Da leert man seinen Kopf regelmäßig, führt seine Aufgabenlisten, hat den Überblick, aber plötzlich stellt sich die unausweichliche Frage: Welche Aufgabe soll ich als nächstes anpacken?
Jedes Organisationssystem ist nur so gut, wie es einen tatsächlich unterstützt, Aufgaben zu erledigen. Da kann das System noch so ausgefeilt sein, die Techniken noch so modern: Wenn man mit Hilfe des Systems seine Aufgaben nicht besser, effizienter, schneller oder - in einem Wort - anders als bisher erledigen kann, dann hat es seinen Zweck nicht erfüllt. Das Führen von Listen mit Aufgaben ist das eine, das andere ist die Auswahl der Aufgabe, die man erledigen will. "Will" - nicht "muss". Denn das System muss einem Freiheit und Selbstbestimmung gewähren. Dazu gehört die Unterstützung bei der Auswahl der nächsten Aufgabe. Es gibt verschiedene Methoden, dies zu tun. Fünf davon möchte ich heute vorstellen:
Auswahl nach Priorität
Das ist wohl die Methode, die jeder von uns schon mal angewendet hat. Man fragt sich einfach, was im Moment am Dringendsten und Wichtigsten ist. Das wird dann erledigt. Oder man definiert auf seiner Aufgabenliste verschiedene Prioritätsstufen und arbeitet sich von oben (=wichtig) nach unten durch. Der Nachteil dabei ist, dass man entweder nur noch Feuerwehr spielt, weil man sich nur noch um die dringenden Aufgaben kümmern kann, oder dass man ewig bei den Aufgaben der höchsten Priorität hängen bleibt. Denn diese nehmen ja immer zu und selten ab. Die weniger wichtigen Aufgaben schleppt man dann wochen- oder monatelang unerledigt mit, bis sie sich selber erledigt haben oder dringend und damit prioritär werden. Alles in allem kein sehr effizientes System.
Getting Things Done
David Allen definiert vier Kriterien, wie man den nächsten Schritt auswählt: 1. Kontext, 2. verfügbare Zeit, 3. verfügbare Energie, 4. Priorität. In unserer GTD-Grundlagenserie findet sich ein Artikel, der diese Kriterien genauer erklärt. Interessant ist, dass die Priorität nur eines von vier Kriterien ist und als letztes berücksichtigt wird: Erst wenn man die Aufgaben anhand der ersten drei Kriterien gefiltert hat, stellt man sich die Frage nach der Dringlichkeit und Wichtigkeit.
Die 50-30-20-Regel
Steve Pavlina teilt seine Aufgaben in drei Klassen ein: Von A-Aufgaben erwartet er einen Nutzen über 5 oder mehr Jahre. Zwar können sie auch einen kurzfristigen Nutzen produzieren, aber er erwartet zumindest eine Wirkung für 5 oder mehr Jahre. Beispiele ist ein Buch zu schreiben oder ein neues Geschäft zu starten.
B-Aufgaben haben einen Zeithorizont von 2 Jahren oder weniger. Der Nutzen wird innerhalb der ersten beiden Jahre realisiert, wie bei einer Serie an Blogeinträgen oder beim Training für einen Marathon. C-Aufgaben schließlich haben nur eine kurzfristigste Wirkung, also von höchstens 90 Tagen. Beispiele sind Mails zu schreiben oder Anrufe zu beantworten.
Die 50-30-20-Regel besagt, dass man 50% seiner Arbeitszeit für A-Aufgaben einsetzt, 30% für B-Aufgaben und 20% für C-Aufgaben. Die 50% für A-Aufgaben sind eine Mindestangabe. Es kann also durchaus mehr sein, diese Zeit stiehlt Steve bei den C-Aufgaben.
Ich finde die Methode recht interessant. Die Schwierigkeit wird aber darin bestehen, die Aufgaben in das Schema einzuteilen, besonders wenn man nicht selbständig arbeitet, sondern angestellt ist. Denn dann muss man viele Aufgaben einfach in einer gewissen Zeit erledigen, auch wenn man sie persönlich vielleicht für C-Aufgaben hält. Der Boss mag das anders sehen.
Das Wichtigste zuerst tun
Stephen R. Covey beschreibt "Die 7 Wege zur Effektivität" und dann ausführlicher in "Der Weg zum Wesentlichen", wie er das Wichtigste in seinen Terminkalender unterbringt. Er geht von der Eisenhower-Matrix aus und betont die Wichtigkeit, sich so oft wie möglich um die wichtigen, aber nicht dringenden Aufgaben zu kümmern.
Zu diesem Prinzip gehören vier Schritte:
- Rollen identifizieren
- Ziele auswählen
- Terminplanung: Jedes Ziel bekommt einen Wochentag oder - noch besser - einen Termin zugeordnet.
- Tägliches Anpassen: Unerwartete Ereignisse, sonstige Aufgaben können dann täglich eingeflickt und der ganze Plan bei Bedarf angepasst werden.
Auch das ist eine sehr interessante Methode, aber relativ aufwendig: Die Rollen müssen nämlich identifiziert werden, pro Woche dann je nach Anzahl Rollen 10-20 Ziele definiert und eingeplant werden und das Ganze muss dann noch umgesetzt werden. Ich habe diese Methode eine Zeit lang praktiziert, aber sie war mir dann doch zu aufwendig.
Zen To Done ist GTD-Anpassung von Leo Babauta. Er schlägt eine vereinfachte Planung vor:
- Big Rocks (grosse Brocken): Pro Woche definiert er 5 grosse Brocken, die er erledigen will und plant sie ein.
- Most Important Tasks, MIT (die wichtigsten Aufgaben): Pro Tag definiert er die drei wichtigsten Aufgaben, denen er sich hauptsächlich und früh am Tag widmet.
Daneben erledigt er noch eine Reihe von Batch Tasks, also Aufgaben, die er in einem Rutsch erledigen kann, und die höchstens eine Stunde dauern wie Telefonate, Mail beantworten usw. Die Aufgabenliste hat nur noch den Zweck, keine Aufgaben zu vergessen und dient als Pool, aus dem man die Big Rocks und die MIT wählt.
Für mich ist dies die überzeugendste Methode: Sie ist einfach umzusetzen, schnell verständlich und konzentriert sich auf das Wesentliche. Das ist aber letztlich Geschmackssache und abhängig von der Art und Menge an Aufgaben, die erledigen werden müssen. Dieser kleine Überblick gibt aber einen Einblick, was möglich ist und hilft, sich für eine Art zu entscheiden und vertiefter anzusehen.