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Börsengang/ Initial Public Offering (IPO)
Genau genommen bedeutet Going Public nichts anderes als die Umgründung einer Personengesellschaft in eine Aktiengesellschaft, deren Anteile öffentlich handelbar sind. Damit erhalten externe Eigenkapitalgeber die Möglichkeit, in das Unternehmen zu investieren.
Im weiteren und inzwischen weitaus gebräuchlicheren Sinn versteht man unter Going Public den erstmaligen Börsengang einer Kapitalgesellschaft (IPO - Initial Public Offering), also "die erstmalige Emission von Unternehmensanteilen (Aktien) auf dem organisierten Kapitalmarkt". Die Abwicklung des Börsengangs wird in der Regel von einer oder mehreren Investmentbanken (sogenannten underwriters) vorgenommen.
Auch Kapitalerhöhungen werden durch das weitere Angebot, also den Verkauf von Aktien durch eine Aktiengesellschaft an der Börse finanziert (sogenannte junge Aktien). Börsengänge waren zu den Hochzeiten des Neuen Markts etwa bis September 2001 oftmals Selbstläufer – wer Losglück hatte und kaufen durfte, konnte bereits am 1. Börsentag satte Gewinne einstreichen.
Inzwischen haben die Aktionäre aus fehlgegangenen Investitionen (nicht zuletzt aus dem Börsengang beziehungsweise den Kapitalerhöhungen der Deutschen Telekom) gelernt und prüfen den Verkauf eines Unternehmens an der Börse auf Herz und Nieren, bevor sie einsteigen. Um einen guten Preis beim "Bookbuilding" (der Festlegung einer Preisspanne für die Aktien) zu erzielen, wird das zu verkaufende Unternehmen sich gut darstellen müssen.
Motive für einen Börsengang
Ein Börsengang soll entweder dazu dienen, dem Unternehmen durch Ausgabe neuer Aktien neue finanzielle Mittel zuzuführen, ist damit also ein Finanzierungsmittel (Verkauf von Primäraktien, deren Erlös dem emittierenden Unternehmen zugute kommt) oder soll den vorhandenen Aktionären die Möglichkeit eröffnen, eigene Anteile zu einem besseren Preis verkaufen zu können, als dies bei Anteilen an einem nicht börsennotierten Unternehmen möglich ist (Sekundäraktien).
Dies muss sich jedoch nicht ausschließen. Häufig wird eine Mischung beider Aktienkategorien angeboten.
Ablauf eines Börsengangs
Orientierung
Ein Börsengang wird zumeist durch Gespräche der begleitenden Bank (Konsortialbank) mit Management, durch Firmenrundgänge und Analyse der in Form eines Businessplans vom Unternehmen vorgelegten Zukunftspläne vorbereitet.
Bewertung
Auf dieser Grundlage geben die an diesen Gesprächen beteiligten Analysten der Banken eine indikative Bewertung des Unternehmens ab, basierend auf ihrer Einschätzung über die voraussichtliche Marktkapitalisierung des Unternehmens, und empfehlen das nach ihrer Auffassung geeignetste Börsensegment für den Börsengang.
Due Dilligence
Es gibt zwei Arten von Due Dilligence, die Legal Due Dilligence, bei der die rechtlichen Risiken und Potenziale durchleuchtet werden, und die Financial Due Dilligence, die sich mit den wirtschaftlichen und organisatorischen Gegebenheiten des Unternehmens umfassend beschäftigt.
Die Ergebnisse dienen zumeist gemeinsam mit dem Businessplan wesentlich die Gestaltung der sogenannten "Equity Story", also dem Argumentationskonzept, mit dem der Börsengang erfolgreich vermarktet werden soll. Dieses Konzept ist wiederum Grundlage für den sogenannten "Börsenprospekt", in dem der Börsengang als solcher beworben wird.
Bei der ausgewählten Börse wird sodann die Börsenzulassung beziehungsweise die Zulassung für das gewünschte Börsensegment beantragt. Durch ihre Analysten lassen die Konsortialbanken sodann Finanzstudien oder Research-Reports erstellen, die Details zu Marktstellung und Marktpotenzial des emittierenden Unternehmens beschreiben.
Bookbuilding-Verfahren
Unter Verwendung der Equity Story und der Research Reports aus der Due Dilligence sollen in der sogenannten Pre-Marketing-Phase institutionelle Anleger für die Abnahme von Aktien aus dem Emissionsvolumen interessiert werden.
In der nun folgenden Bookbuildung-Phase werden diese Bemühungen, meist gemeinsam mit den Vorstandsmitgliedern des Unternehmen, dessen Aktien emittiert werden sollen, in so genannten "Road-Shows" intensiviert und das Interesse möglicher Abnehmer ausgewertet.
Als Ergebnis wird von den Banken dann die so genannte Bookbuilding-Spanne verkündet, also die Preisspanne, innerhalb derer man den Aktienkurs nach Emission einschätzt. Alternativ kann auch ein so genannter Festpreis bestimmt werden.
In der sich nun anschließenden "Zeichnungsphase" werden die Aktien öffentlich zur Zeichnung angeboten, wobei sich die interessierten Abnehmer verpflichtend dahingehend festlegen, wie viele Aktien sie erwerben wollen.
Ist das Interesse größer als die Anzahl der angebotenen Aktien, so spricht man von einer Überzeichnung.
Nach der Zuteilung wird die Aktie erstmals an der Börse gehandelt, und zum ersten Mal ein Börsenkurs, die sogenannte Erstnotiz festgestellt. In der Folge übernimmt eine damit beauftragte Bank, oft der ursprüngliche Konsortialführer oder auch Lead Manager, die Aufgabe des Designated Sponsors, womit sie sich verpflichtet, die Aktie immer handelbar zu halten. In den meisten Fällen übernimmt dieser Designated Sponsor auch für einen bestimmten Zeitraum (zum Beispiel einen Monat ab Erstnotiz) die Kurspflege der Aktie, wobei er auf Aktienreserven ("Greenshoe") zurückgreifen kann. Eine solche Pflegemaßnahme ist als Ausnahmetatbestand des § 20a Abs.2 WpHG ungeachtet des grundsätzlichen Verbots der Kursmanipulation zulässig.