Manchmal frage ich mich, warum ich überhaupt eine Agenda führe. Entweder täuscht mein Eindruck, oder die Welt wird laufend unpünktlicher. Termine zu verschieben ist unhöflich und behindert die Produktivität.
Ein ziemlich typischer Fall, der sich letzte Woche so abgespielt hat: Ich hatte am Donnerstag und Freitag insgesamt fünf geschäftliche Termine. Zwei fanden wie geplant statt, einer wurde 24 Stunden vorher abgesagt, einer kurzfristig um eine halbe Stunde verschoben und einer 2 Stunden vorher abgesagt. Dies hat mich dazu bewogen, mir ein paar Gedanken zum Thema Pünktlichkeit und Termintreue zu machen und Euch ins Gewissen zu reden.Ich bezeichne mich selber als sehr verlässlichen Menschen. Wem ich etwas versprochen habe, der erhält dies auch wie vereinbart. Ich will auf keinen Fall jemanden enttäuschen. Entsprechend bin ich auch ein extrem pünktlicher Mensch, meistens bin ich sogar überall zu früh. Dies hat für mich primär mit Wertschätzung zu tun. Die deutsche Aphoristikerin Helga Schäferling bringt es auf den Punkt: «Meine Pünktlichkeit drückt aus, dass mir deine Zeit so wertvoll ist wie meine eigene.»
Wenn ich 10 Minuten zu spät an einen Termin komme, kommuniziere ich damit implizit, dass meine vorhergehende Tätigkeit wichtiger war als diejenige meines Kollegen. Termine ganz zu verschieben, hat noch viel mehr mit dem Setzen von Prioritäten und damit auch mit Wertschätzung zu tun. Jeder verschobene Termin kommuniziert dem Gegenüber, dass ich das Gespräch mit ihm als weniger wichtig oder zumindest weniger dringend erachte als einen anderen Termin.
Ich kann mir nicht helfen, aber ich nehme jedes Zuspätkommen und Terminverschieben aus diesen Gründen ziemlich persönlich. Natürlich ist mir bewusst, dass gerade bei Grossfirmen die Mitarbeiter oftmals nicht Herr über die eigene Agenda sind und Termine diktiert erhalten. Auch ist mir beispielsweise in der Kundenakquisition sehr wohl bewusst, dass meine Produktpräsentation beim potentiellen Kunden nicht gerade oberste Priorität hat. Aber manchmal komme ich mir dennoch dumm vor, wenn ich scheinbar der einzige bin, der Termine einhält.
Produktivität basiert auf realistischer Planung
Schlussendlich hat Pünktlichkeit und Termintreue auch viel mit Produktivität zu tun. Nicht umsonst heisst es auch in Wikipedia , dass sich Pünktlichkeit zuerst mit dem Handel und später der Industrialisierung entwickelt hat und dieses Zeitgefühl zu einer verstärkten Effizienz und Produktivität geführt hat. Produktivität basiert unter anderem auf Planung; eine erfolgreiche Planung setzt aber eine gewisse Planungssicherheit voraus.
Wenn dauernd Termine verschoben werden und Leute zu spät kommen, torpediert dies meine Planung. Einige meinen dann lapidar, ich solle doch froh sein um die zusätzlich erhaltene Zeit. Dies ist allerdings eine reine Kurzzeitbetrachtung. Ein verschobener Termin wird ja in naher Zukunft trotzdem stattfinden und mich dann wieder Zeit kosten.
Ausserdem habe ich mit grosser Wahrscheinlichkeit ja auch andere Termine um diesen Termin herum geplant, um die Agenda zu optimieren. Je kurzfristiger die Verschiebung kommt, desto eher hinterlässt sie eine suboptimale Lücke in der Agenda. Ich plane ausserdem meine Aufgaben basierend auf den Terminen in der Agenda.
An einem übervollen Tag nehme ich mir nicht noch 5 zusätzliche Aufgaben vor, und umgekehrt plane ich grössere und konzeptionelle Aufgaben auf ruhige Tage. Eine realistische Planung hilft aber umgekehrt auch dabei, dass ich meine Termine einhalten kann und nicht kurzfristig alles verschieben muss.
Nun seid Ihr an der Reihe!
Deshalb mein Aufruf an Euch alle: Versucht doch bitte künftig, Eure Termine einzuhalten! Lasst Euren Geschäftspartner nicht 10 Minuten warten und verschiebt einen Termin nicht erst einen Tag vorher. Ich bin überzeugt, Ihr werdet selber produktiver und die Leute um Euch herum werden es Euch danken. Und bekanntlich schallt es ja aus dem Wald so zurück, wie man hineinruft: Eventuell werden dann auch Eure Termine plötzlich weniger oft verschoben.