«Regeln Sie das mit meinem Anwalt» ist eine oftgehörte Filmzeile. Was aber, wenn Anwälte unangenehmen Dinge lieber aufschieben? Sechs Tipps von einem Rechtsanwalt, wie man Dinge geregelt kriegt.
Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal was Interessantes von einem Anwalt lese. Sie bedienen sich einer eigenen Sprache, erörtern öfters dermaßen abstrakte Gemengelagen, dass normale Menschen unweigerlich einschlafen und beschäftigen sich ohnehin nur mit einem Problem, wenn man sie mit Geld dazu zwingt. Ein Newsletter (leider nicht verlinkbar) der Kanzlei Schweizer & Burkert bot jedoch recht interessante Einblicke in die Arbeit von Juristen: auch sie leiden unter Aufschieberitis. Ihre Tipps, wie sie damit umgehen, sind lesenswert und zeugen von einem ständigen Kampf damit, uns selber zu motivieren, produktiv zu sein.
Werde Realist
Nicht nur wir normalen Menschen, sondern auch Rechtsanwälte neigen dazu, unsere eigenen Fähigkeiten zu überschätzen - und somit die Zeit, die wir für etwas benötigen, zu unterschätzen. Wir brauchen also fast für jede Aufgabe länger als geplant, schaffen dann weniger als gedacht und geraten somit unter Zeitdruck. Dieses Problem beginnt mit der falschen Einschätzung der benötigten Zeit, die unseren Terminplan von Anfang an unrealistisch macht: wir packen uns zuviel auf unseren Teller!Tipp 1: Zeichne eine Woche lang auf, wie lange Du für alle Deine Tätigkeiten brauchst (z.B. mit einem Zeiterfassungstool wie mite) und lerne, die benötigte Zeit realistisch einzuschätzen.
Vertilge den sauren Apfel als erstes
Eine unangenehme Aufgabe kann unseren ganzen Tag negativ beeinflussen. Wir schieben sie vor uns her und versuchen, ihr aus dem Weg zu gehen. Dafür sind wir dann bereit, alles mögliche andere zu erledigen - auch wenn das weder dringend noch wichtig sei (das bekannte Phänomen aus meiner Studienzeit: immer vor schwierigen Examen hatte ich eine wunderbar saubere, gewischte und geschniegelte Wohnung - aber wenig gelernt). Was wäre, wenn wir die unangenehme Aufgabe als erstes erledigen? Der Vorteil: Du bist erleichtert, weil Dein Problem hinter Dir liegt.
Tipp 2: Erledige die unangenehmste Aufgabe des Tages als erstes.
Kurz, aber knackig
Anscheinend haben Rechtsanwälte viele unangenehme Aufgaben, nicht nur eine. Ein weiterer Trick ist, hinter alle Aufgaben des Tages zu schreiben, wie lange sie wahrscheinlich dauern (dabei aber Tipp 1 beachten!). Meistens wirst Du erkennen, dass z.B. einige Telefonate sehr unangenehm sind und Du sie am liebsten gar nicht machen willst - sie aber eigentlich sehr wenig Zeit kosten. Das Produkt aus Unannehmlichkeit und Dauer ist also gar nicht so hoch wie gedacht! Du schaffst dann gleich mehrere hintereinander, wenn Du willst.
Tipp 3: Erledige kurze Aufgaben gleicher Art in einem Rutsch.
Der Druck der Öffentlichkeit
Wenn wir uns öffentlich unter Druck setzen, erfüllen wir eine Aufgabe oft allein deswegen, weil wir nicht unser Gesicht verlieren wollen. Nun ist Öffentlichkeit für Rechtsanwälte nur bedingt positiv, aber Du kannst ja auch Deine private Öffentlichkeit einbeziehen: Rede mit Deinen Mitmenschen wie Ehemann, Liebhaber oder Kollegen über Deine Aufschieberitis. Gebe zu, dass Du zurückliegst hinter Deinen eigenen Zeitplänen und dass Du Schwierigkeiten hast, mit allen Deinen Aufgaben klar zu kommen. Bitte um Hilfe, wenn Du das kannst - oder setze Dir im Beisein anderer Ziele, die Du morgen und nächste Woche unbedingt erfüllen willst. Bitte Deine Mitmenschen, dich zu fragen, ob Du Deine Ziele auch erreicht hast.
Tipp 4: Setze Dich bei Deinen Mitmenschen unter Druck, indem Du Dir Ziele setzt, die sie prüfen sollen.
Sei anders als sonst
Was wäre, wenn Du einmal eine Aufgabe viel früher als nötig beginnst, erledigst und ablieferst? Stell Dir vor, wie sich das anfühlen würde. Macht das Spaß? Bist Du stolz auf Dich? Wenn ja, dann mache das doch immer so.
Tipp 5: Fange zumindest einmal ein Projekt oder eine Aufgabe vorfristig an und erledige sie sofort. Schaue, ob Dir dieses Gefühl gefällt.
Das leere Pomodoro
Es gibt anscheinend im Leben eines Rechtsanwalts Aufgaben, für die alle oben beschriebenen Tricks nicht helfen. Wenn Du vor einer solchen Aufgabe sitzt, hilft nur noch eins - eine abgewandelte Form des Pomodoro. Lege das abschreckende Problem vor Dich hin (mit allen Unterlagen) und betrachte es 15 Minuten lang ohne Unterbrechung. Bevor Du durchs Rumsitzen frustriert wirst, packst Du es an und erledigst es.
Tipp 6: Für die unangenehmsten Aufgaben, die Du gar nicht anfangen willst, versuche folgendes: lege die Aufgabe 15 Minuten vor Dich und betrachte Sie und tue nichts. Wenn Du nicht mehr anders kannst, fange an, das Problem zu lösen.