geschäftsführung und Gesellschafter vorgebeugt werden.