Industrie 4.0, Work 4.0, Personalmanagement 4.0 … jedes Element unserer Wirtschaft und Gesellschaft scheint immer noch einen Level höher gehoben werden zu müssen. Schließlich will ja niemand den Anschluss verpassen. Vorbildlich!
Aber wann wird von der Weiterentwicklung der Kommunikation geredet? Also, davon höre ich nur selten etwas – leider, denn genau da hapert es am meisten.
Ich möchte Ihnen ein Beispiel aus einem meiner Coachings erzählen: Jana, der Geschäftsführerin eines Verlags, wird von dem Besitzer des Verlags Arbeitsverweigerung vorgeworfen. In Entscheidungsrunden nimmt sie nicht mehr die Zügel in die Hand, seit der Besitzer selbst entscheidet, welche Bücher der Verlag herausbringt. Sie fühlt sich in ihrer Kompetenz beschnitten, zieht sich zurück und glaubt, dass ihre Meinung keinen interessiert. „Das wurde mir deutlich signalisiert“, sagt sie. „Ist das so? Oder besteht darin nicht eine tolle Chance? Nämlich alle in der Entscheidungsrunde mitzunehmen und alle mit in die Verantwortung zu nehmen?“ frage ich. Jana ist überrascht. Darüber hatte sie noch gar nicht nachgedacht.
Autopilot statt sachliches Nachdenken
Was Jana passiert ist, passiert leider fast allen Menschen. Manche Situationen lösen bei uns den Autopiloten ein, der uns nach bestimmten Mustern reagieren lässt. Leider sind diese so gut wie nie der Situation angemessen und lassen uns unsouverän werden.
Ausgelöst wird dieser Autopilot durch persönliche Trigger. Das kann ein bestimmtes ungeliebtes Thema sein, eine Art zu sprechen oder eine andere Gewohnheit, die Sie nicht abhaben können. Die Trigger können wir zwar nicht direkt qua Entscheidung ablegen, aber wer sie sich bewusst macht, kann sie immerhin deutlich besser kontrollieren. Und das ist um einiges besser als automatisch in Verhaltensweisen zu rutschen, die Ihrer Gesprächsführung mehr schaden als nützen.
Unabhängig von den Triggern – so oder so ist es sinnvoll, sich zu überlegen, welches Thema Sie diskutieren wollen, wofür Sie sich stark machen. Jede Auseinandersetzung kostet Energie. Also setzen Sie sie nur ein, wenn es sich auch wirklich lohnt!
Die lohnende Schlacht
Um herauszufinden, ob sich eine „Schlacht“ sich lohnt, hilft es, sich folgende Fragen zu stellen:
Was wollen Sie in dem Gespräch erreichen? Wie wichtig ist Ihnen dieses Ziel? Wie groß ist die Aussicht auf Erfolg? Welchen Preis müssen Sie vielleicht zahlen? Welchen sind Sie bereit zu zahlen?
Wenn Sie voll und ganz hinter Ihrer Überzeugung stehen, dann versuchen Sie, Ihr Ziel zu erreichen – auch wenn der Erfolg nicht garantiert ist. Ist er aber unrealistisch, dann investieren Sie Ihre Energie nicht in fruchtlose Diskussionen, sondern arbeiten Sie daran, die Rahmenbedingungen zu verbessern. Ist beispielsweise klar, dass im aktuellen Jahr keine Budgets mehr zur Verfügung stehen, dann brauchen Sie sich nicht dafür einzusetzen, dieses Jahr doch noch die teure Software-Lösung anzuschaffen. Wie schaffen Sie es, dass die Investition nächstes Jahr genehmigt wird? Was können Sie bereits heute dafür tun? Das wäre hier eine lohnende Frage.
Entscheiden Sie sich dennoch zur „Schlacht“, dann seien Sie standhaft, aber nicht verbissen: Zu einer klugen Taktik gehört der Mut zur Veränderung der eigenen Meinung oder sogar zum Rückwärtsgang, wenn neue, überzeugende Aspekte auftauchen.
Das Warm-Up zum Gespräch
Da ein Gespräch – im Sinne der eigenen Zielerreichung – nur so gut sein kann, wie die eigene Vorbereitung, sollten Sie nicht nur die sachlichen Argumenten vorbereiten. Wichtiger ist es, dass Sie sich folgende Fragen stellen:
- Warum gehen Sie mit welcher Haltung in das Gespräch? Ist Ihre Meinung faktengestützt? Welche Faktoren spielen noch eine Rolle?
- Ist Ihr Standpunkt von Emotionen oder persönlichen Erfahrungen geprägt?
- Spielen Vorlieben oder Antipathien eine Rolle? Ist Ihr Gegenüber zum Beispiel von Natur aus langsam und Sie können langsame Menschen generell nicht leiden?
- Gibt es Worte oder Verhaltensmuster Ihres Gegenübers, auf die Sie emotional reagieren?
Klären Sie diese Fragen im Rahmen der Gesprächsvorbereitung für sich. Erkennen Sie Ihre Trigger. Und vor allem: Gehen Sie nie mit dem Gefühl, dass Ihnen eh niemand zuhört, in ein Gespräch. Wenn Sie diese Tipps beachten, werden Sie zukünftig souverän und erfolgreich Ihre Meinung vertreten. Und: Sie sind ein Vorbild, denn Sie heben die Kommunikation auf ein höheres Level. Sie betreiben Kommunikation 4.0.
Über die Autorin: 2009 gründete Sabine Dietrich ihr eigenes Beratungsunternehmen. Sie beeindruckt mit ihrem Sinn für Struktur und ihrem Vermögen, Menschen in ihrer persönlichen Entwicklung zu unterstützen. Denn Sabine Dietrich ist überzeugt: Tools sind das eine, aber Erfolg wird von Menschen gemacht. Und die gilt es zu bewegen und zu befähigen. Ihr Buch „Das Anti-Druck-Buch“ ist im Wiley-VCH Verlag erschienen. |