PV-Anlagen aus Unternehmersicht: Länderspezifische Pflichten und Best Practices

Photovoltaik- (PV), respektive Solaranlagen sind längst keine Nischentechnik mehr. Im Gegenteil, wertet man die Daten des Marktstammdatenregisters* aus, dann wurden allein im Jahr 2024 bis Mitte Juli 8,2 Gigawatt Kapazität installiert. Zur Einordnung: Das entspricht etwa der Leistung von acht typisch dimensionierten Kernkraftwerksblöcken oder einem Drittel der Leistung des Wasserkraftwerks am chinesischen Drei-Schluchten-Staudamm.

*Da alle mit dem Stromnetz verbundenen PV-Anlagen in das Register eingetragen werden müssen, ergibt das einen sehr vollständigen Überblick.

Hier kommen Unternehmen ins Spiel: PV-Anlagen sind nicht nur für sich genommen äußerst vielfältig, sondern lassen sich ähnlich flexibel installieren. Zusammen mit den gesunkenen Preisen für diese Systeme ergibt das einen durchaus interessanten „Cocktail“. Allerdings haben viele Firmen sowieso gar keine Wahl mehr, ob sie Solartechnik installieren möchten – denn in immer mehr Bundesländern gelten bereits diesbezügliche Pflichten. Über all das informieren wir auf den folgenden Zeilen.

1. Solarpflichten der Bundesländer

Deutschland möchte möglichst rasch einen großen Anteil seines Strombedarfs regenerativ erzeugen. Würden allein sämtliche geeigneten Dachflächen dazu verwendet, dann könnte die Bundesrepublik das Thema nicht nur abhaken, sondern würde sogar deutlich mehr erzeugen als benötigt.

Aus diesem Grund haben bereits viele Bundesländer Pflichten erlassen. Typischerweise gelten diese sowohl bei Neuerrichtung eines Gebäudes als auch der Sanierung von bestehenden Dächern. Die folgenden Informationen stellen den Stand Juli 2024 dar. Wir fokussieren uns dabei aufgrund der unternehmerischen Bedeutung nur auf Nichtwohn- und öffentlich zugängliche Gebäude.

Hinweis: Mit „Neubau-Pflicht“ bzw. „Sanierungs-Pflicht“ ist eine Pflicht zur Errichtung von Photovoltaik bei Neubau oder Sanierung des Daches, respektive Gebäudes gemeint.

  • Baden-Württemberg: Neubau-Pflicht seit 2022, Dachsanierungs-Pflicht seit 2023. Mindestens 60 % der geeigneten Dachfläche. Seit 2024 zusätzliche Pflicht zur „Solar-Bedachung“ von bestehenden Parkplätzen ab 36 Stellplätze.
  • Bayern: Neubau-Pflicht für Gewerbe- und Industriegebäude seit März 2023, für andere Nichtwohngebäude seit Juli 2023. Sanierungs-Pflicht ab 2025. Mindestens 1/3 der geeigneten Dachfläche.
  • Berlin: Pflicht für „Nicht öffentliche Gebäude“ seit 2023. Neubauten Mindestens 30 % der Brutto-Dachfläche, Sanierungen mindestens 30 % der Netto-Dachfläche.
  • Brandenburg: Pflicht für überwiegend öffentlich bzw. -gewerblich genutzte Gebäude ab Juni 2024 (Neuerrichtung und Dachsanierung). Mindestens 50 % der Dachfläche. Zusätzliche Pflicht zur „Solar-Bedachung“ von neuen, zu Nichtwohngebäuden gehörenden Parkplätzen ab 36 Stellplätze.
  • Bremen: Sanierungs-Pflicht ab Juli 2024, sofern mehr als 80 % der Dachfläche erneuert werden. Mindestens 1 kW installierte Leistung. Neubau-Pflicht ab Juli 2025 für mindestens 50 % der Dachfläche.
  • Hamburg: Neubau-Pflicht seit 2023 (30 % d. Netto-Dachfläche), Sanierungs-Pflicht seit 2024 (30 % d. Brutto-Dachfläche). Zusätzliche Pflicht für neue oder erweiterte Parkplätze ab 35 Stellplätzen -> 40% der geeigneten Fläche.
  • Hessen: Neubau-Pflicht bei Parkplätzen ab 51 Stellplätzen.
  • Niedersachsen: Neubau-Pflicht für gewerbliche Gebäude seit 2023. Sanierungs-Pflicht ab 2025. Mindestens 50 % der Dachfläche. Zusätzliche Neubau-Pflicht für Parkplätze ab 51, respektive 25 (gilt ab 2025) Stellplätze.
  • Nordrhein-Westfalen: Neubau-Pflicht ab 2024, Sanierungs-Pflicht ab 2026. Zusätzliche Pflicht für Nichtwohngebäude-Parkplätze ab 35 Stellplätzen.
  • Rheinland-Pfalz: Neubau-Pflicht für gewerbliche Bauten und Parkplätze sowie Sanierungs-Pflicht für öffentliche Gebäude seit 2023, mindestens 60 % der geeigneten Dachfläche.
  • Saarland: Keine Pflicht, allerdings befindet sich Gesetzesnovelle in der Abstimmungsphase.
  • Schleswig-Holstein: Neubau-Pflicht für Nichtwohngebäude sowie Sanierungs-Pflicht ab 10 % Dachfläche seit 2023. Ferner Nachrüstpflicht für Parkplätze ab 100 Stellplätzen. Nach etwaiger Gesetzesnovelle zusätzliche Pflicht für alle Parkplätze ab 70 Stellplätzen.

