Kann man Ideen gemäss dem Stand der Nachfrage generieren und weiterentwickeln? Aber ja!
Ich bin gegen Schutzgebiete für kreatives Arbeiten. Wenn ich mich dem Leben, dem Wettbewerb und dem Druck aussetze, bin ich letztendlich kreativer und produktiver.
Zu meinem letzten Artikel « Auch ich muss kreativ bleiben » hat eine Leserin kommentiert, «müssen» klinge zu sehr nach Zwang. Meine Antwort war: «Ein Berufssportler muss fit bleiben - ich muss kreativ bleiben». Die Analogie gefällt mir - aber stimmt sie? Kann man kreativ sein auf Abruf; gibt es Kreativität en masse; ist Kreativität mit Produktivität vereinbar? Jedenfalls hat mich der Input dieser Leserin nachdenklich gestimmt.
Zuerst möchte ich festhalten, dass es Kreativität in sehr vielen Berufen braucht. Wenn man nicht gerade am Fliessband arbeitet, sind bei so ziemlich allen Tätigkeiten kreative Lösungen gefragt. Aber natürlich gibt es einige Jobs, bei denen mit der Kreativität alles steht und fällt. Bei meiner täglichen Arbeit ist es unabdingbar, dass ich jeden Tag eine gewisse Menge frischer Ideen produziere.
Können ist nutzlos ohne zuverlässige «Ideenzufuhr»
Wenn ich etwa einen Artikel über ein Thema schreiben soll, dem sich schon Hunderte von Blog- und Fachmagazin-Autoren gewidmet haben; ja, über das ich vielleicht selbst schon Dutzende von Malen geschrieben habe - dann immer wieder einen neuen Dreh zu finden, der das Thema von neuem attraktiv macht, ist die Herausforderung.
Die Kreativität ist eine der Grundvoraussetzungen für meine Arbeit. Der Berufssportler, um bei dem Vergleich zu bleiben, verfeinert seine Technik ständig und beschafft sich die beste Ausrüstung - aber wenn er sein Fitness-Level nicht halten kann, ist das alles für die Katz. Auch ich habe mir meine Fertigkeiten angeeignet, habe das Glück, mit vielen cleveren und professionellen Leuten zusammenzuarbeiten und verfüge über die passende technische Ausrüstung. Aber wenn die Kreativität versiegt, wird das alles nutzlos.
Wann ist die beste Tageszeit für Kreativität?
Ich arbeite jetzt seit einigen Jahren in einem kreativen Umfeld und habe meine Beobachtungen angestellt. Und ja, für mich ist es offensichtlich, dass es bei einem Job wie meinem möglich sein muss, Kreativität nach quantitativen Kriterien zu «liefern», und das auch unter Druck. Obwohl es natürlich wichtig ist, die richtige Balance zu finden zwischen Quantität und Qualität, damit man bei letzterer keine Abstriche machen muss.
Trotzdem bleiben mir selbstverständlich Möglichkeiten zu bestimmen, wann ich kreativ sein will. In jedem Job gibt es einen relativ hohen Anteil an repetitiven, weniger anspruchsvollen Tätigkeiten. Wenn mir bewusst ist, welche Tätigkeiten mir zu welcher Tageszeit am leichtesten von der Hand gehen, kann ich mir den Tag entsprechend einteilen. Ausser wenn plötzlich etwas Dringendes eintrifft: Dann ist wieder Kreativität per sofort, auf Abruf gefragt.
Der Kreative braucht kein Schutzgebiet
Nein, ich bin definitiv keine Anhängerin von Thesen wie «Inspiration kann man nicht erzwingen» oder «Der Kreative braucht einen geschützten Raum». Im Gegenteil: Wer täglich kreativ tätig ist, setzt sich am besten dem Leben und dem Wettbewerb aus, hat aber seine Inspirationsquellen ständig im Hintergrund am Sprudeln und kann daraus schöpfen, wenn er sie braucht. Oder wie seht Ihr das?
Bild: Jurgen Appelohttp://www.flickr.com/people/jurgenappelo/ bei flickr.com (CC BY 2.0)