Wortgeiz lohnt sich: Wer kurze E-Mails schreibt, spart nicht nur viel Zeit, sondern vervielfacht die Wahrscheinlichkeit auf eine zeitnahe Antwort.
Formalitäten, Floskeln und Gespräche über das Wetter machen E-Mails zu dem Horror, den viele in der elektronischen Post sehen. Sieben Jahre ist es her, seit Sascha Lobo in einem viel beachteten Text die »Kunst der Mailminimierung« durch Hermetisches Schreiben erläuterte. Er schuf damit einen zeitlosen Artikel, der auch heute eigentlich in ausgedruckter Form über jedem für regelmäßiges Mailen genutzten Eingabegerät mit physischer Tastatur hängen sollte.
Wenn ich mich nicht komplett irre, war ich schon vor Lobos Tipps ein Anhänger extrem kurzer Mails. In den letzten drei Jahren habe ich diese Strategie noch deutlich verfeinert und »ausgebaut«. Ich habe den Anspruch an mich selbst, eingehende Mails, die schnelle Reaktionen erfordern, möglichst ohne zu lange Wartezeiten zu beantworten. Das kann aber nur funktionieren, wenn ich mich auf den Kern der zu übermittelnden Nachricht fokussiere und allen Ballast (fast) kompromisslos entferne. Folgendermaßen gehe ich (bei etablierten Kommunikationspartnern) vor:
1. Keine Anrede und Grußformel
In jeder Mail aufs neue »Hallo XYZ« zu schreiben, ist sinnlos. Speziell, wenn ein Austausch mit mehreren Mails innerhalb kurzer Zeit erfolgt. Die mobile Chatkommunikation, in der viele Relikte aus den frühen Tagen der formellen E-Mail-Kommunikation ganz natürlich wegfielen, weist den Weg.
2. So wenige Sätze wie möglich
Ich versuche, Informationen in wenigen Sätzen unterzubringen. Meist reichen eine oder zwei Zeilen. Das mache ich - sofern möglich - auch bei Empfängern, die mir XXL-Texte zuschicken. Wenn meine Antwort relativ zügig kommt, gehe ich davon aus, dass die Schnelligkeit meiner Reaktion zur Folge hat, dass sie meinen Wortgeiz entschuldigen.
3. Regelmäßige Mailpartner passen sich an
Es gibt zwar einige Kandidaten, die auch nach der zwangzigsten Mini-Mail meinerseits mit ausführlichen, sorgfältigen und von Small Talk begleiteten Texten antworten. Oft aber fangen Gesprächspartner nach einiger Zeit an, meinen kurzen Stil zu imitieren. Mir ist das nur Recht.
4. Für Humor und Scherze mache ich Ausnahmen
Anders als Sasch Lobo erlaube ich mir ab und an einen Scherz, einen ironischen Kommentar oder eine eigentlich überflüssige Mail. Warum? Weil es a) Spaß macht und b) einem auf Minimalismus ausgelegten Informationsaustausch eine menschliche Note verleiht. Ich erlebe immer wieder, das andere mit ähnlicher E-Mail-Philosophie das genauso handhaben.
Extrem kurze E-Mails zu schreiben, hat nicht nur den großen Vorteil, dass man viel Zeit spart. Besonders bei vielbeschäftigten Personen erhöhen knackige Mails, bestehend aus wenigen Sätzen, die Antwortwahrscheinlichkeit enorm. Bin ich etwa auf der Suche nach einem O-Ton von einer bekannten, renommierten Persönlichkeit der Webbranche, habe ich aus hunderten über die Jahre verschickten Anfragen gelernt: Je kürzer und pointierter meine Mail, desto eher und schneller erhielt ich Antwort.
Diesen Mechanismus kann jede und jeder an sich selbst beobachten: Wer einen Einzeiler im Posteingang vorfindet, antwortet schnell mal zwischendurch. Denn es dauert wenige Sekunden, da weiß man, worum es geht. Mit einer Textwüste allerdings beschäftigt man sich doch lieber zu einem späteren Zeitpunkt. Nicht selten wird aus diesem »Später« ein Nie.
Ein abschließender Hinweis: Inwieweit extrem kurze Mails ohne Höflichkeitsfloskeln und Formalitäten zwischen E-Mail-Partnern praktikabel sind, hängt freilich auch von der Branche, vom beruflichen und formellen Status sowie vom jeweiligen Anliegen ab. Meine Schilderungen beziehen sich auf etablierte E-Mail-Partner, die mindestens sporadisch miteinander im Austausch stehen, und bei denen ein gegenseitiges Interesse an Informationsaustausch existiert.