Unbedingt sollten Unternehmer sich hierzu im Detail mit den aktuellen Regularien ihres Bundeslandes auseinandersetzen. Die Unterschiede sind sehr groß und insgesamt uneinheitlich, liegen gleichsam häufig in Details – wenn etwa die „gesamte“ Dachfläche oder nur die „geeignete“ Dachfläche anteilig bedeckt werden muss. Letzteres bedeutet, es muss nur die solargeeignete, also tatsächlich sonnenbeschienene Fläche mit PV ausgerüstet werden.

2. Von den Pflichten betroffene Unternehmen

Grundsätzlich werden Unternehmen aller Couleur von den Pflichten erfasst. Die meisten Bundesländer sprechen hier sehr allgemein von Nichtwohngebäuden. Das bedeutet, es kommt im Einzelfall nicht darauf an, welche exakten Tätigkeiten darin durchgeführt werden. Bürogebäude sind deshalb ebenso betroffen wie etwa Produktionshallen oder Fertigungsgebäude.

In einigen Bundesländern bestehen jedoch Möglichkeiten, der Pflicht durch einer Solarnutzung auf anderen Flächen nachzukommen. Das ist insbesondere dort sinnvoll, wo aus statischen Gründen eine Aufdach-Umsetzung unbotmäßig teuer würde, aber dennoch nicht die Vorgaben wirtschaftlicher Unvertretbarkeit greifen.

3. Fachlich korrekte Installation

In der mit Abstand überwiegenden Anzahl aller Fälle dürfte sich die Pflicht auf fest installierte, mit dem Gebäudestromnetz verbundene Anlagen beschränken. Dadurch existieren hier drei unterschiedliche Herausforderungen bzw. Notwendigkeiten:

  1. Die Solaranlage muss mit der Gebäudestatik korrespondieren und für sich „sicher“ befestigt sein.
  2. Die Ausrichtung muss den örtlichen solaren Gegebenheiten entsprechen, das heißt, in Azimut und Höhenwinkel zum lokalen Sonneneinstrahlwinkel korrekt ausgerichtet sein.
  3. Die Anlage selbst sowie ihr Anschluss an das Gebäudestromnetz muss den elektrischen Normen und Gesetzen entsprechen.

Doch was bedeutet das für die Praxis? Vor allem das: Unternehmen mit hinreichend befähigtem Personal können den Pflichten und praktischen Erwägungen durchaus in Eigenregie nachkommen. Das gilt universell zumindest für den gesamten „mechanischen“ Part des Einbaus, wenn dabei alle Normen eingehalten werden.

Ebenso dürfen alle nötigen Kabel und Leitungen durch elektrotechnische Laien oder beliebige Dienstleister verlegt werden – wenngleich es sich hier dringend empfiehlt, für eine saubere, normgerechte Markierung der einzelnen Stränge zu sorgen, die auch nach Jahren noch erkennbar bleibt.

Das heißt, was all diese Arbeiten anbelangt, können Unternehmen mit ihrer PV-Anlage durchaus gutes Geld sparen. Denn nach den reinen Anschaffungskosten verschlingt die physische Installation des Systems naturgemäß die meisten Kosten.

