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Behindert durch starre Strukturen und Abläufe: Diese Alarmsignale verraten uns, dass wir festgefahren sind

Frédéric Bisson bei flickr.com (CC BY 2.0)

Niemand behauptet, bei der Arbeit seien Strukturen und eingespielte Abläufe schlecht - im Gegenteil: sie sind unerlässlich. Wer möchte bei jeder Aufgabe, bei jedem kleinen Projekt, bei jeder Routine-Erledigung erstmal das Rad neu erfinden? Erst dort, wo sich die gewohnten Strukturen und Abläufe plötzlich bequem anfühlen, wird’s gefährlich. Alarmierende Zeichen lassen sich leicht erkennen.

Wenn wir uns in einer Organisation zu sehr an Strukturen festhalten, werden wir - als Einzelpersonen und als Team - unweigerlich starr und unflexibel, auch weniger kreativ. Oder, frei nach Nassim Nicholas Taleb , wir bewegen uns von der «Antifragilität» in Richtung «Fragilität», d.h.: Wir profitieren nicht mehr von ständigen kleinen Erschütterungen, die bewirken, dass unser System laufend an den Gegebenheiten wächst und optimiert wird. Sondern unser System wird rigid und dadurch anfällig für unerwartete grössere Erschütterungen, durch die es einzustürzen droht.

Wenn wir uns in diese Richtung entwickeln, stellen wir irgendwann auch fest: Wir sind unproduktiver geworden, denn wir verschwenden unsere Zeit mit Leerläufen. Wir haben Chancen verpasst, weil wir das Unerwartete nicht mehr als Impulsgeber begrüssen, sondern es fürchten, da es uns aus unserer Routine wirft.

Alle von uns, auch diejenigen in einem so genannt kreativen Job, sind anfällig für solche Entwicklungen und Verhaltensmuster. Ich habe für mich die folgenden Alarmsignale entdeckt, die mir zeigen, dass ich irgendwo «festgefahren» bin:

  • Ich sehe den naheliegenden Weg nicht mehr. Manchmal wäre die Lösung auf ein Problem oder eine Frage sehr einfach, naheliegend und logisch. Wer einen Nagel in eine Wand einschlagen möchte, nimmt im Normalfall wohl kaum eine Steinschleuder, trifft mit dem Stein einen Auslösemechanismus, der ein Gummiband springen lässt, das einen Kippschalter trifft, der wiederum den an einem Gerüst befestigten Hammer in Bewegung setzt, der dann endlich den Nagel auf den Kopf schlägt. Etwa so verhalten wir uns aber manchmal, wenn Abläufe bei der Arbeit zu kompliziert geworden sind. Alarmierende Wörter sind hier «evaluieren» und «abklären».

  • Ich frage nicht direkt die Person, die Bescheid weiss. Wenn mir jemand erklären soll, wie beispielsweise ein neues elektronisches Gerät bei der Arbeit funktioniert, dann werde ich hoffentlich den Kollegen fragen, der bereits seit einer Woche damit arbeitet, und nicht bei meinem Vorgesetzten beantragen, dass er über die Leiterin der Dienstabteilung, welche für dieses Gerät zuständig ist, einen Termin für eine Schulung vereinbart. Wenn ich festgefahren bin, tue ich allerdings genau Letzteres. Ausserdem entwickle ich bei an mich gerichteten Anfragen die Tendenz, grundsätzlich alles an eine andere Person weiterzuleiten, mit dem Argument, sie sei dafür verantwortlich. Alarmierende Wörter sind hier «zuständig» und «verantwortlich».

  • Ich nehme präventiv eine ablehnende Haltung ein. Wenn jemand mit einer Idee zu mir kommt oder ich selbst eine Idee habe, bin ich erstmal aus Prinzip dagegen. Denn ich wittere hier sofort einen Zeitfresser und potentiellen Chaos-Auslöser, statt dass ich eine Chance zum Wachsen und Entwickeln von etwas, das mich/uns weiterbringt, erkennen würde. Irgendwann erkennen meine Mitarbeiter dieses Muster und wenden sich mit den interessanten Ideen nicht mehr an mich. Alarmierende Wörter und Ausdrücke sind hier «aufwändig», «nicht in unserem Fokus» und «haben wir schon mal versucht».

  • Ich lasse mich von meinem Unwissen abhalten. Ich bin an sich ein grosser Freund des Nichtwissens : Es unterstützt uns dabei, mit einer gewissen Naivität einfach mal auszuprobieren und so Grenzen zu überwinden, die manche Experten für gegeben hielten. Wenn ich allerdings festgefahren bin, dann schreckt mich mein eigenes Unwissen ab; dann denke ich, dass ich wohl nicht die richtige Person für etwas bin, weil ich die entsprechende Materie nicht an der Uni studiert bzw. nicht 10 Jahre auf dem Gebiet gearbeitet habe. Alarmierende Wörter sind hier «Experte» und «Fachwissen».

  • Ich berufe mich auf eine Tradition. «So haben wir es schon immer gemacht» oder «Tolle Idee, aber in unserer Organisation ist sowas leider nicht möglich» sind typische Anzeichen einer Mentalität, die sich aus Bequemlichkeit auf die Tradition einer Firma oder Organisation beruft und alles dafür tut, dass keine Störfaktoren die eingespielten Abläufe und Strukturen durcheinanderbringen. Wenn ich anfange so zu argumentieren, dann sind meine Kreativität und meine Produktivität bereits schwer beeinträchtigt. Alarmierende Wörter sind hier «unmöglich» und «üblicherweise».

Was tun, wenn man diese Alarmsignale hört? Dass wir unsere Wahrnehmung dafür geschärft haben und erkennen, dass hier ein Problem besteht, ist bereits ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Wenn wir jetzt versuchen, uns selbst, unser Team oder sogar unsere Organisation aus den starren «Schienen» zu befreien und uns wieder flexibler, offener, kreativer und produktiver zu machen, dann ist es wichtig, dass wir auch die Unterstützung des Managements haben. Deshalb empfiehlt es sich, solche Beobachtungen transparent zu kommunizieren und sie zu einem Anliegen aller zu machen.

Was ich unternehme, um der Festgefahrenheit entgegenzuwirken, werde ich in einem späteren Blogpost thematisieren. Wie ist das bei unseren Lesern - habt Ihr in Eurer Umgebung oder bei Euch selbst auch schon solche Alarmsignale erkannt, und was habt Ihr unternommen?

Bild: Frédéric Bisson bei  flickr.com  (CC BY 2.0)

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