Jedoch: Die Freiheit endet dort, wo es um die elektrische Anbindung an das mit dem öffentlichen Stromnetz verbundene Gebäudenetz geht. Diese darf nur durch ein im Installateursverzeichnis des Netzbetreibers eingetragenes Elektroinstallateurunternehmen durchgeführt werden. Anders ausgedrückt: Nicht jede Elektrofachkraft darf die Anlage elektrisch an das Netz anbinden, auch nicht diejenige Fachkraft, die im Betrieb angestellt ist, bei dem die PV-Anlage installiert wird. Ebenso ist nicht jeder Elektrobetrieb rechtlich dazu befähigt.

4. Passendes Besitz- und Verbrauchsmodell

Wer errichtet die Anlage? Wem gehört sie in rechtlicher Sicht? Was geschieht mit dem erzeugten Strom? Bezüglich dieser drei Fragen lassen die Pflichten der Bundesländer einige Freiheiten. Die beiden wichtigsten sind:

  • Eigenbesitz und -nutzung: Das verpflichtete Unternehmen erwirbt die Anlage auf eigene Kosten und nutzt den Strom weitgehend selbst. Was nicht selbst verbraucht wird, wird ins öffentliche Netz eingespeist. Das ist zwar in der Anschaffung die teuerste Variante, dafür jedoch diejenige, die aus betriebswirtschaftlicher Sicht am ökonomischsten ist. Die Gestehungskosten betragen lediglich ein- bis sehr niedrig zweistellige Cent-Beträge pro Kilowattstunde – ist also erheblich billiger als die derzeitigen Gewerbestrompreise. Allerdings kann es sehr hilfreich sein, aufgrund der Pflicht eine generelle Berechnung aller Stromverbräuche und -kosten im Betrieb durchzuführen. Denn vielfach kann eine PV-Anlage, die über das vorgeschriebene Minimum hinausgeht, die wirtschaftlichere Lösung sein. Ebenso gilt das für das Thema Stromspeicher, damit sich eine bessere 24/7/365-Auslastung erzielen lässt – wichtig für ein maximal schnelles Amortisieren der Anlage.
  • Mieterstrom: Hierbei erwirbt ein Dritter die Anlage. Das kann, wenn die Firma das Gebäude lediglich gemietet hat, beispielsweise der Vermieter bzw. Gebäudebesitzer sein. Ebenso wäre es in anderen Konstellationen denkbar, die ganze Anlage von einer gänzlich nicht involvierten Partei anzumieten – ähnlich, wie es neuerdings auch im Privatbereich angeboten wird. In diesem Fall beliefert der PV-Anlagenvermieter das Unternehmen mit dem Strom. Da es sich jedoch um eine gewerbliche Zusammenarbeit handelt, gelten hier nicht die gesetzlichen Vorgaben wie bei privaten Mietverhältnissen. Heißt, alles ist eine Sache der vertraglichen Abstimmung und es gibt keine Verpflichtung für den Anlagenbesitzer, den gesamten Strom an das Unternehmen zu liefern. Selbst wenn, dann kommt auf die Gestehungskosten noch ein Aufschlag hinzu.

Das bedeutet, wenn das Unternehmen das Gebäude selbst besitzt, dann wäre es in den allermeisten Fällen unwirtschaftlich, der PV-Pflicht durch eine angemietete Anlage nachzukommen. Nicht nur würden die Mietkosten anfallen, sondern wäre der selbsterzeuge Strom nicht ganz so günstig.

5. Zusammengefasst

In den meisten Bundesländern greift mittlerweile eine irgendwie geartete Pflicht zur Installation von Solaranlagen für gewerblich genutzte Nichtwohngebäude. Das heißt, selbst wenn Unternehmer aktuell weder eine Dachsanierung noch einen Neubau planen, müssen sie sich bereits mit dem Thema auseinandersetzen. Denn es steht zu erwarten, dass die Regularien durchaus noch strenger werden.

Angesichts der Kostenstruktur von Gewerbestrom und Solaranlagen macht das gleich doppelt Sinn. Selbst, wenn man sämtliche Vorteile für das Klima ausklammert und streng marktwirtschaftlich denkt, sind Solaranlagen für Firmen meistens eine lohnenswerte Investition – vor allem auf lange Sicht betrachtet. Denn wie sich die Strompreise im Detail entwickeln werden, ist unklar. Ein deutliches Absinken in den nächsten fünf, zehn, fünfzehn Jahren scheint jedoch eher unwahrscheinlich. Eine eigene Solaranlage ist deshalb im besten Sinn eine „Investition in die Zukunft“.

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